7112837-1996_04_07.jpg
Digital In Arbeit

Die Skepsis überwinden

Werbung
Werbung
Werbung

Kirchliche Ämter für Frauen gibt es in reichem Maß, so viele, daß es zuwenig Frauen dafür gibt. Es gibt Ämter, die ausschließlich Frauen vorbehalten sind -wie zum Beispiel meines; und es gibt solche, die kaum jemand einer Frau streitig macht.

Die Diskussion hat sich auf ein Amt zugespitzt, das Priesteramt. Andere, wertvolle, geraten aus dem Blickfeld. Und mir scheint, der Papst braucht nur ein „Endgültig" zu einer Diskussion zu sagen und sie ist neu in Gang gekommen.

Brauchen wir Frauen das Priesteramt zu unserer Selbstbestätigung, um bewiesen zu bekommen, daß es Gott mit der Erschaffung von Mann und Frau ernst meinte? Oder geht es darum, daß wir uns gegenseitig zeigen, wer Macht hat oder was diese bedeutet? Könnte es doch eine echte Berufung einer Frau geben? Eine Quoten -regelung finde ich beleidigend und der Sache gegenüber ungerecht. Auch Überlegungen von Optik oder Aufputz sind fehl am Platz.

Es sind nicht wenige Frauen, die lieber einen Mann am Altar sehen. Dies ist einerseits eine Frage der Gewohnheit und andererseits die ganz natürliche Spannung zwischen den

Geschlechtern. „Na, die Frauen, die sich um das Priesteramt bewerben, die möchte ich nicht am Altar sehen", sagte ein von mir sehr geschätzter und kompetenter Priester. Ich konnte nicht anders als ihm antworten: „Ich möchte auch nicht alle Männer, die das Priesteramt anstreben, als Priester sehen." Ich weiß, das ist keine Diskussionsgrundlage, aber die wahren Gründe kommen da vielleicht deutlicher heraus.

Über Weihnachten war ich in einem kleinen Dorf in Rumänien, zwei meiner Mitschwestern leben dort. „Unser Dorf hatte kein Herz, deshalb wollten wir Schwestern", sagte mir eine alte Frau. Da ist weder von Amt noch von Macht die Rede. Es ist Leben in geistlicher Präsenz, das „Sakrament der Gegenwart", ein Vermitteln dessen, daß da ein Gott ist, der ein Herz für den Menschen hat. Weshalb die beiden Schwestern (und wie sie viele auf der Welt) außer dem Sakrament des Daseins kein anderes spenden dürfen, konnte und wollte ich den Menschen nicht klar machen. Eine kranke Frau nach einer Feier mit Krankenkommunion: „So schön wie bei Ihnen habe ich noch nie gebeichtet" ... Der Pfarrer kommt zweimal im Monat, eben kurz, für die „Sakramente". Nach Meinung einiger Theologen hatte die charismatische Struktur der Kirche im ersten

Jahrhundert auch Frauen in leitenden Ämtern gesehen. Die zweite und dritte Generation hat dann die Verantwortlichkeit geordnet - zu gründlich.

Ich hatte zwei Jahre ein Amt inne, das bis dato Priestern vorbehalten war, ich war Spiritualin, geistliche Begleiterin, am Petrinum in Linz. Es war ein Wagnis und ein Bisiko, mir als Frau dieses Amt zu übertragen, und es zeigte von großer Offenheit der Verantwortlichen, bis hin zum Bischof. Mir war vor Jahren mit Skepsis begegnet worden, als ich das Amt einer Religionslehrerin an einer AHS antrat - die Skepsis hatte sich bald gelegt. Mir war nicht gestattet worden - als geistliche Schwester geistliche Assistentin bei der Katholischen Frauenbewegung zu werden. De facto war ich es. Auch das ist einige Zeit her. In diesen verschiedenen geistlichen Ämtern merkte ich manchmal schmerzlich, wie mir die

Hände gebunden (und eben nicht gesalbt) waren. Aus diesem Mangel heraus wurde ich kreativ. Ich könnte mir Kreativität ohne Mangelerfahrung auch vorstellen. Ich bin mir aber auch darin sicher, daß Mangel oder Schmerz ungeahnte Kräfte freisetzen.

Zur Zeit ist unsere Schwesterngemeinschaft mit über 60 Mitgliedern ohne ständigen Priester. Die meisten von uns empfinden das nicht als Mangel, sondern als Chance. Wir lernen verschiedene Priester kennen und werden auch selber aktiv in der Gottesdienstgestaltung.

Frauen füllen weitgehend die Kirchenbänke. Weltweit sind drei Viertel aller Ordensangehörigen Frauen -und das in einer Vielfalt, die mir bei unseren Brüdern nicht begegnet. Als nicht Eingebundene in die hierarchische Struktur leben wir in einer Freiheit, ähnlich den Prophetinnen und Propheten. Diese aufgeben? Aber es geht nicht um Vor- oder Nachteile. Es darf nicht darum gehen.

Bei der Sendung „Schiejok täglich" behauptete Professor Diemann aus vollster Überzeugung, es sei einer Frau unmöglich, die Wandlungsworte „Das ist mein Leib" zu sprechen. Sind diese Worte nicht ein erzählender Text, der sogenannte Einsetzungsbericht aus den synoptischen Evangelien? So ist es weniger eine Frage der Chromosomen als der Beauftragung. Und um diese geht es hier. Ich mache mir um das Priesteramt für Frauen keine Sorgen. Ich traue es dem Heiligen Geist zu, daß er für und mit der gesamten Kirche Mittel und Wege findet, damit der Auftrag Jesu „Tut dies zu meinem Gedächtnis" weltweit ausgeführt werden kann und auch die Gläubigen ihrer „Sonntagspflicht" nachkommen können.

Daß der Heilige Geist außergewöhnliche Wege geht und auch in Frauen wirkt, ist vielfach bewiesen. Nicht zuletzt durch Maria, die Mutter Jesu. Ich bin gespannt, womit er uns überraschen wird!

Die Autorin ist

Provinzoberin im Missionskloster vom Kostbaren Blut Wernberg (Kärnten).

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung