„EU-Diplomatie nicht Großen überlassen“

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Karl Schwarzenberg glaubt auch bei einem Wahlerfolg nicht, dass er neuerlich tschechischer Außenminister wird – für die EU hat er trotzdem Rat parat.

Als tschechischer Außenminister war Karl Schwarzenberg vor einem Jahr EU-Ratspräsident – der vorletzte in dieser Funktion. Nach ihm erfüllte nur noch Schwedens Außenminister Carl Bildt diese Rolle – beide übrigens mit Bravour und begleitet von weltweiter Aufmerksamkeit. Seit Inkrafttreten des Lissabon-Vertrages vertreten Catherine Ashton als EU-Außenministerin und Herman Van Rompuy als EU-Ratspräsident die Union nach außen. „Ich bin noch nicht draufgekommen, was damit besser geworden ist“, kommentiert Schwarzenberg die Umstellung auf die ständigen EU-Vertreter.

Anders, kleiner geworden ist jedenfalls Schwarzenbergs Aktionsradius. Vor einem Jahr pendelte er als EU-Ratspräsident zwischen Sharm El Sheik, Kairo und Jerusalem (Gaza-Krieg), Moskau (Erdgasblockade) und Washington (Wirtschaftskrise). Jetzt machte Schwarzenberg nach der Hochzeitsfeier seines Sohnes am Wochenende im steirischen Neuberg an der Mürz auf dem Weg nach Prag einen Zwischenstopp in Wien. Hier traf er sich am Montagabend mit dem Verband Europäischer Journalisten (AEJ) – das Gespräch beherrschten der Wahlkampf in Tschechien und die neu aufgestellte EU.

Zusammen gegen Ashtons Pläne

Auf die Umstellungen in den EU-Strukturen weiter Bezug nehmend, warnte Schwarzenberg, dass die kleinen EU-Mitgliedsländer bei der Bildung des neuen Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) ausgeschlossen werden und an außenpolitischem Einfluss verlieren: „Wir müssen aufpassen, dass sich die Großen das nicht unter sich ausmachen – und wir können dann zuschauen.“ Schwarzenberg plädierte dafür, dass sich die kleinen Mitgliedsländer, darunter Österreich und Tschechien, in dieser Frage zusammenschließen. Am nächsten Tag meldeten Brüssel-Korrespondenten, dass dieser Ratschlag beim EU-Außenministertreffen ventiliert wurde und sich Österreich und zehn weitere Staaten gegen die EAD-Pläne von Ashton in Stellung bringen.

Anders als vor einem Jahr, als der Streit um den Lissabon-Vertrag zwischen tschechischer Regierung und Präsident Václav Klaus die Öffentlichkeit polarisierte, ist die EU im tschechischen Wahlkampf „kein Thema“, sagt Schwarzenberg: „So wie andere Europäer, ärgern sich auch die Tschechen über ständig neue Vorschriften aus Brüssel – doch der Lissabon-Vertrag ist Schnee von gestern.“

Auch die von Klaus unterstützten EU-skeptischen Parteien spielten in Tschechiens derzeitigem Parteiengerangel keine Rolle. Und Klaus halte sich aus dem Wahlkampf raus. „Seine Stunde kommt erst bei der Kabinettsbildung“, sagt Schwarzenberg und zeigt sich überzeugt, dass der bürgerliche Präsident nach den Parlamentswahlen Ende Mai nichts gegen die Ernennung eines sozialdemokratischen Premiers vorbringen werde. JirÇí Paroubek und seine tschechischen Sozialdemokraten (CSSD) liegen derzeit in Umfragen bis zu zehn Prozent vor der einstigen Klaus-Partei ODS, von der sich der Präsident nach dem Pro-EU-Schwenk des früheren Premiers Mirek Topolánek losgesagt hat.

Ansage gegen Korruptionspolitik

Schwarzenbergs im Vorjahr gegründete „konservative Partei mit einem zugegebenermaßen sehr umweltbewussten Programm“ TOP 09 trauen die Demoskopen 13 Prozent der Stimmen und damit Platz drei zu. Gründe für diesen Senkrechtstart sind zum einen die Person des Parteichefs: Schwarzenberg gehört zu den beliebtesten Politikern des Landes. Zum anderen wurde TOP 09 als Ansage gegen die von Korruptionsskandalen gebeutelte politische Elite in Tschechien gegründet. „Immer wenn unser Wahlkampf müde wurde“, sagt Schwarzenberg, „haben uns Paroubek und Topolánek mit ihren Skandalen geholfen – die beiden haben für den Erfolg von TOP mehr getan als wir.“

Der TOP-Chef gibt aber zu, dass die Eigenverpflichtung, Parteispenden zu veröffentlichen, das Wahlkämpfen nicht leicht macht. Totale Offenlegung der Geschäfte bei öffentlichen Aufträgen und Bekanntgabe der Letztbegünstigten bleiben über die Wahl hinaus TOP-Forderungen. Dass er es damit in eine Regierung schafft, glaubt Schwarzenberg nicht. Vom weiteren Wahlkampf erwartet er sich, dass „sämtliche Senkgruben und Kanäle geöffnet werden“. Zur Ehrenrettung der Tschechen muss man jedoch hinzufügen: Ihr Wahlkampf dauert neun Monate und, so Schwarzenberg, „in neun Monaten bringen nur Frauen was G’scheites zusammen“.

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