Die Währung des (K)App-italismus

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Reichlich kryptisch, was man da so hört und liest über Bitcoin: eine angebliche Währung, die doch nichts anderes ist als eine künstliche digitale Rechengröße. Der technisch durchaus innovative Abwicklungsmodus dieses dezentralen Zahlungssystems -die "Blockchain" - stützt sich auf einen Algorithmus, dessen Erfinder bis heute anonym geblieben ist. Ebenso anonym lieben es die Nutzer, wird doch Bitcoin vornehmlich von Leuten eingesetzt, die ihre Zahlungen aus guten oder weniger guten Gründen geheim zu halten versuchen. Aber kann man damit nicht auch schnelles Geld machen? Immerhin hat sich der Kurs der ersten Krypto-Währung seit deren Erfindung 2009 entlang einer holprigen Berg-und Talfahrt zuletzt dramatisch erhöht -seit Jahresbeginn um nicht weniger als das Fünffache. Einer der Gründe dafür ist die Spielregel, dass die Zahl der Geldeinheiten ("Coins") mit einer Gesamtzahl von 21 Millionen limitiert werden soll. Diese vorgebliche Knappheit ist ebenso ein Kunstkniff wie der Begriff selbst. Denn nichts ist weiter von einer Münze entfernt als die virtuelle Buchungszeile in einer Pseudo-Geld-Maschine, die von niemandem -von keiner Notenbank und keinem Staat -kontrolliert wird.

Wer allerdings erst jetzt mit Bitcoins zu spekulieren beginnt, ist wohl zu spät dran. Denn immer dann, wenn es sich bis zu den Uninformiertesten herumgesprochen hat, dass es sich auszahlen könnte, auf eine Kurssteigerung zu setzen, nutzen Profis, die sich zeitgerecht eingedeckt haben, ihre Verkaufschance. Das war bei der holländischen Tulpenkrise vor 380 Jahren nicht anders als vor dem Platzen der sogenannten "Dot Com"-Blase nach der ersten Hochblüte digitaler Spekulation im Frühjahr 2000. Zumal auch gewiefte Spekulanten ausgeliefert sind, wenn die Marktstimmung kippt. Dazu kommen Sonderrisiken wie technische Gebrechen oder schlichter Betrug, wie er bei einigen der im Windschatten von Bitcoin hochschießenden Währungsblüten bereits gerichtlich festgestellt wurde.

Kontrollversagen

Als Mittel der Wert-Aufbewahrung sind Krypto-Währungen jedenfalls ungeeignet. Im rechtsfreien globalen Internetraum gibt es nun einmal nichts, das auf Dauer währt. Die Mode des Pseudo-Geldes passt jedoch perfekt zur unaufhaltsamen Karriere eines sich ständig auf Suche nach neuen spekulativen Anreizen befindenden "(K)App-italismus". Sie fügt sich ins grellbunte Bild unzähliger anderer Finanzprodukte, die dauerhafte Werte vortäuschen, ohne irgendeine Deckung in realer Wertschöpfung zu haben.

Warum den zahlreichen Anbietern von Krypto-Währungen trotz eindringlicher Warnungen von Notenbankern vor diesem Zeitgeist-Geld niemand auf die Finger schaut, bleibt rätselhaft. Auch ist durch nichts zu begründen, warum Bitcoin-Kursgewinne im Unterschied zur Praxis bei Aktien oder Anleihen steuerfrei bleiben. In nicht allzu langer Zeit werden wir uns fragen, wem hier Kontrollversagen vorzuwerfen ist. Aber bevor etwas geschieht, wird wohl wieder einmal etwas passieren müssen.

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