Erstmals nach der Schoa

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"Wenn nicht jetzt, wann dann?", hat sich einer der drei Rabbinerstudenten, die am 14. September in Dresden ihre Ordination erhalten, zum Motto gewählt. Hillels Appell aus den "Sprüchen der Väter" bekommt eine ganz eigene Bedeutung, wenn das Abraham Geiger Kolleg und der Zentralrat der Juden in Deutschland in wenigen Tagen die erste Rabbinerordination seit der Schoa durchführen können. Die letzte Ordination dürfte 1940 erfolgt sein. Charlotte Knoblauch, Präsidentin des Zentralrats, sieht der Ordinationsfeier mit Freude entgegen. "Religion wie überhaupt Traditionen sind für die mentale Verfasstheit unserer Gemeinschaft unerlässliche Quellen der Lebensenergie", sagt sie. "Dank der Ordination kommen wir unserem Ziel wieder ein Stück näher, jüdisches Leben in all seinen Facetten in den jüdischen Gemeinden zu etablieren."

Das genau war auch das Anliegen Abraham Geigers (1810-74), des Namensgebers des einzigen Rabbinerseminars im deutschsprachigen Raum: "Aus dem Judentum heraus die Judenheit neu und frisch belebt zu gestalten." Das nach ihm benannte Rabbinerseminar erfüllt eine Hoffnung, die Abraham Geiger um 1830 formulierte: "Wenn doch einst ein jüdisches Seminar an einer Universität errichtet würde, wo Exegese, Homiletik und für jetzt noch Talmud und jüdische Geschichte in echt religiösem Geiste vorgetragen würde; es wäre die fruchtbarste und belehrendste Anstalt!" Im Blick stand damals wie heute ein grundsätzliches Anliegen: "Die Gleichberechtigung des Judentums mit den anderen Konfessionen."

Was für Geiger das Ziel all seiner Bemühungen war, ist heute noch der Testfall für gelungene Integration: die Verortung der Ausbildung zum jüdisch-geistlichen Amt im Raum des staatlichen Hochschulwesens. Hier bleiben noch einige Wünsche offen, für das Judentum ebenso wie für andere Religionen.

Der Autor leitet das Abraham Geiger Kolleg in Potsdam.

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