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Die Laien reden mit

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Der 2. Laienapostolische Weltkongreß 5. bis 13. Oktober 1957 in Rom hat grundlegende Probleme des Laienapostolates der Gegenwart berührt.

Zunächst ergab sich die Bestätigung gewisser längst festliegender, wenn auch noch nicht überall zur Kenntnis genommener Thesen: über die klare Verpflichtung aller Christen, am Aufbau und an der Vollendung des mystischen Leibes Christi mitzuarbeiten; über die aktive Funktion des Laienelementes in der Kirche; über seine mittelbare und unmittelbare apostolische Aufgabe in Kirche und Welt; über die eindeutige Lehr- und Leitungsgewalt des Papstes und der Bischöfe, denen gegenüber Priester und Laien in mancher Hinsicht in der Kirche praktisch gleichgestellt sind; über die Legitimität verschiedener Formen des Laienapostolates: eines Apostolates im weiteren Sinn wie das des Gebetes, des Beispiels, des Wortes, der Tat, das weithin für alle Christen verpflichtend ist, und eines „höchst wünschenswerten“ Apostolates im strengen Sinn auf Grund eines zunächst mehr minder frei übernommenen Auftrages; bei letzterem wieder des Apostolates der offiziellen Katholischen Aktion und anderer, von der zuständigen Hierarchie beauftragter Einzelpersonen oder Gruppen, wobei aus dem offiziellen Cha-rakter einer Bewegung weder ein Monopol noch eine höhere Wertung des dort Mitarbeitenden oder seines Apostolates, auch nicht etwa ein persönlicher Lehrauftrag des einzelnen Mitgliedes abgeleitet werden darf; endlich Thesen über die Notwendigkeit der Zusammenarbeit und Abstimmung der verschiedenen apostolischen Bemühungen und über die Bedeutung der religiösen und doktrinalen Bildung der Laienapostel. Auch einige strittige Fragen wurden geklärt: so stellte schon die einleitende Papstrede fest, daß keine, auch keine hauptamtliche apostolische Tätigkeit den Laien ihren laikalen Charakter zu nehmen vermag.

Der Kongreß, ja selbst der Papst warfen aber auch einige offene Fragen auf, die auch ausdrücklich offengelassen wurden, ja zum Teil vom Papst selbst dem Kongreß zur Ueberlegung gestellt wurden — ein sehr bemerkenswertes Ernstnehmen eines Laienkongresses. So bezeichnete der Papst als noch nicht reif, also offen, „die Einführung eines nicht auf das Priestertum hin gerichteten Diakonatsstandes".

Zum Studium legte der Papst den Kongreßteilnehmern auch ein Problem hinsichtlich der Koordinierung und Zusammenarbeit der verschiedenen Formen des Laienapostolates vor. Der Papst fordert also nicht, er macht nicht einmal einen Vorschlag, er gibt nur eine ihm „kürzlich vorgetragene .Suggestion“ weiter“, „deren eventuelle Verwirklichung natürlich eingehende und lange Ueberlegungen verlangt". Die Anregung will ein gewisses „Unbehagen“ beseitigen, das dadurch entstünde, daß der Name „Katholische Aktion" bestimmten Formen des organisierten Laienapostolates reserviert ist, die dann als monopolisiert angesehen würden, während andere Formen weniger authentisch schienen. Auf nationaler Ebene sollten darum die Bischöfe, auf internationaler Ebene der Heilige Stuhl bestimmen können, welche laienapostolische Bewegungen „als Katholische Aktion anerkannt sind" Sie „alle zusammen bildeten dann als Katholische Aktion eine föderative Einheit“. Jedem Bischof würde es weiterhin „freistehen, solche Bewegungen zuzulassen oder zu verbieten, sie zu beauftragen oder nicht“, er könnte ihnen nur „nicht den Charakter als Katholische Aktion absprechen".

Als offen und heikel bezeichnete Erzbischof M o n t i n i auch „das Problem der Berührungen zwischen der Mission der Kirche und der Welt“; wieweit sich die Kirche und dann auch das offizielle Laienapostolat unter konkreten Verhältnissen um profane Dinge auf Grund ihrer Verbundenheit mit dem Geistlichen kümmern soll, habe freilich die kirchliche Autorität zu bestimmen.

Auch die konkreten Organisationsformen der Katholiken, einschließlich ihrer laienapostolischen Bewegungen, wie etwa der Katholischen Aktion, bleiben natürlich nach wie vor offen und richten sich nach den inneren und äußeren Voraussetzungen und Gegebenheiten der einzelnen Länder. Der Kongreß hat nicht im entferntesten daran gedacht, alles in eine welteinheitliche Form zu zwängen. Die konkrete Entscheidung liegt auch hier bei der zuständigen Hierarchie. Daß wir unseren österreichischen Weg im großen und ganzen nicht zu bereuen haben, haben gerade die Kongreßgespräche mit Vertretern von Ländern gezeigt, die einen etwas anderen Weg beschritten haben.

Von den Ergebnissen und Folgerungen seien einige Schwerpunkte herausgestellt, die vielleicht auch in Oesterreich nach diesem Kongreß einer Ueberlegung wert sein könnten.

Das Ernstnehmen des Laien und seiner Bereiche seitens der Kirche, Laienrecht, Laienmündigkeit, Laienselbstverantwortlichkeit, der zum Teil unersetzbare Beitrag des Laien in der Kirche und in der Welt für die Kirche, wurde in vielen Kongreßreden immer wieder unterstrichen.

Tun nicht auch bei uns trotz allen Priestermangels Kleriker noch Dinge, die entsprechende Laien ebensogut, wenn nicht besser täten? Fehlen uns nicht im offiziellen Apostolat oft die entsprechenden Persönlichkeiten einfach deshalb, weil sie zuwenig ntfaltungsraum finden, weil man nur den Dienst angestellter Zettelausträger und nicht zuletzt das Urteil freier Männer, nicht einmal das Gutachten von Fachleuten sucht? Und haben nicht mit einer gewissen Berechtigung die in der Welt, also in der Wirtschaft, Kultur und Politik tätigen Laien mitunter das Empfinden, ihre oft auch sehr mühsame Arbeit nicht anerkannt, schon gar nicht als apostolisch bedeutsam anerkannt zu finden?

Laien -und Kleriker müßten, dagegen ihre, in allen Kongreßreden immer wieder geforderte kirchliche Gesinnung prüfen, ihr Wissen um die Kirche und ihre Sendung, ihren Gemeinschaftssinn, ihr apostolisches Verantwortungsbewußtsein für das „HeiT'-sein der Welt und der Menschen, auch ihren Gehorsam gegenüber den zuständigen Autoritäten, wenn diese einmal die Diskussionen beendet haben und nun doch gehandelt werden soll. Der Segen der Hierarchie verpflichtet ebenso wie die Bezeichnung „apostolisch". Beides sind keine Tarnwände, hinter denen man mehr machtpolitische als apostolische Anliegen verbirgt.

Damit scheint nun auch die Erfüllung eines Grundanliegens des Weltkongresses und überhaupt der Kirche von heute, das Gelingen einer weltweiten Kooperation und Koordinierung aller katholischen Kräfte unter mög-Man kann wohl nicht sagen, daß dies bei uns überhaupt kein Problem sei, daß Welt- und Ordensklerus sich schon voll mitverantwortlich wüßten für die Ausbildung der Laienapostel, was der Papst verlangt — wie könnte es sonst mitunter so schwer sein, selbst in katholischen Schulen und Heimen mit apostolischen Ideen einzudringen?

Und was die laienapostolischen Bewegungen selbst anlangt, geht es nicht um die Alternative: Einheit als Uniformität oder absolute Konzeptlosigkeit und Wildwuchs, sondern um Einheit und Planung in der Vielfalt. Nach wie vor werden also die Verantwortlichen in Gesamtkirche, Nation und Diözese die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit neuer Unternehmungen zu prüfen haben, mit besonderer Vorsicht, wenn es um die Erziehung der jungen Generation geht. Nach dieser Prüfung werden sie errichten, empfehlen, zulassen oder ablehnen.

Wo schon mehrere laienapostolische Bewegungen arbeiten, wird man national, diözesan, aber vor allem möglichst weit unten: in der Pfarre und für die Arbeit am konkreten gemeinsamen Werk Organe der Absprache, der Planung und Durchführung gemeinsamer Anliegen schaffen — etwa im Arbeiter-, im akademischen Sek- tor. Auch mit nichtapostolischen, rein weltlichen Vereinigungen wird man Kontakte pflegen, zumal wenn solche Zusammenschlüsse gerade zur Bewältigung der zeitlichen Probleme aus christlichem Geist erfolgt sind christliche Gewerkschaftsfraktionen, christlich ausgerichtete Parteien; und auch mit allen apostolischen Christen, die in irgendwelchen rein profanen, vielleicht sehr exponierten Stellungen für Christus Zeugnis ablegen. Noch angezeigter wären solche Kontakte mit „gemischten“ Vereinigungen, nämlich solchen, die mit ihren weltlichen auch apostolische Zielsetzungen verbinden. Das Maß der Fruchtbarkeit solcher Gespräche hängt freilich vom Grad der spirituellen Gleich- gestimmtheit, der echt apostolischen Gesinnung, des Wissens um die „Waffen Christi“ und der inneren Aufrichtigkeit, ohne versteckte und geheime Nebenabsichten in beiden Gesprächspartnern.

Als letztes Kongreß anliegen sei die Internationalität des Laienapostolates und die weltweite Gesinnung aller Laienapostel erwähnt. Oft und bewegend wurde auf die Notwendigkeit überdiözesaner und übernationaler Verständigung, Zusammenschlüsse, Planungen und Aktionen der Christen und der Präsenz, Mitarbeit und Durchdringung der neutralen internationalen Organisationen durch Christen hingewiesen. Ueberwindung der Kirchturm- auch Domturm- Perspektive; Aufgeschlossenheit für die Anliegen der Weltkirche; Beschäftigung mit den Problemen des Nordens, Afrikas, Südamerikas, mit Art und Geist des Ostens; Kontakt mit Ausländern, die in Europa studieren und deren Eingliederung in christliche Familien; Stiftung christlicher Gemeinden und apostolischer Zellen unter den ausländischen Studenten; apostolische Vorbereitung von Europäern, die beruflich im Ausland arbeiten, für ihre Arbeit dort und Zurverfügungstellen von genügenden Mitteln für diese Aufgaben müßte uns ein brennendes Anliegen sein.

Vielleicht bedarf es überhaupt vor allem dieser wahrhaft katholischen, nämlich universalen Gesinnung, um auch die anderen Probleme, die uns überantwortet sind, allmählich einer Lösung näherzubringen.

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