Die Sehnsucht nach dem ganz Anderen

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Immer wieder die Frage: Gibt es Gott? Wenn ja: Wie ist er vorstellbar? Und wie versteckt er sich vor uns? Wenn nein: Wie kommt die wachsende Schar von Nicht-Glaubenden mit ihrer Sterblichkeit zurecht - ganz ohne Auferstehungshoffnung?

Vier Tage lang kamen sie jetzt in Salzburg zusammen: Theologen, Philosophen, Physiker, Astro-und Quantenphysiker, Kulturpublizisten Gläubige und Nichtgläubige. Alles Spitzenleute.

Es waren die 6. "Disputationes" im Rahmen der wunderbaren "Ouverture spirituelle". Von Alexander Pereira als geistiges und musikalisches Präludium der Festspiele erdacht, vom Kunstmäzen Herbert Batliner ermöglicht, von Helga Rabl-Stadler &Co. gefördert und von Erhard Busek konzipiert. Wird es weitergehen? Sponsoren sind dringend gesucht!

Doch zurück zum aktuellen Versuch, die "Hypothese Gott" in den Griff zu bekommen -jenseits von Brauchtumsglauben und atheistischem Übermut. Faszinierend, wie nahezu alle, die jetzt am Wort waren, den modernen Allmachtsanspruch der Naturwissenschaften für überholt hielten. Wie wenig überzeugend aber auch die tradierten Gottesbilder sind. Wenn bei aller Vielfalt der Überzeugungen eine gemeinsame Linie erkennbar war, dann diese: dass wir über die Sehnsucht nach dem ganz Anderen nicht hinauskommen.

Aus der Fülle starker Zitate dieser Tage habe ich u. a. diese notiert:

"Der Herr ist so groß, dass er es nicht notwendig hat, in unserem Sinn zu existieren"(rabbinisch).

"Gott ist nur als Unbekannter vorstellbar -ihn anschaulicher zu machen, macht ihn nur noch unbekannter"(Theologe Karl Barth).

"Einen Gott, den es gibt, den gibt es nicht. Weil er kein Seiender ist, sondern das Sein selbst"(Dietrich Bonhoeffer).

"Ich habe größte Schwierigkeiten, Gott überhaupt Eigenschaften zuzuschreiben"(Physiker Anton Zeilinger).

"Egal, ob es Gott gibt oder nicht, ich brauche ihn. Gott fehlt!"(Literat Martin Walser).

Das "Fehlen Gottes" und die "Ewigkeit"

Was dieses "Fehlen Gottes" heute an säkularen Versuchen auslöst, irgendwie doch "Ewigkeit" zu erlangen, das schilderte der Philosoph Konrad Paul Liessmann: wie Menschen auf digitale Unlöschbarkeit, auf Medizintechniken (Klonen, Einfrieren, Identitätskopien), auf "Prominenz" und Macht hoffen. Dabei verschwieg Liessmann aber auch die eigene Skepsis über das christliche Auferstehungskonzept nicht.

Das für mich wichtigste Resümee kam vom Quantenphysiker Anton Zeilinger. Mutig sagte er: "Haben wir ein Recht, theologische Überlegungen beiseite zu schieben, nur weil sie dem Zeitgeist widersprechen? Ich glaube das nicht!" Um noch hinzuzufügen: "Vielleicht wird man irgendwann einmal sagen, dass unsere Naturwissenschaften eigentlich die Geschichte des Wirkens Gottes in der Welt sind."

Worauf Erhard Busek das Feuerwerk der Gedanken mit einem Rilke-Wort schloss: "Hiersein ist herrlich!"

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