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Gäbe es einen Kleinkunstpreis für Pressemitteilungen, Hans Hermann Groer hätte ihn gewonnen. Seine Fünf-Zeilen-Erklärung von letzter Woche war ein Scherzchen erster Güte. Groer bat darin nicht die um Verzeihung, denen er vielleicht geschadet hat, sondern "Gott und die Menschen". Und das auch nur in zarter Möglichkeitsform: "... wenn ich Schuld auf mich geladen habe". Ein rätselhafter Umgang mit der Schuld. Liegt sie vor, warum wird sie dann nicht eingestanden? Liegt sie nicht vor, warum dann die Vergebungsbitte?

Aber Groers Text ist präziser als es scheint. Er dient seinem Zweck sehr gut, man muß ihn nur zu lesen wissen. Wie Nuntius Donato Squicciarini zum Beispiel. "Wer den Text verstehen will, kann ihn verstehen", sagte der Kirchendiplomat.

Das ist in der Tat der Schlüssel zur Interpretation: Jeder darf die Erklärung lesen, wie er will. Für seine Kritiker gibt Groer andeutungsweise zu, was die Spatzen von den Dächern pfeifen. Aus der Sicht seiner Anhänger aber bleibt er weiterhin über jede Schuld erhaben.

Für letztere freilich müssen die vom Papst verhängten Sanktionen wie Keulenschläge wirken: Amtsverzicht und Verbannung ins Ausland. Der Nuntius nährt ihre Empörung. Das seien Maßnahmen "zum Wohle der Kirche und der Gesellschaft", in der Sache selbst gebe es "keine Beweise".

Der Papst hat also eine Sanktion verhängt, ohne zuvor die Schuld zu benennen. Das ist gefährlich. In den Augen des Groer-Lagers geraten damit auch jene Bischöfe ins schiefe Licht, die sich zuletzt offen für eine Lösung der Causa Groer eingesetzt haben. Was jüngst in einem bunten Protestbrief stand, dürfte für gar nicht wenige Katholiken die nächstliegende Lesart sein: "1 Kardinal - 3 Bischöfe - kreuzigen einen Menschen, damit die tobende Masse ihren ungerechten Sieg hat." Die Bildsprache der Passion belegt: Groer ist zum Märtyrer geworden. Eine Versöhnung der Lager rückt in weite Ferne.

Die römische Kirchenleitung könnte von der Feuerwehr lernen: Großfeuer wie Schwelbrände bringt man nicht unter Kontrolle, indem man sich diplomatisch auf "Feuer aus!" einigt. Sondern indem man sie löscht.

Der Autor ist Religionsjournalist im ORF-Fernsehen.

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