Ein schlecht bestelltes bischöfliches Haus

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Franz-Peter Tebartz-van Elst, katholischer Bischof von Limburg, gerät in der deutschen Öffentlichkeit schwer unter Druck.

Es sind Tage, wie das Bistum Limburg sie noch nicht erlebt hat. Schon seit längerem stand der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, in der Kritik, wurden ihm autoritärer Stil und Prunk- und Verschwendungssucht vorgeworfen. Die Situation im Bistum wurde auch vom Vatikan als problematisch eingeschätzt; Papst Franziskus schickte deshalb im September eigens einen Gesandten nach Limburg.

Stein des Anstoßes ist vor allem der Bau des neuen Bischofssitzes, der zunächst auf 2,5 Millionen Euro, später auf 5,5 Millionen Euro veranschlagt wurde. Noch im Juni bezifferte das Bistum die Kosten auf 9,85 Millionen und wies Spekulationen über weit höhere Bausummen strikt zurück. Doch am Montag vor einer Woche platzte die Bombe: Die Kosten für den Bischofssitz sollen nun rund 31 Millionen Euro betragen. Der dreiköpfige Vermögensverwaltungsrat, der für die Kontrolle der Finanzen des Bischöflichen Stuhls in Limburg zuständig ist, kritisierte den Bischof scharf. "Wir sind hinter das Licht geführt worden“, sagte der Sprecher des Gremiums, Jochen Riebel. Obwohl er mehrfach dazu aufgefordert worden sei, habe der Bischof weder Haushalte für 2012 und 2013 noch Einzelprojekte zur Genehmigung vorgelegt, wie es seine Pflicht gewesen wäre, sagte Riebel. "Ich kann es mir nur so erklären, dass der Bischof von Limburg entweder ein raffinierter Betrüger oder krank ist“, fügte der frühere Leiter der hessischen Staatskanzlei hinzu. Einzige Beruhigung: Die Baukosten gehen nicht zu Lasten der Kirchensteuerzahler, sondern werden -bis auf die im Haushalt ursprünglich veranschlagten 2,5 Millionen - vom Bischöflichen Stuhl getragen, eine fast 200 Jahre alte Körperschaft, die über ein ansehnliches eigenes Vermögen (zu Beginn der Baumaßnahme etwa 100 Millionen Euro) verfügt.

Rücktritt des Bischofs gefordert

Die Reaktionen auf die Kostenexplosion: ungläubiges Staunen, Kopfschütteln, Rufe nach Rücktritt. Ob Gremien des Bistums Limburg, der Kirchenrechtler Thomas Schüller, die Reformbewegung "Wir sind Kirche“ oder der Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück: Sie alle forderten den Rücktritt des uneinsichtigen Bischofs, wenn nicht sogar die Amtsenthebung durch den Papst. Ganz anders dagegen der Präfekt der Glaubenskongregation, Erzbischof Gerhard Müller, der bis zuletzt von einer "Medienkampagne“ und "Erfindungen von Journalisten“ sprach.

Tebartz-van Elsts persönliche Tragik besteht darin, dass er sein Amt in Limburg 2008 als Hoffnungsträger angetreten hatte. Er kam - wie sein allseits geschätzter und beliebter Vorgänger Franz Kamphaus - aus Münster, und galt als dialogbereit, weltgewandt und aufgeschlossen. Kaum ein anderer hatte so früh wie er die gewaltigen Umbrüche in den Gemeinden vorausgesehen wie er. So entwickelte er als Professor für Pastoraltheologie in Passau Konzepte für die Zukunft der Seelsorge in größeren "pastoralen Räumen“ und führte im Bistum Münster die Erwachsenenkatechese und -taufe ein, die zum Vorbild für andere Bistümer werden sollte. Noch bis vor wenigen Wochen galt er gar als Favorit für die Nachfolge Kardinal Joachim Meisners in Köln.

Doch diese Zeiten sind vorbei, denn auch die Deutsche Bischofskonferenz rückte in den vergangenen Tagen immer mehr von Tebartz-van Elst ab. Erst recht, als die zweite Bombe platzte: Am vergangenen Donnerstag wurde bekannt, dass die Hamburger Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl gegen den Limburger Bischof beantragt hat - ein in Deutschland einmaliger Vorgang. Hintergrund ist ein Erste-Klasse-Flug nach Indien, den Tebartz-van Elst im vergangenen Jahr angetreten hatte - pikanterweise, um Hilfsprojekte für Arme zu besuchen. Damals hatte der Spiegel behauptet, der Bischof sei erste Klasse geflogen. Tebartz-van Elst bestritt das energisch und gab zwei eidesstattliche Erklärungen ab, die nach dem Ergebnis der staatsanwaltlichen Ermittlungen falsch sind.

Noch am selben Tag übte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, zurückhaltend, aber deutlich Kritik am Limburger Amtskollegen. Zum Strafbefehl meinte er: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich damit weiterleben könnte.“ Ein Bischof müsse auch überlegen, welche Folgen sein Tun habe und welche Wirkung er erziele. Im Hinblick auf die Kostenexplosion bei der Limburger Bischofsresidenz äußerte sich Zollitsch genauso offen.

Unterdessen wurden immer mehr Details des Baus bekannt: von der freistehenden Badewanne für 15.000 Euro über einen Konferenztisch für 25.000 Euro bis zum 100.000 Euro teuren Einbau eines Fensters in der Privatkapelle. Der "Mariengarten“ wurde für 783.000 Euro angelegt, der von weißen Säulen dominierte Lichthof soll weitere 2,3 Millionen Euro verschlungen haben. Darüber hinaus ließen sowohl der Architekt wie der Vermögensverwaltungsrat verlauten, die ständigen Neu- und Umplanungen und Änderungswünsche des Bischofs hätten zu den ganz erheblichen Mehrkosten geführt.

Bewusste Verschleierung?

Damit nicht genug: Nach Berichten des Spiegel und der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung soll Tebartz-van Elst seit Jahren von den hohen Kosten für seine Residenz gewusst, diese aber bewusst verschleiert haben. Auch habe der Bischof die Gesamtsumme in zehn Einzelprojekte gestückelt, die Einzelsummen haben fünf Millionen Euro nicht überschritten und mussten damit nicht dem Vatikan vorgelegt werden. Außerdem drohen dem Bistum weitere Folgekosten wegen erheblicher Schäden an benachbarten Straßen und Hausfassaden.

Zurzeit bilden sich im Limburger Amtsgericht Schlangen austrittswilliger Katholiken. Die Auswirkungen sind auch nicht mehr regional zu begrenzen, sondern betreffen längst ganz Deutschland: Selbst Kanzlerin Angela Merkel verlieh ihrer Sorge über die Belastung für die Katholiken Ausdruck. Die Entscheidung in der Affäre aber steht kurz bevor: Sowohl Tebartz-van Elst wie Erzbischof Zollitsch halten sich zu Konsultationen in Rom auf; Zollitsch will sich am 17. Oktober mit Papst Franziskus treffen. Dann dürfte eine Entscheidung fallen. Noch in dieser Woche nimmt auch die Prüfungskommission der Deutschen Bischofskonferenz ihre Arbeit auf, die die Kosten des Limburger Bauprojekts im Einzelnen überprüfen soll.

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