Geistliches in Weltläufigkeit verpackt

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Gustav Schörghofer, Jesuit und Brückenbauer zwischen Kirche und zeitgenössischer Kunst, hat ein Buch über die Dankbarkeit verfasst. "danke tausendmal“ ist Lebenshilfe im besten Sinn - und bemüht sich, heutigem Christsein Plausibilität zu verschaffen.

Er ist Jesuit. Und ein gefragter Prediger. Und ein einsamer Rufer im stockenden Dialog zwischen katholischer Kirche und moderner Kunst. Und seit einigen Jahren Kolumnist der FURCHE - nicht im Religionsressort, sondern im Feuilleton dieser Zeitung. Nun hat Gustav Schörghofer, Rektor der Jesuitenkirche in Wien I. und Jury-Vorsitzender des Msgr. Otto Mauer-Preises, das Buch "danke tausendmal“ verfasst. Vielleicht führt der Untertitel "Wie positives Denken und Dankbarkeit das Leben verändern“ ein wenig in die Irre. Denn landläufig wird unter "positiv Denken“ ja ein "Mentaltrainer“ imaginiert, der einem potenziell depressiv veranlagten Zeitgenossen das entsprechende Empowerment durch Denkarbeit einzuhämmern sucht.

Aber genau darum geht es bei Gustav Schörghofer nicht: Denn seine Sprache ist leise, sein Werben um einen christlichen Lebensentwurf benötigt keine Holzhämmer. Wahrscheinlich ist einem, der sich der Spiritualität des Ignatius von Loyola, des Gründers des Jesuitenordens, verschrieben hat, zu konzedieren, dass er ein eigentlich mehr Positiv-Denker ist als mancher Bestseller-Autor des Psycho-Literatur-Genres.

Dennoch: Lebenshilfe bietet Schörghofers Dankbarkeits-Buch sehr wohl. Aber es handelt sich mehr um geistliche Nahrung denn um psychologische, obwohl letztere kein Gegensatz zu ersterer sein muss. Es tut gut, die Texte des Seelsorgers zu lesen, Predigten zwischen zwei Buchdeckeln.

Dankbarkeit ist keine leichte Kost

Das Thema Dankbarkeit ist, glaubt man Schörghofer, keine leichte Kost. Denn man muss, schreibt er, sie zuallererst selber wahrnehmen. Das sei gar nicht einfach: "Das Geschenkte ist oft unscheinbar.“ Es kommt als Last oder als Störung daher: "Der oberflächliche Blick und die Ungeduld nehmen oft nur das Bittere der Dinge wahr.“ Die Dankbarkeit gehört für den Autor zu dieser Kategorie der Geschenke. Und daher plädiert er für "Aufmerksamkeit, Präzision der Wahrnehmung und Geduld“.

Solch grundsätzlicher Zugang mag andeuten, wie sehr es Schörghofer um ehrliche Auseinandersetzung zu tun ist: Nicht um eine billige Gefühlsschau soll es gehen.

Wahrscheinlich bringt es die Freundschaft des Jesuitenpaters mit zeitgenössischen Künstlern und seine Kunstsinnigkeit im Wortsinn (er ist auch studierter Kunsthistoriker) mit sich, dass er seine im Grund durch und durch geistliche Botschaft in etwas Weltläufiges verwandelt oder verpackt: In einem der Texte erzählt Schörghofer aus dem Leben im Jesuitenorden und verbindet seine Erfahrungen mit jenen von Reinhold Schneider, des 1958 verstorbenen Schriftstellers und großen Polyhistors. Schneider, dieser leidendende Christ, hat in seinem letzten Werk, dem literarischen Tagebuch "Winter in Wien“, auch ein Plädoyer für die Diesseitigkeit gehalten. Und Schörghofer reflektiert über das Diesseits: Zum einen verstelle zuviel davon den Blick aufs Jenseits, zum anderen würde es oft genug wieder gerade von Protagonisten der Religion ignoriert. Auch die Kirche unterliege der diesbezüglichen Gefährdung, "wenn sie zu genau weiß, was Gott im Sinn hat und wie das richtige Verhalten ihm gegenüber auszusehen hat“.

Angesichts manch verengender Pastoral im Zeitgeist der katholischen Kirche, ist es befreiend, einen geistlichen Freigeist wie Gustav Schörghofer zu lesen - ein Hoffnungsschimmer, dass es - entgegen aller Unkenrufe - in der Mutter Kirche auch solch einen Priester gibt: "Doch trauen wir dem Diesseits zu, dass es in sich das Geheimnis der Nähe Gottes birgt?“ Diese Frage stellt der Autor - vermutlich in einem ursprünglich fürs Weihnachtfest konzipierten Reflexion.

Dankbarkeit, so lautet der Ausgangspunkt - Überlegungen, die vom mittelalterlichen Theologen und Mystiker Meister Eckhart (der im Übrigen unter Häresieverdacht stand …) bis zu dem Filmregisseur der russischen Seele, Andrej Tarkowskij, und seine Reflexion über das Opfer in seinem letzten Film 1986 reichen.

Sanfte Glaubensunterweisung

Dem Buch sind Abbildungen aus dem grafischen Werk von Giovanni Poggeschi SJ (1905-72) beigefügt. An den Arbeiten des Mitbruders hat Schörghofer die "Poesie“ der Darstellung ganz einfacher Dinge fasziniert. Eine mehr als plausible Ergänzung zu den Texten stellen diese Bilder dar.

Ein Buch über Dankbarkeit verspricht der Titel. Und über positives Denken, so legt der Untertitel nach. Aber Gustav Schörghofer ist eben auch Jesuit, dessen Ordensgründer Ignatius von Loyola bekanntlich von "Gott suchen in allen Dingen“ spricht. In diesem Sinn nutzt der Autor die vorgebliche Abhandlung über ein Psycho-Thema zur sanften Glaubensunterweisung. Seine Kirchenoberen mahnen ja ständig, das Missionarische neu und immer mehr zu betonen: Was Gustav Schörghofer hier macht, ist nichts anderes.

Wahrscheinlich haben sich die Kirchenoberen das so nicht vorgestellt. Aber dieses Dankbarkeits-Buch sollte man dankbar zur Hand nehmen und lesen, weil es auf seine Weise heutigem Christsein Plausibilität verschafft. Das ist in der vielgestaltigen Krise des Christentums in Europa ja schon sehr viel.

danke tausendmal

Wie positives Denken und Dankbarkeit das Leben verändern

Von Gustav Schörghofer.

Styria premium 2011. 165 S., e 16,99

Buchpräsentation: Dienstag, 15. November, 19 Uhr, Jesuitenkirche,

1010 Wien, Dr.-Ignaz-Seipel-Pl. 1

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