Der Mensch denkt, Gott lenkt - sagt der Volksmund. Einleuchtend ist diese Weisheit nur noch für rund elf Prozent der Menschen: Das christliche deutsche Monatsmagazin Chrismon veröffentlichte eine Umfrage zum Thema: Wer hat den größten Einfluss auf das Schicksal der Welt? Weniger Einfluss als Gott wird dort dem Teufel (ein Prozent), Geheimbünden (zwei Prozent), Terrororganisationen (drei Prozent) und den Geheimdiensten (drei Prozent) zugeschrieben. Auch die Politiker müssen sich mit mageren neun Prozent bescheiden.
Ich werte das auch als Beweis für die grundsätzliche Vernünftigkeit der Menschen und als eine Absage an all die Verschwörungstheorien, die rund um den 11. September und andere Ereignisse entwickelt wurden.
Aber wer lenkt das Geschick der Welt stärker als Gott? Die Macht der Medien, Banken und Konzerne wird nicht unterschätzt, sie erhalten zwischen 13 und 22 Prozent. Aber auch sie liegen nicht an der Spitze. Höchste Zustimmung findet die Aussage: "Alle Menschen sind gleichermaßen für das Schicksal der Welt verantwortlich." Rund ein Drittel der Befragten stimmt diesem Satz zu, gleichmäßig verteilt über alle Altersgruppen und Schulbildungen. Nur hinsichtlich der Geschlechter geht es auseinander: Mehr als doppelt soviele Frauen bejahen diese Aussage als Männer. Männer sehen mehr die Banken und Konzerne, aber auch die Geheimbünde und Terrororganisationen als Weltenlenker.
Die Einsicht, dass jeder und jede Verantwortung tragen für das Ganze, deute ich als klaren Hinweis auf die politische Mündigkeit der Menschen. Sie sehen sich nicht so sehr als Objekte von womöglich anonymen Mächten, sondern als Subjekte der (eigenen) Geschichte. Diese Haltung wird durch den Glauben unterstützt. Seine Botschaft sagt ja dasselbe, nämlich: Du zählst. Auf dich kommt es an.
Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.
