Die Benedictus-Regel

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Mit seinem Insistieren auf der Frage nach der Wahrheit, indem er von den (katholischen) Christen Standpunktfestigkeit einfordert, sie ermutigt, die eigenen (Glaubens-)Überzeugungen zu bekunden, tritt Benedikt (XVI., der von 7. bis 9. September 2007 Österreich besucht hatte; Anm.) einem weit verbreiteten Missverständnis hinsichtlich der modernen westlichen Welt entgegen: dass ebendiese Welt und die sie prägende liberale Gesellschaftsordnung in Frage gestellt wären durch den Glauben an etwas, das über den als Minimalkonsens akzeptierten Werte-Mainstream hinausgeht oder gar von diesem abweicht. Oder, wie es der deutsche Publizist Jan Ross einmal in der Zeit geschrieben hat: "Eine liberale Gesellschaft ist keine aus lauter Liberalen, sondern eine mit einer liberalen Haltung, auch gegenüber Liberalismuskritikern." Liberal ist nicht, wer "nichts glaubt"(wobei "glauben" nicht nur im religiösen Sinn gemeint ist), sondern wer auch den Standpunkt ("Glauben") des anderen gelten lässt und respektiert. [...]

Katholiken [...] verhalten sich also nicht undemokratisch oder illiberal, wenn sie ihre Positionen in [den] demokratischen Diskurs einbringen [...] Freilich kann niemand daran gehindert werden, unter Verweis auf einen diffusen Grundkonsens, den man nicht gefährden wolle oder ähnliches, auf die Artikulation seiner Interessen a priori zu verzichten - aber es kommt einer Selbstaufgabe gleich.

Nr. 37 /13. September 2007

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