Eine Frau als Signal

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Kardinal Joachim Meisner von Köln meinte, dass eine unverheiratete Frau nicht unbedingt Familienbeauftragte sein müsse. Noch dazu für eine Partei, die sich schon im Titel mit dem großen "C" schmückt. Die Äußerung des Kardinals kam zu spät. Kanzlerkandidat Edmund Stoiber hat nach anfänglichem Zögern die innerparteiliche Kritik an der Nominierung seiner Kandidatin zurückgewiesen. Katherina Reiche schien vielen Konservativen unpassend: Sie lebt, wie es heißt, "in wilder Ehe". Die protestantische Politikerin war auch durch etwas anderes aufgefallen, hatte sie doch im Bundestag den Import embryonaler Stammzellen mitinitiiert. Nun hat sich Stoiber also hinter sie gestellt und lässt dem Kardinal bestellen, er möge nicht die Union mit dem Vatikan verwechseln.

Dazu zwei Beobachtungen. Erstens: Der unmittelbare Einfluss der Kirchen auf politische Parteien und damit auch auf politische Entscheidungen wird offenkundig im Eiltempo abgebaut. Selbst bisher bewährte Verbindungen wie die zwischen christlichsozialen Parteien und der römisch-katholischen Kirche tragen nicht mehr uneingeschränkt. Konflikte gehen dabei oft zu Lasten der Kirche. Es ist der Union wichtiger, vor den Wahlen ein Signal in Richtung Frauen und Jugend zu senden, als in Richtung Erzbistum Köln.

Die zweite Beobachtung reicht weiter als bis zum nächsten Wahltermin: Die kirchliche Fixierung der Familie auf Einehe und Kleinfamilie traditionellen Zuschnitts ist zu überdenken. Die Institutionen Ehe und Familie bröckeln seit langem. Trotzdem: Die meisten Menschen leben in verlässlichen und dauerhaften Partnerschaften, die überwiegende Zahl der Kinder lebt mit Eltern und Geschwistern. Aber die Basis des Ganzen ist zunehmend seltener: die Ehe. Nichteheliche Lebensgemeinschaften prägen das Familienleben immer mehr. Vielleicht sollte auch in den Kirchen ein Nachdenken beginnen, ob es nicht ausreichend biblische und theologische Gründe gäbe zu sagen: Familie heißt heute Partnerschaft.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evang. Kirche A.B. in Österreich

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