Die Anwältin der Frauen

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Die Katholische Frauenbewegung feiert ihren 70. Geburtstag. Über den Grundauftrag der Bewegung und Meilensteine in der Geschichte erzählen aktive kfb-Mitglieder.

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Die Katholische Frauenbewegung feiert ihren 70. Geburtstag. Über den Grundauftrag der Bewegung und Meilensteine in der Geschichte erzählen aktive kfb-Mitglieder.

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Bewegt, beherzt und begeistert. Unter dieser Maxime prägt die Katholische Frauenbewegung (kfb) seit mittlerweile 70 Jahren das kirchliche Leben in Österreich. Für die aktuelle kfb-Vorsitzende Veronika Pernsteiner ist der Grundauftrag der Frauenbewegung seit 1947 unverändert geblieben: "Wir engagieren uns für die Würde der Frau -nicht nur in Österreich, sondern weltweit."

Frauen sollen in der Gesellschaft und der Familie gestärkt werden, so Pernsteiner: Das "Empowerment der Frau" zeige sich in der kfb vor allem durch ein "großes Miteinander auf Augenhöhe in interkultureller Begegnung", das seit Beginn der Bewegung auf allen Ebenen gelebt werde. Auch wenn sich in den letzten 70 Jahren die Rolle der Frau stets verändert hat, habe sich die kfb immer bemüht, das Potenzial der Frauen in der Gesellschaft bewusst zu machen und durch verschiedene Aktionen zu fördern, betont Pernsteiner.

Die Arbeit der kfb und ihre Rolle in der Gesellschaft haben sich in der 70-jährigen Geschichte der Bewegung stark verändert. Nach dem Krieg standen gemeinschaftsbildende und karitative Maßnahmen im Mittelpunkt. Vermehrt im Bereich Frauenbildung engagierte sich die kfb dann in den 60er-Jahren und setzte sich im Zuge der 68er-Bewegung fürs Aufbrechen traditioneller Frauenbilder ein.

Gemeinsam für Frauen in Not

Als einen der bedeutendsten Meilensteine der Geschichte der kfb sieht Pernsteiner die Einführung des Familienfasttags im Jahr 1958 unter der zweiten kfb-Vorsitzenden Herta Pammer: "Damals hat die kfb bewusst die Entscheidung getroffen, sich in die entwicklungspolitische Richtung zu entwickeln. Das war ein wichtiger Aufbruch, der bis heute nicht an Relevanz verloren hat."

Über 100 Frauen-Hilfsprojekte in Asien, Lateinamerika und Afrika werden im Rahmen der Aktion Familienfasttag betreut und unterstützt. Einer der Höhepunkte des Projekts im Jahr 2017 war das traditionelle Fastensuppenessen am Dachstuhl des Stephansdoms zugunsten benachteiligter Frauen im Süden. Hochrangige Vertreter aus Politik und Kirche, wie Kardinal Christoph Schönborn und Bundespräsident Alexander Van der Bellen, unterstützten die Aktion.

Als "revolutionäre Entwicklung" Ende der 50er-Jahre beschreibt die ehemalige kfb-Vorsitzende Ingrid Klein die Aktion Familienfasttag. Klein hat die Katholische Frauenbewegung von 1987 bis 1999 geprägt: "Die kfb versteht sich als Botschafterin des Evangeliums und Anwältin der Frauen." Das zeige sich besonders durch die Aktion Familienfasttag seit fast 60 Jahren.

Die kfb-Referentin für Entwicklungspolitik Daniela Klocker koordiniert seit drei Jahren die Aktion Familienfasttag und ist fasziniert von der Arbeit der Frauenbewegung: "Die kfb zeigt weltweite Ungerechtigkeiten auf und macht auf die Verantwortung aufmerksam, die Österreicherinnen und Österreicher haben." Was die 30-Jährige in der täglichen Arbeit für die kfb begeistert, ist die "unglaubliche Diversität", die von der Basis bis zu den unterschiedlichen Gremien der Frauenbewegung sichtbar ist: "Ob jung oder alt: In der kfb fühlen sich Frauen aus ganz unterschiedlichen Lebenssituationen zu Hause." Für junge Frauen sei besonders der entwicklungspolitische Aspekt ein "großes Thema".

"Überhaupt nicht faszinierend" hat Ingrid Klein, 76, die kfb am Beginn ihres kirchlichen Engagements erlebt. Das habe sich aber schnell geändert. Klein bezeichnet sich selbst als "starke Frau", die sich "nie benachteiligt" gefühlt hat. Als sie eingeladen wurde, in der Katholischen Frauenbewegung mitzuarbeiten, hat sie Feuer gefangen: "Da waren patente Frauen am Werk, die gemeinsam etwas bewegen wollten."

Mit dem Feuer des Konzils

Der Aufbruch, den das II. Vatikanum gebracht hat, habe in der kfb lang weitergewirkt. Gerade die am Konzil geprägte aktive Teilnahme aller Gläubigen am Gottesdienst hat auch die Frauen gestärkt. Klein hat sich als Vorsitzende besonders für die Wandlung des Frauenbilds in der Kirche eingesetzt. Sie rückte das "f" in der Abkürzung der Bewegung in den Vordergrund und setzte sich vor allem dafür ein, dass Frauen "mit den unterschiedlichsten Biographien" und die Vielfalt der Lebensformen "in ihrem Reichtum" ernst genommen werden: "Diese Grundforderung wird bis heute in der kfb hoch gehalten. Ich hoffe, das ändert sich nicht."

Dass die kfb auch weiterhin nicht müde wird, für Reformen in der Kirche einzutreten, hofft auch Vorsitzende Veronika Pernsteiner. Es gibt bereits in vier Diözesen Österreichs Pastoralamtsleiterinnen, das dürfe erst der Anfang sein: "Wir wollen Frauen ermutigen, den Schritt in kirchliche Leitungsfunktionen zu machen. Frauen haben definitiv das Potential, in der Kirche zu führen." Die kfb tritt seit ihrer Entstehung für die Öffnung der Weiheämter für Frauen ein und will dieser Position auch in Zukunft treu bleiben. Für Pernsteiner braucht es in der Kirche eine Auseinandersetzung mit der Frage, welche Ämter nötig sind, "um den Draht zu Gott zu behalten und in Gemeinschaft Glauben zu leben".

Die Zukunft der Katholischen Frauenbewegung soll sich nach Meinung von Klein, Klocker und Pernsteiner "möglichst so erfolgreich gestalten wie bisher". Als Vision bezeichnet die aktuelle Vorsitzende Pernsteiner den Wunsch nach einer kfb-Gruppe in jeder Pfarre: "Frauen brauchen Begegnungsorte, um ihren Glauben lebendig leben zu können." Dass im Jahr 2014 die heilige Katharina von Siena zur Patronin und Weggefährtin gewählt wurde, sei kein Zufall, so Pernsteiner: "Katharina war eine mutige Frau, die den Klerikern und Politikern ins Gewissen geredet hat. Solche starke Frauen, die die Gesellschaft mitprägen wollen, brauchen wir auch heute wieder."

Ziel der kfb ist für die Vorsitzende, ein starker Teil der katholischen Kirche zu bleiben, weiter zu wachsen und die Gesellschaft positiv mitzugestalten. Ingrid Klein appelliert an die Maxime der kfb, auch in Zukunft bewegt, beherzt und begeistert zu sein: "Diesem Ansinnen können wir nur gerecht werden, wenn wir bereit sind für Veränderung. Bleiben wir stehen, werden wir alt." Stillstand ist in den letzten 70 Jahren für die Katholische Frauenbewegung keine Option gewesen. Grund genug für die Verantwortlichen, diesen Weg weiterzugehen.

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