Die Hürden zum "privaten" Glück

19451960198020002020

Als bisher einzige von vier Bewerbungen wurde die Katholisch-Theologische Hochschule Linz als Privatuniversität anerkannt.

19451960198020002020

Als bisher einzige von vier Bewerbungen wurde die Katholisch-Theologische Hochschule Linz als Privatuniversität anerkannt.

Werbung
Werbung
Werbung

Des einen Freud, des andern Leid. Selten passte dieses Sprichwort so trefflich wie auf die Entscheidung des so genannten Akkreditierungsrats vom 24. Juli: An diesem Tag beschlossen sieben Professoren aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und Frankreich - darunter der zur Zeit in den USA weilende Rats-Präsident und Grazer Ex-Rektor Helmut Konrad -, welche Hochschulen zu Privatuniversitäten avancieren sollten.

Fazit des Akkreditierungsrates nach eingehender Prüfung der vier werbenden Institutionen: Allein die Katholisch-Theologische Hochschule Linz erfülle die Kriterien. Die anderen drei amerikanischen Kandidaten - "IMADEC", "Webster University" und "International University" (IU), allesamt in Wien ansässig - würden den Anforderungen noch nicht genügen.

Tatsächlich fordert das 1999 beschlossene Universitäten-Akkreditierungsgesetz den Interessenten einiges ab: Die Kriterien reichen vom internationalen Standard der Studiengänge über qualifiziertes wissenschaftliches Personal bis zur finanziellen Unabhängigkeit von staatlichen Finanzmitteln. In der Institution selbst muss nicht nur gelehrt, sondern auch geforscht werden. Und: Das Personal ist wettbewerbsorientiert zu rekrutieren.

Linz, Bethlehemstraße Im lichtdurchfluteten Haus in der Linzer Bethlehemstraße ist die Freude am Tag der Entscheidung entsprechend groß. Seit der Erhebung in den Rang einer Theologischen Fakultät Päpstlichen Rechts im Jahr 1978 habe man die Studienpläne bewusst an jene staatlicher Universitäten angelehnt, betont Rektor Severin Lederhilger: "Diese Anerkennung ist vor allem eine Klarstellung. Wir waren de facto längst eine Privatuniversität, ohne dass es diesen Ausdruck gegeben hätte. Nun wird aber die Administration und Kooperation mit anderen Unis sehr viel leichter", freut sich Lederhilger über einen Meilenstein seines inzwischen zweijährigen und kürzlich verlängernden Rektorats. An Studiengebühren sei auch weiterhin nicht gedacht, beeilt er sich zu betonen.

Die zur Zeit rund 320 Studierenden der Fachtheologie, selbständigen Religionspädagogik und kombinierten Religionspädagogik in Linz müssten nicht mehr ein Dasein ohne Matrikelnummer fristen. Bisher habe man diese Hürde durch eine Kooperation mit der Universität Salzburg umgangen. Auch fallen künftig Komplikationen beim Kombinationsstudium weg: So können Studierende ab dem Wintersemester 2000/01 Religionspädagogik auch als Hauptstudium betreiben und nicht nur wie bisher als Nebenfach, unterstreicht der Rektor der ersten Privatuniversität Österreichs.

Bescherte die Entscheidung des Akkreditierungsrates der Linzer Hochschule neue Perspektiven, so zeigten sich die verschmähten Mitbewerber - gelinde gesagt - verschnupft. Nach allen Vorbereitungen um die Bewerbung zur Privatuniversität sei es "eine Enttäuschung gewesen, keine unmittelbare Antwort" erhalten zu haben, schreibt etwa die Webster University Vienna auf ihrer englischsprachigen Homepage. Doch noch vertraue man auf die nächste Sitzung des Rates Ende Oktober. Immerhin 400.000 Schilling legen die 350 Studierenden für die drei- bis vierjährige Ausbildung zum "Bachelor" aus.

Regelrecht vor den Kopf gestoßen reagierten dagegen die Kollegen von "IMADEC". So befürchtete der ehemalige Zweite Nationalratspräsident und IMADEC-Lehrende Heinrich Neisser - aus seiner Sicht verständlich -, dass der Gedanke der Privatuniversität in Österreich wenig Zukunft haben werde. Auch im Blätterwald rauschte es gehörig: "Dass die Linzer Fakultät nun Privatuniversität heißen darf, mag recht und billig sein, ist aber von sehr marginaler Bedeutung", bemerkte etwa Robert Nemling, ehemaliger Gründungspräsident des Bildungswerks der Österreichischen Versicherungswirtschaft, in einem "Presse"-Gastkommentar: "Die schnellen Kleinen sind meistens erfolgreicher als die langsamen Großen. Ist das vielleicht das wahre Motiv für die Nicht-Entscheidung?" spekuliert er über die Hintergründe des Aufschubs.

Solche Einwürfe weist man im Wissenschaftsministerium zurück: "Während der Abwesenheit Konrads führt Vizepräsident Professor Strehl aus Linz die Geschäfte", entgegnet man dem Vorwurf, die Entscheidung über die drei weiteren Kandidaten würde auf die lange Bank geschoben. "Die Anträge sind längst behandelt. Es fehlten nur noch Unterlagen." In der nächsten Sitzung Ende Oktober werde der Akkreditierungsrat neu darüber beraten.

Für die 260 IMADEC-Studierenden (darunter laut "Standard" der Sohn von Libyens Staatschef Gaddafi und Ex-FP-Bundesgeschäftsführer Gerald Mikscha) heißt es ebenso wie für die 175 IU-Studierenden bis zum Erwerb des Grades "Mag. (Private University)" noch "bitte warten". Dennoch öffnen sie bereitwillig ihre Börsen - in Erwartung einer erstklassigen ökonomischen oder juristischen Ausbildung: 360.000 Schilling für ein vollständiges Studienprogramm (IMADEC) oder 85.000 Schilling pro Studienjahr (IU) ist den "interessierten Qualitätsstudenten" (so Robert Nemling) die private Vertiefung wert.

Vor solchen Summen brauchen sich die Linzer Theologinnen und Theologen nicht zu fürchten. Wie bisher finanziert die Diözese Linz die Hohe Schule, unterstützt von einem Spenden-Fonds und Fördermitteln von Stadt und Land für einzelne Projekte.

In kirchlicher Praxis Die Diözese würde sich trotz jährlicher Kosten von rund 30 Millionen Schilling "ganz bewusst eine Hohe Schule leisten", betont Rektor Severin Lederhilger. Kennzeichen der Linzer "Fakultät der kurzen Wege" mit ihren 15 Professuren ist die enge Zusammenarbeit der Institute untereinander sowie mit der kirchlichen Praxis. Dennoch seien ein Großteil der Absolventen nicht nur im kirchlichen Bereich, sondern "allgemein gesuchte Leute", freut sich Lederhilger, Prämonstratenser von Stift Schlägl und seit dem römischen Generalkapitel des Ordens im Juli auch im "Definitorium" tätig. Von den Kontakten in dieser weltweiten Ordensleitung erwartet er sich im Übrigen "Synergieeffekte" für die Universität.

Trotz leichter Rückgänge bei den Studierendenzahlen erhofft er nun neue Impulse und will die Zusammenarbeit mit anderen Fakultäten forcieren. Gerade weil es dem Standort Linz an geisteswissenschaftlichen Studienmöglichkeiten mangle, müsse man neue Wege gehen. "Ich setze da auf die Kreativität der Frauen", verweist Lederhilger auf Kombinationsmöglichkeiten der Theologie mit Kunst, den Bereich Medien, technischen oder sozialwissenschaftlichen Fächern. "Das ist eine Zukunftsfrage. Es gibt einen sehr hohen Bedarf an Grundsatzdiskussion." Dialog lautet das Motto: Ob am alljährlich abgehaltenen "Dies academicus" (heuer am 15. November über "Eucharistie im ökumenischen Dialog") oder in der gemeinsam mit Ö1 und dem Ökumenischen Rat der Kirchen veranstalteten "Ökumenischen Sommerakademie" im Stift Kremsmünster. Gerade der interreligiöse Dialog liege der päpstlichen Fakultät - in Nachbarschaft zur jüdischen Gemeinde - am Herzen.

Das Adjektiv "privat" sei übrigens nicht falsch zu verstehen, stellt Lederhilger klar: "Theologie darf sich nicht in einen Elfenbeinturm zurückziehen, sondern muss im Gespräch bleiben", und er verweist auf das neue Institut für Caritaswissenschaft oder den publizistischen Stolz der Linzer, die seit 1848 herausgegebene "Theologisch-praktische Quartalschrift".

"Privat bezieht sich eben nur auf den finanziellen Aspekt," analysiert er den neuen Namen der Institution, deren Ursprünge bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen. "Wir sind privat, aber nicht privatisierend."

Informationen: Katholisch-Theologische Hochschule Linz, 4020 Linz, Betlehemstraße 20, Tel. 0732/784293. Homepage: www.kth-linz.ac.at)

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung