Erinnerung an Jakob Ehrlich

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Manchmal bündeln sich große geschichtliche Themen in einem Leben -und überschatten es dann durch ihre Größe. Ein solches Leben begann vor 140 Jahren. Am 15. September 1877 wurde Jakob Ehrlich geboren, einer der wichtigsten Akteure des österreichischen Judentums. Die Rolle der Juden als Minderheit, Antisemitismus und Zionismus prägten sein Leben.

Schon als Gymnasiast engagierte sich Ehrlich für den Zionismus, bevor dieser eine weltpolitische Bewegung und Wien seine Hauptstadt wurden. 1912 wurde er als einer der ersten Zionisten in die Führung der Wiener Kultusgemeinde gewählt, die mehrheitlich die Anpassung der Juden befürwortete. Ein Jahr später war Ehrlich Vizepräsident des 11. Zionistischen Kongresses in Wien. Im 1. Weltkrieg diente er in osteuropäischen Gebieten unter österreichischer Kontrolle und setzte sich für die dortigen Juden ein. Dieses Engagement setzte er ab 1919 im Wiener Gemeinderat fort, als es um die Anerkennung der Juden als nationale Minderheit ging. Als der Zionisten-Kongress 1925 wieder nach Wien kam, war die Atmosphäre antisemitisch vergiftet. 1933 sondierte Ehrlich in Palästina die Möglichkeit zur Emigration. Anfang 1938 erregte er in Wien Aufsehen, als er Angriffe auf Juden als Attacken auf die österreichische Demokratie geißelte.

Kurz nach der Ankunft deutscher Truppen im März 1938 wurde Ehrlich verhaftet und nach Dachau gebracht, wo er am 17. Mai zu Tode geprügelt wurde. Der größte Schatten über der jüdischen Geschichte beendete ein Leben, das auf die Zukunft gerichtet war. Zehn Jahre später wurde der Staat Israel gegründet. Dort und in den USA, wohin sich Ehrlichs Familie flüchten konnte, erinnern bis heute verschiedene Einrichtungen an ein Leben, das Schlüsselfragen jüdischer Existenz gewidmet war und das nicht vergessen werden sollte.

Der Autor ist Wissenschafter am Institut für Jüdische Theologie der Universität Potsdam

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