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Die liturgische Erneuerung

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Bischof Dr. Zauner ging es zunächst darum, die liturgische Arbeit in der Diözese auf der iiturgierechtlichen Basis des Bertram-Brtvi- legs von 1943 (Antwortschreiben der Römischen Ritenkongregation an Kardinal Bertram vom 24. Dezember 1943) und der noch unter seinem Vorgänger Bischof Dr. Joseph Fließet von der österreichischen Bdsehofskan- ferenz erstellten „Allgemeinen Meßordnung für die Feiern der Gemeinschaftsmessen” (AMO 1949) systematisch weiterzuführen. Dies sollte im Zuge der allgemeinen Erneuerung des religiösen Lebens in der Diözese geschehen, die sich Bischof Zauner zum Ziel gesetzt hatte. Er wollte also nicht „Liturgiebischof” sein, sondern ein guter Hirte seiner Herde, der allen und allem nachgeht.

Wie Pius Parsch sah er vor allem das einfache Volk, das doch auch Volk Gottes ist, priesterliches Volk, Erbteil, Erbe Gottes (1 Petr 2, 9). Dem wollte er die Möglichkeit schenken, von der Mitte des Mysteriums aus sein Christsein zu erleben und sein Christentum aufzubauen. Dabei ging der Bischof mit großem Ernst und einer gewissen Zurückhaltung ans Werk; so etwas mußte wachsen. Sehen, Urteilen und Handeln galten auch hier. Er informierte sich eingehend über den liturgischen Stand in seiner Diözese; denn nur auf einer festen und klaren Wirklichkeit konnte eine gedeihliche Arbeit fortgeführt werden.

Statistische Unterlagen gaben Antwort auf verschiedene Fragen: Wie viele Dominikantes zählt die Diözese? Wie hoch ist die Frequenz bei den lateinischen Ämtern? Bei den Gemeinschaftsmessen? Bei den durchgesungenen und stillen Messen? Wie verhalten sich diese Zahlen zu den Kommunionen? usw. Immer deutlicher zeichnete sich im Laufe der Jahre die Tendenz ab, daß mit der aktiven Teilnahme des Volkes auch die religiöse und apostolische Erneuerung fortschreitet.

Die Aktivierung des Laien

Was ihm die Statistik nachwies,- kannte und wollte er persönlich überzeugend erfahren. Er hielt vom Außendienst mehr als vorn Innendienst, fuhr selbst hinaus und sprach in mehr als 500 Predigten, Vorträgen und Ansprachen pro Jahr zum Volk. Gespräche und Kontakte mit Seelsorgern und Laien an Ort und Stelle — oder auf der Straße — rundeten das Erfahrungsbild ab: Zwischen religiöser Erneuerung und liturgischer Erneuerung be steht eine enge Kausalität. Der Aktivierung der Laien im gottesdienstlichen Raum folgt ein bewußteres Auftreten als Christen im öffentlichen Raum; die Übernahme liturgischer Dienste als Lektor, Vorbeter oder Vorsänger bedeutet auch eine Einübung und Vorschule für das aktive christliche Leben draußen. Das neue Liturgieverständnis führt zu einem neuen Kirchen- und Verantwortungsbewußtsein, zu neuer Dienstbereitschäft an Gemeinde und Welt. Die Lektoren werden nicht nur selbst mit der Bibel vertraut, sondern befruchten die Bibellesung bei den Aktivistenrunden: Aus’dem Vorlesen wird Verkündigung des Gotteswortes, das im Leben, in der Aktion realisiert werden soll. Damit war auch die Verbindungstür von der liturgischen Bewegung zur Katholischen Aktion gefunden. Vielleicht liegt gerade darin das Geheimnis, daß die Katholische Aktion in der Diözese zu einem so wirksamen Instrument der religiösen Erneuerung werden konnte.

Nach all diesen Erfahrungen war Bischof Zauner nicht mehr „zurückzuhalten”; ohne sich persönlich zu schonen, war er unterwegs, wurde zum Wegbereiter für liturgische Schulungen; er führte in die Mitfeier der Messe ein, forderte zum Gebrauch des Meßbuches auf und lud die Gemeinde ein, mit ihm Meßgemeinschaft zu halten. Darunter verstand er das liturgische Beten und Handeln „una cum episcopo”: Nicht die Paraphrase, sondern der liturgische Text selbst sollte Grundlage und Ziel bilden!

Auseinandersetzungen hinter den Kulissen

Ihm war — wie Pius Parsch — unverständlich, daß in der Missa lecta „jede Art von Gebet und Lied erlaubt war, nur nicht die Texte der Liturgie selbst”. Damit stand er aber im Gegensatz mit der Auffassung einiger einflußreicher Herren in der Römischen Kurie, die in den Voten des Zweiten Internationalen Kongresses für Katholische Kirchenmusik vom 4. bis 10. Oktober 1955 in Wien ihren Niederschlag und ihre Reaktion fand: „Die Verwendung von Texten in der Volkssprache ist gestattet, wenn es sich nicht um eigentliche liturgische Texte handelt, die ausschließlich lateinisch zu singen sind” (Kongreßbericht III, 9, Seite 341, Herold, Wien). Am 7. Oktober 1955 kam es denn auch zum offenen Konflikt, nachdem Bischof Zauner die Gemeinschaftsmesse, bei der Ordinarium und Proprium in wörtlicher deutscher Übersetzung gesungen wurden, in der Stiftskirche von Klösterneu-

bürg gefeiert und Professor Jungmann SJ. (Innsbruck) über „Liturgie und Volksgesang” referiert hatte.

Es folgte eine Zeit harter Auseinandersetzungen hinter den Kulissen: Die einen glaubten, mit dem „vinculum linguae litur- gicae” den katholischen Glauben selbst verteidigen zu müssen, die anderen — und mit ihnen Bischof Zauner — bangten um die so hoffnungsvoll begonnene liturgische Erneuerung.

Eine neue Aufgabe kam hinzu: Das Privileg 1943 und mit ihm die Fortführung der litur gischen Erneuerung zu sichern und vor denen zu verteidigen, die päpstlicher sein wollten als der Papst. An der These, auch in der Volkssprache der liturgische Text, hielt er fest — als Bischof seiner Diözese (seit 1. Jänner 1956), als Mitglied der Liturgiekommission zur Vorbereitung des Konzils, als Konzilsvater und als Mitglied der postkonziliaren Kommission. Die Konstitution über die heilige Liturgie vom Dezember 1963 und die Instruc- tio vom September 1964 haben ihn nicht enttäuscht, sondern ihn bestätigt. Die Diözese freut sich von ganzem Herzen mit ihm.

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