Ein willkürlicher Gegensatz

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Die Bischofssynode in Rom hat sich offenbar am Kontrast von "Lehre" und "Pastoral" abgearbeitet. "Dieser willkürliche Gegensatz kann nur auftauchen", so der Konzilstheologe M.-D. Chenu 1968, "wenn man in der 'Lehre' ein Begriffssystem sieht, das in einer Reihe abstrakter Aussagen außerhalb von Raum und Zeit besteht." Mit dem Konzil, speziell der Pastoralkonstitution, sei die "ärgerniserregende und sinnlose Unterscheidung von Lehre und Seelsorge beseitigt". Denn: "Die Theologie ist von ihrem Wesen her pastoral, sie ist das angemessene Nachdenken über die Kirche als Heilsgeschehen, das in seinem tatsächlichen geschichtlichen Ort gesehen wird."

Einen einschlägigen Beitrag zum Synodenthema hat der Salzburger Dogmatiker Hans-Joachim Sander vorgelegt. Sander geht von zwei unbestreitbaren Tatsachen aus: dass es die Scheidung sakramentaler Ehen bereits gibt und dass ihre Sakramentalität auch nach der Scheidung durch den Tod bestehen bleibt. Was aber, so fragt Sander, bewirkt die bleibende Sakramentalität einer Ehe, wenn nicht der Tod, sondern das Leben sie scheidet? Es gelte, den "Habitus zu verlassen, der Gott bloß von gelingenden Beziehungen her einführt" und "dem Verzeihen im Ende keinen Raum gibt - weder jenem der Partner noch jenem Gottes über das vor ihm zwar geknüpfte, aber zerrissene Band der Ehe." Die bislang oft unerträglich idealistischen Diskurse über Ehe und Familie in katholischen Kreisen sind übrigens Teil dieses Habitus.

Gottes "Treue zum Bund der Ehe" jedenfalls lasse "dessen Scheitern nicht außen vor". Denn "Gottes Präsenz verhindert das Scheitern nicht, sondern begleitet es." Die Kirche dürfe Trennung schwer machen und auf einem ehrlichen Verzeihen bestehen, "aber sie muss ebenso den Betroffenen das Leben ihrer Trennung leicht machen, indem sie sich als Ort der Verzeihung anbietet."

Der Autor ist katholischer Pastoraltheologe an der Universität Graz

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