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Ein neuer Katechismus?

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Aus vielseitigem Wissen schöpfend, nimmt Franz Michel Willam in seinem eben erschienenen Buche: „Katechetische Erneuerung“ Stellung zu einer Frage, die seit Jahrzehnten dringlich geworden ist: zur Einführung eines neuen, den heutigen Bedürfnissen entsprechenden Katechismus.

Vom Wandel des Zeitgefühls ausgehend, stellt Willam die frühere, noch immer von den Ideen der Aufklärung beherrschte Zeitepoche, die durch die Überschätzung des Verstandes und des Wissens gekennzeichnet war, der neuen gegenüber, die das Leben an sich in den Vordergrund rückt. Auch die neue religiöse Unterweisung wird die allzu verstandesmäßige Darbietung des Wissensstoffes einschränken und darnach trachten müssen, für erzieherisch wichtiges Glaubensgut, das sich durch Frage und Antwort schwer vermitteln läßt, andere Darstellungsmittel zu verwenden, vor allem die Bilder und Gleichnisse der Heiligen Schrift wieder in die Katechese einzubauen.

Freilich haben auch schon in der verstandesmäßig betonten Epoche Geistliche in diesem Sinne wertvolle Vorarbeiten geleistet; der erste war Prosper Gueranger, der sich in das in der Kirche geheimnisvoll fortsetzende Leben des Erlösers vertiefte und vor einer Unterschätzung der liturgischen Feierlichkeiten warnt; der zweite, John Henry New-mans, der sich darum bemühte, Philosophie und Religion gegeneinander abzugrenzen und dem Glauben jenen Platz einzuräumen, wo er nur Glaube ist. Auch er hält es für unerläßlich, sich den Christus der Evangelien als lebendes Wesen zu vergegenwärtigen.

Ein Menschenalter später hat Papst Pius X., von der Überzeugung durchdrungen, daß die Arbeit des Predigers die des Katecheten voraussetzt, der religiösen Unterweisung seine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Sein Katechismus, der die Forderungen Guerangers und Newmans berücksichtigt, handelt weniger vom Begriff als von dem Sein des christlichen Lebens. Gleich aus den Einleitungsfragen, die Willam denen des alten Katechismus entgegenstellt, wird das klar. Weitere Fragengruppen betreffen die Lehre von der Erlösung, von der Kirche,vom Gebet, von den sozialen Pflichten des Menschen, von der heiligen Messe, von den Berufspflichten usw. Fragen, die die Religion und das Leben betreffen. Der Wunsch des Papstes, diesen Katechismus für die ganze katholische Welt einzuführen, hat sich leider nicht erfüllt.

Der im Jahre 1940 von Q u i n e t und B o y e r herausgegebene französische Einheitskatechismus übernimmt aus dem päpstlichen Fragenansätze und baut die Liturgie und das Gebetsleben der Kirche in die religiöse Unterweisung ein; er faßt die neuen Fragenansätze, aber auch die aus dem alten französischen Katechismus zu einem neuen Lehrverfahren zusammen. An einigen Lehrstücken zeigt nun Willam die Zusammenhänge des neuen französischen Katechismus mit dem Pius X. Ein engerer Anschluß an die Heilige Schrift wird dadurch erreicht, daß man das Glaubensgut eines jeden Lehrstückes im ersten Teil als Offenbarung aus der Heiligen Schrift darbietet und erst im zweiten Teil (wie im alten Katechismus) verstandesmäßig klarlegt. Im Gegensatz zum Katechismus Pius X. löst der neue französische den das Kirchenjahr betreffenden Teil in seinen alten Einheiten auf und bringt ihn gesondert als dritten Abschnitt jedes einzelnen Lehrstückes. Willam berichtet eingehend über die Entstehung der neuen Methode, die nicht nur den Verstand, sondern auch den Willen, die Phantasie, das Gemüt und den Gestaltungstrieb des Menschen anspricht. Den Vertretern dieser neuen Methode war es vor allem darum zu tun, vomLeben ausgehend, dem Leben zu dienen. Im besonderen galt es, den Kampf gegen die religiöse Gleichgültigkeit aufzunehmen.

Der neue französische Katechismus bringt das Glaubensgut in geschlossenen Lehrstücken. Diese zerfallen in einen dreistufigen Hauptteil, in einen zweigliedrigen Anschlußteil, in das dem Geschehen der Heiligen Schrift entnommene Einleitungs- und zeidinerische Schlußbild, in den Spruch aus der Heiligen Schrift und in einen Diözesananhang. Die erste Stufe des dreigliedrigen Hauptteils legt das Glaubensgut als Offenbarung dar, die zweite entfaltet es als Lehr- und Lernwissen, die dritte teilt sich in die Vermerke: Für mein Leben, Gebet und Liturgie. Der zweigliedrige Anschlußteil nähert sich der Lehrmethode des Arbeitsunterrichtes und leitet den Schüler an, ihm gestellte Aufgaben selbständig zu lösen und im Werkunterricht zu veranschaulichen.

Willam bringt als Probe drei Lehrstücke, und zwar aus der Glaubens-, Sitten-und Gnadenlehre, die zeigen, daß sich dieses schematische Verfahren in allen Stoffgebieten anwenden läßt. Der Vorteil der neuen Lehrstoffmethode liegt — wie Willam mit feiner psychologischer Einfühlung dartut — darin, daß die drei Darstellungsarten des Hauptteils den wesentlichen drei Menschentypen entsprechen und das menschliche Gesamtbewußtsein, die Persönlichkeit, den Verstand und den Lebenswillen ansprechen. Diese Art der Darstellung ist ebenso für die Eltern der Schüler wie für das Stadtkind, das kaum mehr mit „erlebter“ Religion zur Schule kommt, äußerst vorteilhaft. Es sind darin aber auch die Methoden der Arbeitsschule, der W e r k-, des Erlebnis-, des Anschauungsunterrichtes und die Methode des heimatkundlichen Religionsunterrichtes angewandt und miteinander organisch verbunden. Die Schranken, die früher zwischen dem Katechismus einerseits und den Evangelien, der Liturgie und dem christlichen Leben andererseits bestanden, sind in diesem neuen französischen Katechismus gefallen.

Nach einem kurzen Überblick über die durch den Zeitgeist der letzten vier Jahrhunderte bedingte Entwicklung des Katechismus, bespricht Willam die Querverbindungen zwischen den Hauptstücken und wendet sich dann der katechetischen Erneuerung und ihrem Verhältnis zur Kirche zu. Zwei Rundschreiben, beide nach der Herausgabe des französisdien Katechismus erschienen, nehmen zur Glaubensverkündigung Stellung. Ihre Richtlinien fallen mit denen der katholischen Erneuerung zusammen. Der Wunsch, die Heilige Schrift zum Ausgangspunkt der Katechese zu machen, wird in der neuen Lehrmethode vor allem berücksichtigt, die ja jedes Lehrstück von der Heiligen Schrift ausgehen läßt und mit einem Spruch aus der Heiligen Schrift schließt. Durch dieses Betonen der Offenbarung schlägt der neue französische Katechismus eine Brücke der Verständigung zu den nichtkatholischen Christen.

Als Grundlage für einen neuen deutschen Katechismus könnte eine Programmschrift aus dem Jähre 1944 dienen: „Auf dem Wege zu einem neuen Katechismus.“ Sie tritt für eine gott-, Christus-, kirchen-, kinder-, lebens- und zeitnahe Lehrmethode ein. Was die Zielsetzung betrifft, fordert die Schrift, daß die Lehrstücke in einen Lese-', in einen Lern-und einen Beitext zu gliedern seien; der Beitext möge dem Teil des französischen Katechismus entsprechen, der die Vermerke: Für mein Leben, Gebet und Liturgie, enthält. Der neue Katechismus soll zu einem Leben aus dem Glauben führen, er soll das Leben des Kindes gestalten und ihm Hal-*tung und Form geben und es zum Beten anleiten.

Der für den neuen Katechismus geforderte dreistufige Hauptteil ist schon um 1900 von dem Münchner Katecheten Stieglitz und dem Wiener P i c h 1 e r verlangt worden. Die historische Methode hat vor ihnen schon Wey begründet. Sie wäre vor allem bei der Katechese von Schülern der Oberstufe und bei Erwachsenen zu verwerten. Auch er wünscht eine engere Verbindung zwischen der Katechese und der Heiligen Schrift.

Für die Darstellung des Stoffes im Sinne des Erlebnisunterrichtes ist durch Heinrich Kautz, Pfliegler und Gueranger und andere, viel vorgearbeitet worden. Der Bebilderung muß besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, da ja die religiösen Bildeindrücke der Kindheit für den Menschen bis in das spätere Alter bedeutsam sind. Es wäre unrichtig, auf Zeichnungen zu verzichten. Der Diözesananhang wird durch die Eigenart der einzelnen Landschaften, durch ihre Glaubensboten, ihre Heiligen, ihre Geschichte, ihr Brauchtum und ihre alten bodenständigen Lieder bestimmt sein.

Im letzten Teil bespricht Willam die möglichen Veränderungen im Gesamtbau des neu zu schaffenden Katechismus. Auf welche Weise der Wunsch, den Gesamtbau des Katechismus mehr auf die gelebte Religion umzustellen, am besten erfüllt werden kann, wird noch mancher Überlegung bedürfen.

Der Inhalt des WillamscKen Buches konnte in dieser knappen Besprechung nur in Umrissen dargestellt werden. Wer aber das Buch selbst in die Hand nimmt — und das müssen eigentlich alle die, die sich für die dringliche Frage eines neuen Katechismus interessieren —, wird in ihm einen verläßlichen Führer durch die Literatur und einen Wegweiser für die zukünftige Gestaltung einer dem Leben verbundenen Katechese finden. •

„Grundriß des österreichischen Bürgerlichen Rechts“. Von Dr. jur. et phil. Karl W o 1 f f. Springer-Verlag, Wien 1946.

Der Verfasser selbst bezeichnet die Arbeit in einem Vorwort als Behelf für die Prüfungskan-didaten des Jusstudiums und verzichtet daher mit Absicht auf eine eingehendere Behandlung des umfangreichen Stoffes. Nach einer Einleitung, die eine Einführung in die wichtigsten Rechts-begriffe enthält und der man nicht in allem zustimmen kann, wird eine systematische Darstellung des heute geltenden Bürgerlichen Rechtes gegeben, die trotz ihrer Kürze oder vielmehr gerade darum einen vorzüglichen und, soweit dies bei der gedrängten Fassung möglich ist, erschöpfenden Uberblick über diese Materie bietet.

Aber auch der Praktiker wird das Buch gerne zu Rate ziehen, weil es ihm eine rasche Orientierung darüber ermöglicht, was gegenwärtig als österreichisches Recht zu gelten hat. Eine summarische Quellenangabe und ein ausführliches Sachverzeichnis erleichtern die Benützung des Buches. Dr. Schlüsselberger

„Wunder des Tierreiches.“ Bearbeitet von AI. Niklitschek. Mit 8 Kunstdrucktafeln und 34 Bildern. Touristik-Verlag, Wien, 1946.

Vorliegendes Werkchen umfaßt 26 Abhandlungen aus verschiedenen Gebieten des Tierreiches. Das hübsch illustrierte und mit besonders gut lesbarem Drucke versehene Buch enthält sehr interessante Kapitel aus dem Leben der Fische, der Kinderstube der Frösche, sowie spannende Berichte über Riesentiere der Vorzeit, welche vor 60 Jahrmillionen unsere Erde bevölkerten, da es auf unserem Planeten noch keine Menschen gab. Wir lesen mit Bewunderung und Staunen von den gewaltigen Leistungen des Vogelfluges, mit Grauen über Riesen- und Giftschlangen und mit Belustigung über die Weltgeschichte der Spatzen.

Das Büchlein bietet für jung und alt fesselnde Einblicke in die erdumspannende Tierwelt und die schier unübersehbare Gestaltungskraft der Schöpfung. Dr. Alfred Pengkhof

„Remember Austria“, Vienna. Herausgegeben von der österreichischen Kulturvereinigung. Amandus-Edition, Wien, I., Seilerstätte 5. S 9.50.

Dieser Führer durch Wien ist zunächst einmal ein neuer Versuch der Darstellung. Er besteht im wesentlichen aus einer Geschichte Wiens, die durch historische Karten, die das Wachstum der Stadt in den einzelnen Epochen aufzeigen, ergänzt wird. Dazu kommt ein Querschnitt, der wirklich alles enthält, was der Fremde in Wien sehen will und sehen kann: Bauten, Theater, Kulturstätten, selbst die einzelnen Denkmäler. Günther von B a s z e 1, der die Tradition des Wiener Institutes für Bildstatistik weiterentwickelt hat, gestaltet eindrucksvolle Komposition graphischer Darstellung, Zeichnung und Text zu einer Übersicht, die eindrucksvoller ist als langatmige Erklärungen. Für den Text, der ausgezeichnet übersetzt ist, zeichnet Dr. Alois Fischer verantwortlich. Die geschichtliche Darstellung ist vorzüglich. Selbst der Kenner der Geschichte unserer Heimatstadt wird namentlich bei der Ubersicht über die Theatergeschichte noch da und dort kleine Entdeckungen bisher unbekannter Details machen.

Die Widmung des Buches an den unbekannten Besucher im Soldatenkleid aus den angelsächsischen Ländern wird zweifelsohne den Weg zum Herzen derjenigen finden, für die es als kleines Andenken gedacht war. Ein solches Büchlein in deutscher Sprache wäre für unsere Schuljugend zu wünschen, denn aus dieser Kombination von Buch und Bildwerk läßt sich mehr erlernen als aus vielen Stunden trockener Schulvorträge. J. G.

„Englisch für Deutsche — German for Eng-lish“ von E. Anderl. 240 Seiten. Im Verlag Recla, Graz, ist dieses kurz gefaßte Vokabular erschienen, das sowohl deutsch als auch englisch Sprechenden die wichtigsten Worte aus dem täglichen Leben vermitteln will. Eine ganz knappe Zusammenstellung englischer und deutscher Grammatik ist beigefügt.

„There is a time to laugh“ von Mc. Caul Smyth. Verlag Rud. Hans Hammer, Wien. Der aus seinen Radiovorträgen bekannte Dozent bringt in dieser Neuerscheinung eine Sammlung von englischen Anekdoten und Witzen, die dem Unterricht einen würzenden Lesestoff abgeben mögen. Es ist aber vielleicht zu viel verlangt, wenn in einem 80 Seiten langen Bändchen alle Witze geschmackvoll sein sollen.

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