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Erinnerungen an Johannes XXIII.

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JOHANNES XXIII.: VERMÄCHTNIS SEINES PONTIFIKATES: Authentische Ausgabe durch Michael C h i n i g o. 345 Seiten, 19.80 DM. Delpsche Verlagsbuchhandlung, München 1965. — JOHANNES XXIII.: ERINNERUNGEN EINES NUNTIUS. Verlag Herder - Freiburg-Basel- Wien. 132 Seiten.

Wenige Jahre erst sind seit dem Tode Papst Johannes’ XXIII. vergangen. Eine seiner großen Unternehmungen, das Konzil, ist vor wenigen Wochen zu Ende gegangen. Was Johannes war, was er für die Kirche und für die Menschheit bedeutete, wird langsam sichtbar. Es ist verständlich, daß man sich dem einmaligen Phänomen dieses Mannes auf verschiedenen Wegen zu nähern versucht. Das, was Johannes war, will man unter anderem auch dadurch ergründen, daß man beschreibt, wer er war und wie er war. Die beiden vorliegenden Bücher versuchen nun auf Grund der schriftlichen Zeugnisse, die dieser Papst hinterlassen hat, ein plastisches Bild dieses Mannes zu geben. Nun war das Medium, durch das Johannes gewirkt hat, nur in geringem Maße das der Schrift, wenn wir von seinen großen Enzykliken absehen. Es war sein Beispiel, seine persönliche Ausstrahlung, seine Unmittelbarkeit, seine Güte, dadurch hat er gewirkt, dadurch hat er der Kirche ein neues Gesicht gegeben. Aus dem geschriebenen Wort allein wird man das Wesen dieses Mannes nicht erschöpfen können. Johannes war kein literarisches Phänomen.

Das beweisen auch die beiden Bände. Michael Chinigo bringt nach Sachgebieten geordnet Äußerungen des Papstes zu verschiedensten Fragen, über das Konzil, über die Kirche, über das innere und äußere Leben des Menschen, über Natur und Berufstände. Vieles, was hier gesagt wird, ist eingebettet in den traditionellen Rahmen päpstlicher Äußerungen. So hätte es jeder andere Papst auch sagen können. Nur manchmal, dort, wo Johannes durch persönliche Beziehungen, durch Erlebnisse und Erinnerungen angesprochen erscheint, dort bricht auch seine eigene Sprache durch. Das Verdienst der vorliegenden Sammlung liegt darin, daß sie es gestattet, Äußerungen und Stellungnahmen des Papstes nach verschiedensten Sachgebieten rasch zu finden. Wer Zitate braucht, findet sie hier in großer Menge. Ein großer Teil der hier gesammelten Äußerungen stammt aus den großen Enzykliken des Papstes. Es werden aber auch Reden, Ansprachen und Gespräche angeführt. Leider vermißt man den Hinweis, an wen diese Ansprachen gehalten wurden, mit weit der Papst diese Gespräche geführt hat. Das zu wissen, ist für die Beurteilung der Ansprachen und Gespräche nicht unwichtig. Vielleicht wäre es auch besser gewesen, Hinweise gleich am Ende der Textstellen zu geben und nicht erst in den Anmerkungen. Einige störende Kleinigkeiten hängen mit der Übersetzung des italienischen Textes zusammen. So wird einmal ein gewisser Giuseppe Flavio zitiert, hinter welchem Namen man nicht sofort den großen jüdischen Geschichtsschreiber zur Zeit Christi, Flavius Josephus, vermuten würde. Es ist kein Zufall, daß die Persönlichkeit des Papstes am stärksten in jener Stelle des Vorwortes zur Geltung kommt, wo noch einmal genau die Begegnung Johannes mit dem Ehepaar Adschubej geschildert wird.

Schon einen etwas näheren Einblick in das Wesen des Menschen Roncalli gewährt der zweite Band, der unter dem etwas großspurigen Titel „Erinnerungen eines Nuntius” erschienen ist. Es handelt sich hier nicht um die Erinnerungen des Nuntius Roncalli, sondern um Ansprachen, Reden und Briefe des späteren Papstes während seiner Tätigkeit als Nuntius in Paris. Hier lernen wir einen sehr lebendigen Geist kennen, vor allem in seinen Briefen, aber auch bei seinen offiziellen Ansprachen, die bei allem diplomatischen Beiwerk und bei aller diplomatischer Routine immer noch den Menschen herausspüren lassen. Auch bei diesem Buch sind leider wichtige Hinweise, vor allem, wer die Empfänger der Briefe waren, nicht im Text, sondern erst in den Anmerkungen enthalten. Einige sprachliche Ungenauigkeiten, so etwa, wenn „in ne- cessariis unitas” mit „in nebensächlichen Dingen Einheit” wiedergegeben wird, sind gewiß nicht dem Nuntius Roncalli, sondern der Übersetzung zuzuschreiben.

Beide Bücher sind Früchte des allgemeinen Interesses, das dem Leben des großen Papstes entgegenge- b-acht wird. Sie sind darüber hinaus Materialsammlungen für spätere eingehende Publikationen. Sie versuchen, mit mehr oder weniger Erfolg, auf Grund schriftlicher Zeugnisse, uns das Leben eines Mannes näherzubringen, dessen Wirkung vor allem auf seiner persönlichen Ausstrahlung und jenem schwerbe- schreibbaren Fluidum beruhte, das Millionen Menschen in ihm und durch ihn eine neue Kirche ahnen ließ.

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