Nach den Turbulenzen rund um die Begnadigung des lefebvrianischen Bischofs Richard Williamson ist der Vatikan weiter um Schadensbegrenzung bemüht: Bei einem Treffen mit Vertretern der „Conference of Major American Jewish Organizations“ bekräftigte Papst Benedikt XVI., dass „jede Leugnung oder Verharmlosung“ der Schoa „untolerierbar und völlig unannehmbar“ sei.
Der beim Treffen mit dem Papst anwesende, aus Wien stammende Rabbi Arthur Schneier, dessen Gemeinde in New York der Papst auf seiner USA-Reise 2008 besucht hatte, würdigte die Absage des Papstes an jedwede Holocaust-Leugnung. Benedikt XVI. kündigte bei der Begegnung mit den Rabbinern erstmals offiziell an, dass er im Mai nach Israel fahren werde.
Sind nun die Turbulenzen zwischen Juden und der katholischen Kirche, welche nach der Schoa-Leugnung durch Williamson ausgebrochen waren, beseitigt? Die Vertreter der „Conference of Major American Jewish Organizations“ meinten nach der Begegnung mit dem Papst, sie sähen „jegliche Zweifel an der Freundschaft von Benedikt XVI. zum Judentum“ ausgeräumt.
Bloß gesteuerte Kontakte?
Dies sieht ein prominenter Vertreter des deutschen Judentums keineswegs so: Rabbiner Walter Homolka, Rektor der Rabbiner-Ausbildungsstätte Abraham-Geiger-Kolleg in Potsdam, meint gegenüber der FURCHE, Rom nehme nur mit bestimmten jüdischen Gruppierungen Kontakt auf – nicht aber mit den großen Repräsentanten des Judentums. So gebe es keine Begegnungen mit Vertretern der drei großen Rabbinerkonferenzen der USA; die Delegation, die letzte Woche beim Papst war, hält Homolka für ebenso wenig repräsentativ wie die „Pave-the-Way“-Foundation, die vom Vatikan immer wieder als Dialog-Partner herangezogen wird. Außerdem gebe es zurzeit keine offiziellen Begegnungen mit dem römischen oder venezianischen Oberrabbiner.
Homolka ortet im Vatikan generell eine geringe Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem europäischen Judentum: „Die Ereignisse der letzten Wochen haben zwischen dem Judentum und Rom zu einem wirklich tiefen Misstrauen geführt, das nicht so ohne Weiteres auszuräumen ist“.
Es nütze nichts, wenn Rom „den einen oder anderen jüdischen Vertreter aus dem Hut“ zaubere. Homolka berichtet auch von „erheblichen Debatten“ in der deutschen Rabbiner-Konferenz, ob man in diesem Jahr an der „Woche der Brüderlichkeit“ teilnehmen solle. Diese Woche Anfang März wird in Deutschland seit mehr als 50 Jahren als zentrale Begegnungsaktivität zwischen Christen und Juden begangen.
Treueid vor Regensburger Bischof
Mittlerweile ziehen die Turbulenzen rund um die Lefebvrianer-Begnadigung weitere Kreise: Der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller hat drei Theologieprofessoren der örtlichen Fakultät gedroht, die Lehrbefugnis zu entziehen: Denn diese hätten eine Petition unterzeichnet, die sich kritisch mit den römischen Vorgängen rund um die Pius-Bruderschaft auseinandersetzt.
Müller sieht darin eine Beleidigung des Papstes und fordert von den dreien in einem auch der FURCHE vorliegenden Schreiben, sich binnen 14 Tagen von der „Petition unzweideutig zu distanzieren, indem Sie sich beim Hl. Vater schriftlich entschuldigen“, sowie vor ihm, Müller persönlich, einen Treueid auf den Papst ablegen. (ofri)
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