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Eiszeit in der Ökumene
Kirchliche Optimisten haben den Beitritt der Römisch-katholischen als Vollmitglied in den „Ökumenischen Rat der Kirchen in Österreich” (ÖRKÖ) als das große ökumenische Ereignis des Jahrzehnts gefeiert. Kirchliche Pessimisten hatten eher den Eindruck, daß dieser Beitritt aus einem Tiefpunkt der offiziellen ökumenischen Beziehungen erfolgt ist.
Die Ereignisse der letzten Zeit haben die Pessimisten bestätigt. So sollte der päpstliche Nuntius Donata Sqicciarini und der lutherische Bischof Dieter Knall - im Sinn der Vergangenheitsbewältigung ihrer Kirchen - bei den Befreiungsfeiern im Konzentrationslager Mauthausen gemeinsam ein christliches Zeugnis ablegen. Nach den ökumenischen Gepflogenheiten, die sogar beim letzten Papstbesuch in Osterreich gegolten haben, konnte der lutherische Bischof wohl erwarten, daß dieser ökumenische Gottesdienst nach dem Grundsatz „par cum
Eari”, also in brüderlicher Gleichbe-andlung des Partners erfolgen würde. Das Gegenteil war der Fall. Trotz monatelanger Verhandlungen beharrte der Nuntius darauf, Bischof Knall die Rolle eines „geistlichen Vorspiels” vor der von ihm zu haltenden römisch-katholischen Messe zuzuweisen. Diese öffentliche
Brüskierung zwang den lutherischen Bischof verständlicherweise dazu, seine Teilnahme an der Feier überhaupt abzusagen, was ihm nicht leicht gefallen ist.
Zu einer weiteren Verstimmung hat der Gottesdienst geführt, zu dem die Römisch-katholische Kirche am 15. Mai 1995 in den Stephansdom aus Anlaß der Feiern „50 Jahre Zweite Republik Österreich” eingeladen hat.
Selbstverständlich kann jede I Kirche „ihre” Gottesdienste ab-' halten, aber nach dem Beitritt der RK-Kirche in den ÖRKÖ war doch zu erwarten gewesen, daß offizielle Gottesdienste zu einem Anlaß, einge.
Si der alle Österreicher/innen betrifft, in Form eines „ökumenischen Gottesdienstes gestaltet werden. Als Konsequenz davon hat die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche A. B. beschlossen, daß keiner ihrer Vertreter offiziell an dieser Veranstaltung teilnehmen werde. Evangelischerseits weiß man natürlich sehr gut, daß es unter den Katholiken bis hin zu den Bischöfen viele echt ökumenisch gesinnte Christen gibt.
Der Nuntius allerdings hat seinen lutherischen Bruder im Bischofsamt nicht als „Katholisch augsburgischen Bekenntnisses”, sondern nur als „Halbkatholiken” behandelt.
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