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„Erkennt die Zeichen der Zeit!“

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Die Delegierten der Katholischen Aktion aus allen Dekanaten und Pfarren der Diözese Eisenstadt versammeln sich am ersten Adventssonntag in der burgenländischen Landeshauptstadt zum 3. Diözesantag. Dieser erste Diözesantag der Katholischen Aktion nach der Errichtung der Diözese im Jahre 1960 steht ganz im Zeichen des Erbes und der Spiritualität Papst Johannes' XXIII. Die Katholiken der Diözese Eisenstadt verdanken Papst Johannes die Erhebung ihres Kirchengebietes in den Rang einer Diözese. Viele Mitarbeiter der Katholischen Aktion der Diözese Eisenstadt haben Papst Johannes bei der diözesanen Pilgerwallfahrt nach Rom aus Anlaß der Diözesanerhebung kennengelernt.

• Papst Johannes XXIII. hat in seiner Konzilsrede vom 11. Oktober 1962 erklärt, man müsse aus der Geschichte lernen, um die „Zeichen der Zeit“ besser verstehen zu können. Wenn die Katholische Aktion der Diözese Eisenstadt als Leitgedanken des 3. Diözesantages „Erkennt die Zeichen der Zeit!“ gewählt hat, dann wollte sie sich das historische Denken und die Apostolatsmentalität Johannes' XXIII. aneignen und für die Kirche im Burgenland, für ihr Pastoral- und Laienapostolat, fruchtbar machen. Die Geschichte der Apostolatsbewegungen im österreichischen Raum und die, wenn auch kurze Geschichte der Katholischen Aktion seit 1945 gilt es im Geiste Johannes' XXIII. zu deuten. Weder das Klagen über die Vergangenheit noch die Prolongierung der Vergangenheit führen zum Verstehen der Gegenwart, sondern einzig und

tion daran hindern, dann ist sie verpflichtet, eine weise „Flurbereinigung“ in ihrer Apostolats- und Organisationsstruktur vorzunehmen. Dabei kann es nicht um eine modische oder opportunistische Zeitanpassung gehen, sondern eben um ein Aggiornamento, das der Förderung des Apostolats in der modernen Welt dient.

Nach einem Wort Pauls VI. liegt die Hauptaufgabe der Katholischen Aktion in der Förderung des Apostolats in der modernen Welt. Weil die Katholische Aktion mitten im Strom des kirchlichen Lebens steht, kann sie sich nicht als Selbstzweck betrachten, vielmehr muß die Katholische Aktion sich neu auf die Spiritualität des kirchlichen Laienapostolates besinnen und sich für neue Strukturen in ihrem Apostolatseinsatz offenhalten.

Bei den Vorbereitungsarbeiten für den Diözesantag in Eisenstadt wurde erkannt, daß für eine nachkonziliäre Katholische Aktion die Weckung und Vertiefung des Ethos des Apostolats, das im Sinn des Konzils mit „Dienstgesinnung“ umschrieben werden muß, von größter Tragweite ist. Von der Dienstgesinnung beseelte Laien sind für die Katholische Aktion von schicksalhafter Bedeutung, weil nur durch solche Laien das Apostolat in der modernen Welt gefördert und vorangetragen werden kann. Durch eine qualifizierte Apostolatsausbildung, die ein besonderes Anliegen des burgenländischen Diözesanbischofs ist, sollen die Laien in der Katholischen Aktion die seinsmäßigen und spirituellen Voraussetzungen für ihr apostolisches Engagement erhalten. Daher will der Diözesantag zu einem neuen Stil in der Apostolatsschulung ermuntern und den Inhalt der Apostolatsbildung stärker vom Ethos des Apostolats her bestimmen.

Auf den einzelnen kommt es an

Nicht weniger bedeutsam war die Erkenntnis, daß das Aggiornamento des kirchlichen Laienapostolats mit prophetischen Charismen steht und fällt. Diese christliche Nüchternheit ist geboten, um sich keiner Täuschung hinzugeben und zu meinen, das Aggiornamento könnte allein durch eine erfinderische Ratio und organisierte Maßnahmen bewältigt werden. So entscheidend dabei die Phantasie und die Disposition zum Experiment auch sind, so darf gerade die übernatürliche Gnadengabe nicht übersehen werden. Das

Aggiornamento im Bereich des kirchlichen Laienapostolats muß also teilhaben am „pfingstlichen Aufbruch“ der Kirche der Gegenwart, dann wird auch das denkerisch und soziologisch fundierte Bemühen nicht ohne Effekt bleiben.

Die selbstkritische Beleuchtung der Strukturen der Katholischen Aktion als Organisation des Laienapostolats weckte die Einsicht, daß in der Zukunft im Wirken der Katholischen Aktion die personale und missionarische Dimension des Laienapostolats stärker zum Tragen kom

men muß. Nicht der „Funktionär“ ist die Schlüsselfigur zum Apostolat, sondern die christliche Laienperson, die sich durch das Heilshandeln Gottes angerufen weiß und die personale Antwort auf die Einladung Christi gibt. Das Apostolat verlangt ein personales Engagement an der Apostolatsfront und nicht bloß eine Funktiönärstätigkeit im"" Rahmen einer Organisation. Das Apostolat, das Anteil an der Evangelisation der Kirche und an dem Dialog der Kirche mit der weltanschaulich pluralistischen Gesellschaft haben will, bedarf der Mobilisierung der personalen Potenzen, sonst sinkt es auf das Niveau einer Propaganda- und Reklameorganisation. Darum würde ein Apostolat, das sich größtenteils auf der institutionellen Ebene und in Büros ereignet, die personale Dimension vernachlässigen. Die För-

derung des Apostolats in der modernen Welt im notwendigen Ausmaß wäre damit fragwürdig geworden.

Damit wird der einzelne zu einer wichtigen Kategorie im Apostolats

gefüge der Katholischen Aktion. Wenn nun dieser einzelne in ein überschaubares Apostolatsteam integriert und dort personal in Anspruch genommen wird, kommt gleichzeitig die missionarische Dimension der Katholischen Aktion zur Auswirkung. Hier stoßen wir auf jene personale und missionarische Dimension des Laienapostolats, wie sie der heilige Clemens Maria Hofbauer sah und verwirklichte. Die Besinnung auf das Erbe und die Apostolatsmethoden dieses großen österreichischen Heiligen würde dem Laienapostolat in unseren Landen wahrhaftig neue Impulse geben. Ein Laienapostolat, verstanden als eine Summe von qualifizierten Laienteams, die das eigentliche Apostolatspotential darstellen, dürfte zweifelsohne zukunftsweisend sein.

Darum will sich die Katholische Aktion im Burgenland nach dem Diözesantag stärker auf den Aufbau von Primärgruppen konzentrieren, deren wichtigste Aufgabengebiete der persönliche Kontakt, die Begegnung und das Gespräch mit den Menschen der Umwelt sind. In diesem Zusammenhang hat die Überprüfung der bisherigen Apostolatsmethoden ergeben, daß, durch die Übernahme von Strukturelementen der Vereinsperiode und der Jugendbewegung, die Großgruppen seit 1945 der Katholischen Aktion das Gepräge gaben und heute noch geben. Damit wurde die Katholische Aktion in eine Gettosituation gedrängt, die heute zu einem Immobi- lismus angesichts Unserer Übergangs- und Umbruchsgesellschaft führen kann. Das Aggiornamento in der Gruppenarbeit der Katholischen Aktion soll daher, den Bedürfnissen der Zeit entsprechend, Menschen, die keine organisatorische Bindung eingehen wollen, die Möglichkeit geben, sich in informellen und überschaubaren kleinen Kreisen zur Aussprache und zur Bildung zusammenzufinden.

Kein Allerweltsrezept möglich

In vielen in letzter Zeit geführten Diskussionen kam man zum Ergebnis, daß auf Grund des einschneidenden gesellschaftlichen und kulturellen Wandöls, der sich zur Zeit im Burgenland vollzieht, keine Rezepte erarbeitet werden können, die für jede Situation, jedes Milieu und alle Gebiete und Pfarren gelten. Will die Katholische Aktion den „Sitz im Leben“ haben, muß sie sich zu einem Pluralismus in den Apostolats- und Gruppenmethoden bekennen und ihn in ihrem Organisationsgefüge dulden. Wichtig ist dabei die Spiritualität der Laien, die ständige Beobachtung der Veränderungen der gesellschaftlichen Umwelt, ein gutes Verhältnis zum Seelsorgeklerus, die Einordnung aller Initiativen in ein Gesamtkonzept des kirchlichen Apostolats der Diözese und Priester als Spirituale für die Apostolatsteams der Laien.

Weil das kirchliche Laienapostolat einen kirchenamtlichen Auftrag erhalten hat, muß dieses auch das gesamtkirchliche Wollen widerspiegeln, von der Dynamik der Kirche erfüllt sein und den missionarischen Auftrag der Kirche mitvollziehen. Wenn die Signatur der Kirche der Gegenwart die Reformfreude und die Leidenschaft zum Aggiornamento ist, dann kann das kirchliche Laienapostolat seinen Auftrag nicht bloß „verwalten“ und sich mit den bisher errungenen institutionellen Positionen begnügen, sondern muß mit der kirchlichen Führung immer neu und wagemutig die Netze des Apostolats auswerfen.

Spirituelle und intellektuelle Redlichkeit, die in der Bibel und im Buch der Gesellschaft, wie Kardinal Suchard sagte, zu lesen weiß, wird den Kairos des kirchlichen Laienapostolats treffen und ein recht verstandenes Aggiornamento zum Segen der Kirche und der Gesellschaft in die Wege leiten. Die nachkonziliare Zeit wird alsbald an die Pforten der Lokalkirchen und an die Büros der Laienapostolatsorganisationen pochen und ein konkretes Handeln nahelegen. Bis dahin ist die Stunde der Vorbereitung, damit die Stunde des Einsatzes dann nicht wieder hinausgeschoben werden muß. Als Vorbereitung zum nachkonziliaren Einsatz in der Seelsorge und im Laienapostolat will der 3. Diözesantag der Katholischen Aktion der Diözese Eisenstadt verstanden werden.

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