Die zwiespältige Rolle der Nationalisten

Werbung
Werbung
Werbung

Wer sind die neuen starken Frauen und Männer in der Übergangsregierung? Geht es nach dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem abgesetzten ukrainischen Staatschef Viktor Janukowitsch, so haben "faschistische Gruppen die Macht ergriffen“. Glaubt man dagegen westlichen Politikern, so kann von einer rechten Unterwanderung des "Euro-Maidan“ keine Rede sein. Tatsächlich gehören zu den neuen Machthabern in Kiew nicht nur enge Vertraute der früheren Regierungschefin Julia Timoschenko, sondern auch Repräsentanten nationalistischer Gruppierungen. Deren bekanntestes Gesicht ist der neue Vize-Premier Oleg Tjagnibok, der Chef der Partei Swoboda (Freiheit): "Wir sind nicht rassistisch, sondern proukrainisch“, beteuert er in seiner neuen Funktion. In Wirklichkeit hat die "Swoboda“ sehr wohl rechtsextreme Wurzeln. Sie beruft sich wie viele Nationalisten in der Ukraine auf den antisowjetischen Freiheitskämpfer Stepan Bandera, der in den späten 30er-Jahren gemeinsame Sache mit der deutschen Wehrmacht und den Nazis machte.

Dennoch sind Tjagnibok und seine Swoboda die vermutlich harmlosesten Vertreter der nationalistischen Rechten in der Ukraine. Es waren die Anführer des Rechten Sektors, Dmitri Jarosch, und des Kampfverbandes Samoobrona (Selbstverteidigung), Andrij Parubi, die in den Kiewer Schicksalstagen Ende Februar den Sturz von Präsident Janukowitsch durchsetzten.

Als die EU-Außenminister Sikorski, Frank-Walter Steinmeier und Laurent Fabuis mit Janukowitsch, Klitschko, Jazeniuk und Tjagnibok einen geordneten Machtwechsel ausgehandelt hatten, stürmten sie auf dem Maidan an die Mikrofone und initiierten den gewaltsamen Umsturz. Inzwischen gehören Parubi und Jarosch als Generalsekretär und Vize-Chef dem Nationalen Sicherheitsrat der neuen Regierung an. Beide geben sich ähnlich staatstragend wie Tjagnibok. Jarosch, der in den Revolutionstagen auf dem Maidan stets Tarnkleidung trug, hat die Uniform gegen Anzug und Krawatte eingetauscht. Jarosch trat 1994 der Organisation "Dreizack“ bei, die er seit 2005 führt. Die rechtsnationale Kadergruppe beruft sich auf Bandera und schwört ihre Mitglieder auf "zehn Gebote“ ein, in denen es unter anderem heißt: "Übe Hass und Rücksichtslosigkeit gegen die Feinde deiner Nation.“ Es ist unwahrscheinlich, dass sich die Rechtsaußenkräfte in Kiew mit ihren radikalen nationalistischen Positionen durchsetzen. Viel zu groß ist die Abhängigkeit von westlicher Unterstützung. Sicher ist allerdings auch: Wer die These von den rechtsextremen Verstrickungen als Kreml-Propaganda abtut, macht es sich zu leicht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung