Die Österreicher gehen fremd

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Indisch heute, oder zum Italiener? Oder doch auf einen Schweinsbraten ins Beis'l um's Eck? Jeder kennt die Frage, und immer häufiger wird sie gestellt. Herr und Frau Österreicher sind nun einmal leidenschaftliche Wirtshausgeher.

"Die Zeiten, wo Mutti am Herd gute Sachen für die große Familie gekocht hat, sind vorbei", sagt Erhard Platzer von der Wirtschaftskammer Österreich. Der Familienverband, dessen Leben sich großteils zu Hause abgespielt hat, existiere nicht mehr. "Und darüber hinaus haben wir ja den Trend, die Frauen vom Haushalt, also vom Herd, wegzubekommen." Dadurch entfällt das gemeinsame Mittagessen. In der Hektik während der Arbeit wollen ohnehin viele nur eine Kleinigkeit zu sich nehmen, "oder essen in der Kantine". Die angenehmste Mahlzeit kommt am Abend, in der Freizeit.

"Der Österreicher geht leidenschaftlich gern fremd - beim Essen", sagt Fritz Bruckner, selbst Bediensteter in der Branche und Student der Fachhochschule für Tourismus und Gastronomie in Wien. "Singles und Dinkos (dubble income, no kids, also berufstätige Paare ohne Kinder) werden immer mehr. Hohes Einkommen - keine Kinder: Die können es sich leisten, oft auswärts essen zu gehen."

Seit 1990 gibt es 20 Prozent mehr Lokale Bei dieser Gruppe fällt noch eines ins Gewicht: fehlende Zeit. Denn wer abends müde von der Arbeit kommt, stellt sich nicht auch noch an den Herd. Ein Lokal bietet da viele Vorteile: man wird bedient, es gibt eine große Auswahl und - auch nicht unwichtig: Abwaschen tut wer anderer.

Des Österreichers zweites Wohnzimmer - das Gasthaus: Seit 1990 gibt es etwa ein Fünftel mehr Lokale in Österreich. Die Branche ist stark und wird immer stärker: 1994 arbeiteten 184.000 Dienstnehmer in etwa 38.700 Betrieben, die einen Reinerlös von 116 Milliarden Schilling erwirtschafteten. Vor allem in den Städten ist es viel einfacher geworden, sich versorgen zu lassen. Unzählige Restaurants, Beisln und Fast-Food-Ketten werben um Kundschaft. Am Rande: Die Wiener Innenstadt hat angeblich mehr Lokalsitzplätze als gemeldete Einwohner!

Und dazu kommen noch eine Menge sogenannte Caterer (Stichwort: Do&Co), die fertiges Essen nach Hause liefern. Pizza, Chop Sue, Hendl: Es gibt kaum eine Nationalküche, die man sich nicht heim an den Fernseher bringen lassen kann. Der Trend geht nicht lediglich in Richtung Gaststätte, sondern genauer: zur Fremdküche. Wo gegessen wird, ist dann nicht wichtig. Hauptsache, man läßt kochen.

Der Autor ist freier Journalist.

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