Erschöpft, emanzipiert, ernüchtert

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Einen "Stillstand in Frauenfragen" ortet die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) - und fordert die gleichberechtigte Teilhabe an der katholischen Kirchenleitung. Indes bereiten sich Frauen gezielt auf kirchliche Weiheämter vor.

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Einen "Stillstand in Frauenfragen" ortet die Katholische Frauenbewegung Österreichs (kfbö) - und fordert die gleichberechtigte Teilhabe an der katholischen Kirchenleitung. Indes bereiten sich Frauen gezielt auf kirchliche Weiheämter vor.

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Zehn Jahre sind vergangen, seit ein pinkes Faltblatt mit zehn "Frau-Kirche-Thesen" im gesamten deutschen Sprachraum für mehr weibliche Mitbestimmung warb: Ein ganzheitliches Gottesbild wurde anvisiert, das Frauen-Einheits-Bild der Jungfrau oder Mutter kritisiert und ein Ende des Tabus vom Diakonat und Priestertum der Frau gefordert. Gemeinsam mit den katholischen Frauenverbänden Deutschlands, Bozen-Brixens und der Schweiz wollte die Katholische Frauenbewegung Österreichs - mit rund 200.000 Mitgliedern hierzulande die größte kirchliche Einzelorganisation - "zum Gespräch auffordern und zum Handeln herausfordern".

Ein Jahrzehnt danach fällt die Bilanz der damaligen Vorsitzenden, Ingrid Klein, "nicht gerade berauschend" aus: Zwar seien Frauen in der katholischen Kirche heute als "gleichwertig" anerkannt, doch "gleichberechtigt" und "eigenständig" seien sie deshalb noch lange nicht. "Sicher wurde das traditionelle Frauenbild der Jungfrau, Mutter, Hausfrau und Dienerin aufgebrochen", meinte Klein, "aber ebenso wird das marianisch überhöhte Mutterbild für Schuldzuweisungen weiterhin verwendet."

Vor allem in der Pastoral sei die Situation der Frauen nach wie vor unbefriedigend, kritisierte die kfbö-Vorsitzende der Jahre 1987 bis 1999. Würde ihr Dienst in den meisten Pfarren, in Krankenhäusern und Schulen bereitwillig angenommen, so gebe es dennoch "keine weiterführende, ernsthafte Auseinandersetzung um die Weiheämter der Frauen". Trotz positiver Entwicklungen wie der größeren Sprachsensibilität ("Schwestern und Brüder") sowie der Erledigung der "peinlichen" Ministrantinnenfrage fällt Kleins Resümee düster aus: "Gesamtkirchlich orte ich derzeit einen Stillstand in Frauenfragen - ähnlich wie im politisch-öffentlichen Raum. Als Bilanz könnte man sagen: erschöpft, emanzipiert, ernüchtert."

Optimistischer zeigt sich dagegen die derzeitige Vorsitzende der kfbö, Margit Hauft. Ihr Motto: "Bis hierher und trotzdem weiter." Schritt für Schritt müssten die Vorstellungen von Mitsprache, Mitentscheidung und Mitwirkung der Frauen in der Kirche verwirklicht werden - "nicht mit Känguru-Sprüngen, denn die sind sehr unfallträchtig." Die Wunschliste der Frauenbewegung ist lang: So fordert Hauft in allen Diözesen Frauenkommissionen, die jedoch keine "Alibi-Gremien" darstellen dürften und beratende Funktion haben sollten. Bisher gibt es solche Einrichtungen in den Diözesen Linz, Salzburg, Innsbruck, Feldkirch, Graz-Seckau und Eisenstadt. Auf Österreichebene sollte eine Frauenkommission nach Schweizer Vorbild auch als Beratungsgremium der Bischofskonferenz fungieren.

Gefordert wird ebenso ein offiziell anerkannter "Frauenleseplan" mit frauenrelevanten Bibelstellen. In Zeiten, in denen der Dialog groß geschrieben werde, könne schließlich auch kein "Rede- und Denkverbot" über die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern akzeptiert werden - wobei man sich "ohnehin nicht daran gehalten hat", meinte die kfbö-Vorsitzende. "Wir wissen, dass es etwa zum Amt der Diakonin aus Rom verschiedene Aussagen gibt. Warum soll uns die Weihe versagt bleiben in Bereichen, in denen wir schon arbeiten?" Sakramente seien zudem kein Frage des Prestiges, sondern Zeichen der Stärkung. Die von der Plattform "Wir sind Kirche" angebotenen Weihevorbereitungskurse für Frauen sind jedoch nicht der Weg der kfbö, stellte Hauft fest.

Wünsche gibt es freilich nicht nur an die Kirchenleitung, sondern auch an die Politik: Sie reichen vom eigenständigen Frauenministerium bis zur eigenen Altersversorgung für Frauen. Auch die Kritik des UNO-Frauenberichtes, wonach die Rollenverteilung in Österreich zu traditionell sei, könne man teilen. Trotz aller Rückschläge: Die Zeit der großen kirchlichen Laienbewegungen ist nicht vorbei, gibt sich Hauft überzeugt: "Frauenbewegung heißt Hände falten und den Mund aufmachen, frei nach dem Motto ,bewegt - beherzt - begeistert.'"

An Begeisterung fehlt es auch jenen 24 Frauen nicht, die sich seit 1999 in Linz, Innsbruck und Wien auf Weiheämter in der römisch-katholischen Kirche vorbereiten - und das gegen jede Aussicht auf Erfolg, wie der Ausbildungsleiter der Erzdiözese Wien für den Ständigen Diakonat, Johannes Fichtenbauer, versichert: "Ich kann ziemlich authentisch sagen, dass es bei der zuständigen theologischen Kommission im Vatikan keine Überlegungen zum Ständigen Diakonat für Frauen gibt." Der Grund liegt nach Fichtenbauer in der Tatsache, dass im 2. Vatikanischen Konzil die Einheit des einen Weihesakraments bestimmt worden ist. Deshalb würde eine Zulassung von Frauen zur Diakonweihe den Bestimmungen für die Priesterweihe widersprechen. "Und dass das Weihesakrament als ganzes für die Frauen geöffnet wird, ist kein Thema - jedenfalls nicht mehr in diesem Pontifikat." Auch das Kirchenrecht spricht eine klare Sprache: So ist nach Kanon 1024 des kirchlichen Gesetzbuches die Weihe einer Frau sowohl unerlaubt als auch ungültig.

Zweckoptimismus Trotz dieser Sachlage und trotz der definitiven Ablehnung der Frauenordination in den päpstlichen Dokumenten "Inter insigniores" (1976) und "Ordinatio sacerdotalis" (1994) verfolgen die Frauen in den Kursen der Plattform "Wir sind Kirche" beharrlich und optimistisch ihr Ziel, weiß die Innsbrucker Kurs-Leiterin Martha Heizer: "Wie lange es dauert, bis die Zustimmung zur Frauenordination in den höheren Klerus vordringt, steht noch in den Sternen. Aber in der Bevölkerung ist unheimlich viel passiert."

Angeregt durch die männlichen Diakone, die bereits vor ihrer Zulassung mit einer Ausbildung begonnen haben, wollen die Frauen "so weit sein, wenn es so weit ist." Zwar würden manche versuchen, nach dem Vorbild anderer Kirchen die Weihe auch "contra legem" (gesetzeswidrig) zu erreichen, doch sei die Plattform eher an einer Kirchenrechtsänderung interessiert - um sich in keine Außenseiterposition zu begeben. Die Mehrzahl der sechs Frauen ihrer Gruppe seien Pastoralassistentinnen, erklärt Heizer, selbst Assistentin am Institut für Religionspädagogik der Uni Innsbruck. Doch auch eine Altkatholikin nehme teil. Drei Jahre lang setzen sich die Frauen mit Sakramentenspendung und Liturgie auseinander, erarbeiten den Umgang mit Konflikten und vertiefen ihre Spiritualität. Gebe es mit der Bischofskonferenz "eigentlich keinen Kontakt", so erachte der zuständige Diözesanbischof Alois Kothgasser das Unternehmen als "sehr positiv - solange wir uns innerhalb der Kirche bewegen und eine abwartende Position einnehmen", schildert Heizer das Verhältnis. Im Juni dieses Jahres erhofft man sich indes neuen Motivationsschub: In Dublin treffen sich Frauen, die sich berufen fühlen, zu einer internationalen Konferenz ("WOW - Women's Ordination Worldwide").

Nicht nur in der römisch-katholischen Kirche wurde und wird die Frage der Frauenordination kontroversiell diskutiert: So hat sich die Kirche von England nach heftigen Debatten 1992 für die Priesterweihe von Frauen ausgesprochen und 1994 erstmals 32 Frauen geweiht. Der Vatikan verurteilte die Entscheidung der Kirchensynode; zahlreiche konservative Gläubige, Priester und Bischöfe wurden in der Folge katholisch. 1997 hat auch die altkatholische Kirche Österreichs Priesterinnen zugelassen. Ein Jahr später wurden mit Elfriede Kreuzeder und Karin E. Leiter die ersten altkatholischen Priesterinnen geweiht.

Anders gestaltet sich die Situation in der Orthodoxie: Erst kürzlich hat der Wiener griechisch-orthodoxe Metropolit Michael Staikos bekräftigt, dass das Frauenpriestertum "nicht zur Diskussion" stehe. Eine Revitalisierung des Frauendiakonats schloss er jedoch nicht dezidiert aus.

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