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Ein Bischof provoziert seine Absetzung

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Jacques Gaillot, Bischof von Evreux, wurde seines Amtes enthoben: Für viele Kommentatoren ein Anlaß, Rom zu tadeln, den „mutigen” Rischof in der Rolle des Märtyrers zu hieven, eine Spaltung der Kirche vorherzusagen -und den begeisternden Empfang des Papstes in Südostasien einfach zu übersehen.

Wer jedoch die französische Kirchenszene kennt, kann sich nur wundern: Nicht Rom hat in einer Nacht-und-Nebel-Aktion einen gesprächsbereiten Rischof brutal verstoßen, vielmehr hat Monseigneur Gaillot seit Jahren alle Remühun-gen der französischen Rischofskonferenz um Einheit ignoriert, sich nicht an Vereinbarungen gehalten. Was hätte eine Audienz beim Papst anderes bringen sollen als die stets fruchtlos endenden Gespräche mit den Vorsitzenden der französischen Bischofskonferenz?

Zu den „heißen Eisen” ist ja längst alles gesagt gewesen. Zu den Fragen der Priesterweihe der Frau, Empfängnisregelung, et cetera ... hat sich das Lehramt geäußert unter Berücksichtigung der längst bekannten Einwände. Diese Klarstellungen sind Ergebnis eines langen Ringens um die richtige Wegweisung.

Ist diese Klarstellung erfolgt, bedarf sie der Verkündigung durch die Lehrer der Kirche, die Rischöfe. Rischof Gaillot konnte sich ausrechnen, daß es auf Dauer keine fundamentale Abweichung geben kann, daß in der Diözese Evreux etwa der Abtreibungspille RU 486 etwas abgewonnen oder für die Segnung homosexueller Paare eine Lanze gebrochen wird.

Sorgt das Lehramt in diesen Fragen nicht für Einheit, hat es in seinem Dienst schlicht und einfach versagt, geht es doch darum, den Menschen zu zeigen, wie Leben gelingt und wie es zugrunde gerichtet wird. Ist es etwa egal, ob jungen Leuten in Evreux Homosexualität als vertretbare Spielart des Sexuallebens erscheint?

Nur weil die Katholische Kirche dank des Petrus-Dienstes eine erkennbare Lehre hat, ist sie für das Zeitgespräch von Interesse. Ohne diese Klarheit wird sie bedeutungslos, würde sie doch keine Orientierung mehr bieten.

Die berühmten „heißen Eisen” sind das immer wieder hervorgekramte Spielzeug der Intellektuellen in der westlichen Kirche. Die Dynamik des Glaubens im Osten und in der Dritten Welt werden diese endlose Problematisierung zur Seite drängen. Wo der Glaube lebt, ist man dankbar für den Petrus-Dienst.

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