Die Bibel neu entdeckt

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Bis zum Konzil war die Bibel in der katholischen Kirche eher ein verschlossenes Buch. Den Gläubigen traute man nicht zu, sie allein mit Verständnis zu lesen. Die katholischen Bibelwissenschaftler waren in der Forschung durch päpstliche Weisungen eingeengt. Die Wortverkündigung in der Messe war wie ein "Vorspiel", zählte nicht zum Wesentlichen.

"Der Zugang zur Hl. Schrift muss für die an Christus Glaubenden weit offen stehen", fordert nun das Konzil und mahnt, Gottes Wort "voll Ehrfrucht zu hören und voll Zuversicht zu verkündigen".

Jetzt soll die Hl. Schrift für die Theologie Fundament und Seele sein. Die Bibel ist Richtschnur des Glaubens, seine oberste Norm. Für die Gemeinschaft der Kirche ist sie Halt und Leben, denn, "lebendig ist Gottes Rede und wirksam, mächtig aufzubauen und das Erbe auszuteilen unter allen Geheiligten." Selbst das Lehramt steht nicht über dem Wort Gottes, sondern dient ihm. Und das Konzil erinnert, dass schon die alte Kirche die Heiligen Schriften wie den Herrenleib selbst verehrt hat.

Eine solche Sicht der Bibel verändert das Leben der Kirche: Theologie und Verkündigung dürfen nicht mehr vorrangig von kirchlichen Lehrvorlagen ausgehen, sondern müssen zuerst die Bibel befragen. In der Liturgie ist der Tisch des Wortes genauso reich zu decken, wie der Tisch des Brotes. Und eine Gemeinde, die sich zu einem Wortgottesdienst versammelt, weiß, dass auch hier der Herr wahrhaft gegenwärtig ist. Die Schrift braucht immer Erklärung. Diese geschieht aber nicht durch das Wort, sondern durch ein Leben gemäß der Schrift, und zwar der einzel-nen Christen mitten in der Welt, der Christen untereinander in den Gemeinden und im Miteinander der Kirchen in der Ökumene.

Wir Katholiken haben die Bibel neu entdeckt. Was hat sie verändert?

Weihbischof Krätzl erlebte das II. Vatikanum als Konzilsstenograf.

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