Die Pilgerfahrt zur WM

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Ich zähle mich nicht gerade zu den größten Sportfans, dennoch faszinieren mich einige Dinge an solchen Großereignissen wie der Fußball-Weltmeisterschaft. Mir fällt kein anderes Ereignis ein, bei dem Hunderttausende Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Ethnien, Religionen und Weltanschauungen sowie politischer Zugehörigkeiten auf engstem Raum aufeinandertreffen, wie bei solchen Sportereignissen.

Trotz großer Konkurrenz und starker Identifizierung mit dem eigenen Land toben sich außerhalb der Stadien alle Fans gemeinsam aus, sie feiern, sie essen und trinken gemeinsam, sie tauschen sich aus, lernen sich kennen, bringen kulturelle Traditionen wie eigene Musik und Tänze mit, die man überall auf den Straßen erleben kann usw. Diese bunte Mischung aus Nationen und Kulturen stört niemanden, im Gegenteil, sie löst gerade in den Begegnungen außerhalb der Stadien neugieriges Staunen aus. Und gerade solche Begegnungen bauen nicht nur Ängste ab, sie machen auch vertraut mit der Praxis des Zusammenlebens in Vielfalt. Auch Religionen kennen solche großen Versammlungen bei Pilgerfahrten oder großen Gottesdiensten. Daran nehmen allerdings hauptsächlich nur Angehörige der eigenen Religion teil. Große Sportereignisse, vor allem die Fußball-Weltmeisterschaft, scheinen etwas zu erreichen, wozu Religionen nicht imstande sind: die Vielfalt in unserer Welt sichtbar zu machen und Räume der Begegnung der Unterschiede zu öffnen.

Angesichts steigender Ängste vor der Überfremdung, vor allem durch Migranten, sollten solche Sportereignisse stärker genutzt werden, um gleichzeitig große kulturelle Events zu veranstalten, die es allen Interessierten ermöglichen, fremde Kulturen näher kennenzulernen und für wenige Momente daran teilzuhaben. Dann schaffen wir neue Pilgerwege und -stätten, zu denen alle, auch Religionen, eingeladen sind.

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