Gefühle -am Rand eines Dramas
Wie schön, könnte das 70-Jahr-Jubiläum Israels auch ein Anstoß sein, die eigene Haltung (Besetzungspolitik, Siedlungsbau, Demütigungen ) zu überprüfen und Gesten zu setzen!
Wie schön, könnte das 70-Jahr-Jubiläum Israels auch ein Anstoß sein, die eigene Haltung (Besetzungspolitik, Siedlungsbau, Demütigungen ) zu überprüfen und Gesten zu setzen!
Vermutlich ist der (auch selbstkritische) Vorwurf nicht falsch, ich würde in Konflikten allzu schnell dem Schwächeren meine Sympathien schenken. Und somit den Blick für das "Objektive" verlieren.
Belege dafür gibt es. Zum Beispiel: meine langjährige Begeisterung für das kleine, bedrohte Israel - bis es sich in Kriegen aus der Umklammerung seiner arabischen Nachbarn befreien konnte. Das dank seines Überlebenswillens, seiner strategischen Klugheit und massiver US-Hilfen.
Und natürlich hat auch das schlimme Versagen unserer eigenen Elterngeneration dazu beigetragen, den jüdischen Staat für mich unverzichtbar zu machen.
Derselbe emotional gesteuerte Blick hat später meine Anteilnahme am Schicksal der Palästinenser beflügelt - in Gaza, im Westjordanland und in Jerusalem. Hat auch meine Hoffnung bestärkt, dass gerade Israel aus seiner furchtbaren Erfahrung und aus der Entschlossenheit, die eigene Zukunft zu sichern, nicht auf Mitgefühl und politische Kompromissfähigkeit verzichten würde. Und auf Verständnis, dass sich Menschen, die als "radikal" gelten, ja aus ihrer jahrzehntelangen Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit radikalisiert haben.
Wie oft war ich auch selbst dabei und voller Hoffnung, wenn erste Samen in Richtung Konfliktlösung gelegt wurden: bei Vermittlungsversuchen und Friedenskonferenzen, beim Besuch des Ägypters Sadat in Jerusalem, bei Nobelpreis-Feiern für die Gegner -ja, als stiller Briefträger zwischen Fronten.
Und wie enttäuscht war und bin ich, wenn gerade wir Österreicher unsere Tradition der Vermittlung und Stärkung der Friedensbereiten vergessen -und jetzt kein klares, mutiges Wort zu Donald Trumps verantwortungslosem Zündeln um Jerusalem finden.
Desinteressierte Weltöffentlichkeit
Und wie betroffen bin ich über die Leichtfertigkeit, mit der manche unserer Medien die interessengesteuerte Ungerechtigkeit fördern: wenn etwa die Opfer der einen Seite stets "getötet", ja "liquidiert" werden, die der anderen Seite aber immer "ermordet".
Die jüngsten Ereignisse, die Massenaufmärsche am Stacheldraht von Gaza (genau dort, wo ich 1967 den Beginn des "Sechs-Tage-Kriegs" miterlebt habe) und die Todesschüsse, haben sich schwer über meine Osterfreude gelegt. Haben mir auch erneut bestätigt, wie letztlich desinteressiert die Welt den Dramen im "Heiligen Land" zusieht.
Israel begeht am kommenden 14. Mai seinen 70. Geburtstag. 70 Jahre Überleben -das ist schon Anlass zum Feiern. Es sind aber auch Jahrzehnte einer zunehmend falschen Gewissheit, die Landnahmen früherer Kriege verewigen zu können. Wie schön, könnte das Jubiläum auch ein Anstoß sein, die eigene Haltung (Besetzungspolitik, Siedlungsbau, Demütigungen ) zu überprüfen und Gesten der Nachbarschaft zu setzen!
Oder ist auch dieser Wunsch nur ein neuer Beleg meiner Schwäche, zu sehr mit den Augen des "Underdogs" zu schauen?
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