Ein Kirchenleben, fast wie ein Jahrhundert

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Biografien über Kardinal König, den prägendsten katholischen Kirchenführer Österreichs im 20. Jahrhundert, gibt es bereits einige. Hubert Feichtl bauer näherte sich der Person mit "Der Jahrhundert-Kardinal" noch zu dessen Lebzeiten (2003), der ehemalige Kreisky-Sekretär und ORF-Intendant Johannes Kunz brachte unmittelbar nach Königs Tod am 13. März 2004 "Der Brückenbauer" heraus. Beide Bücher nahmen schon im Titel Charakteristiken auf, die Franz König über seinen Tod hinaus bleiben. Daneben gab es spärliche autobiografische Schriften und Äußerungen -darunter die von der Wiener Korrespondentin in der englischen Wochenschrift The Tablet, Christa Pongratz-Lippitt, herausgebrachten Gespräche, die 2005 zuerst auf Englisch und ein Jahr später auf Deutsch ("Offen für Gott, offen für die Welt) erschienen sind.

54 Zeitzeugen und Wegbegleiter befragt

Dieser Tage legt nun erstmals einer, der den Kardinal nicht mehr aus der Nähe kannte, eine ausführliche König-Biografie vor. Mit 54 Zeitzeugen und Wegbegleitern von Kardinal König hat der Unternehmensberater, Coach und Autor Thomas Nagy ausführliche Interviews geführt und diese zur Biografie "König Kaiser Kardinal. Auf den Spuren von Kardinal Franz König" gefasst.

Eine Fülle von Informationen hat der Autor aus diesen Gesprächen mitgenommen - mit durchaus eigenen Akzentsetzungen. So deutet schon das zweite Wort -Kaiser -, des Titels, der auf den ersten Blick an den Kinderreim "Kaiser, König, Edelmann" denken lässt, auf einen Fokus: Denn Franz König war auch ein "Kaiser", weil seine Mutter nach dem frühen Tod des Vaters den Pielachtaler Bauern und späteren Landespolitiker Johann Kaiser geehelicht hatte: Schon in seinen autobiografischen Äußerungen hat Kardinal König mehr als angedeutet, dass das Verhältnis zwischen ihm und dem Stiefvater ein schwieriges war. Dies breitet nun auch Thomas Nagy aus und versucht so, weitere Farbtupfer dem bisherigen Bild des Kardinals beizufügen.

Naturgemäß muss die Darstellung eines im Wortsinn ein Jahrhundert lang währenden Lebens lückenhaft bleiben -auch wenn der Autor bemüht ist, im Duktus dieser Lebenserzählung keine allzu klaffenden Leerstellen zu hinterlassen. Aber etwa die Erkenntnisse der seit 2012 auch bei Styria Premium erschienenen "Kardinal-König-Bibliothek", wo vor allem die bislang wenig beachtete tatsächliche Rolle des Kardinals beim II. Vatikanum offengelegt wird, fielen in der Fülle des Materials weitgehend unter den Tisch.

Von Adolf Holl bis zu Herbert Schambeck

Dagegen beleuchtet Thomas Nagy in extenso die Rolle Königs bei den Auseinandersetzungen um die Einführung der Fristenregelung in den 1970er-Jahren und sucht erkennbar, die gegen den Kardinal von Teilen der ÖVP erhobenen Vorwürfe, die Kirche habe die ÖVP damals im Stich gelassen, zu entkräften. Nagy führt im Gegenteil Indizien dafür an, dass der Kardinal gerade von VP-Seite zur Zurückhaltung, die er, so Nagy, gar nicht geübt hatte, gedrängt worden war.

Auch dem Konflikt Adolf Holls mit Kardinal König widmet das Buch einigen Raum. Thomas Nagy ging auch der Frage nach, wieso es nach dem Rücktritt von Kardinal König zu der von Rom verordneten Kurswende in der katholischen Kirche Österreichs kommen konnte. Der Autor führt dazu gleichermaßen Aussagen des langjährigen ÖVP-Bundesrates Herbert Schambeck an, den viele als einen Mastermind der konservativen Wende betrachten, wie auch Wegbegleiter Kardinal Königs, die diese Aktivitäten klar kritisieren.

"Auf den Spuren von Kardinal Franz König": Der Untertitel der Biografie fasst die Aufgabe, der sich der Autor gestellt hat, stimmig zusammen. Und dass über den Protagonisten auch mit diesem Buch noch längst nicht alles gesagt ist.

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