Gemeinsame Verantwortung

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Das Waldviertler Benediktinerstift Altenburg ist Gastgeber der ersten christlich-islamischen Sommeruniversität. Ein wegweisendes Projekt.

Ein knorriger Ölbaum, mitten im "Garten der Religionen", symbolisiert das Judentum, seine im Vergleich zum Stamm zarten Äste mit den Blättern das Christentum. Der "Garten der Religionen" ist ein modernes Schmuckstück in der Anlage des Benediktinerstiftes Altenburg im Waldviertel. 2002, nach dem großen Hochwasser, wurde der Garten angelegt, in dem jede der großen Religionen gartenarchitektonisch dargestellt wird: Neben dem Garten des Christentums befindet sich jener des Islam - die fünf Säulen des Islam sind in der Landschaft dargestellt: das Glaubensbekenntnis und das Gebet als Gebetsplatz Richtung Mekka, die Pilgerfahrt nach Mekka als steiniger Weg, das Almosen-Geben als Teich (für "Überfluss") und ausgetrocknetes Flußbett (für "Armut") und das Fasten durch einen ausnehmenden Holzkreis, der - so die Intention der Gestalter - "alles Ablenkende ausblendet".

Zentrum des Dialogs

Doch nicht nur der Garten macht in diesen ersten drei Juli-Wochen Stift Altenburg zu einem Zentrum des interreligiösen Dialogs: Zum ersten Mal findet hier die Vienna International Christian Islamic Summer University statt. 32 christliche und muslimische Studenten aus 11 Ländern werden hier von 18 Professoren unterrichtet. Das Projekt ist eine unmittelbare "Folge" des Vienna Christian Islamic Round Table, den der Islamkenner Andreas Bsteh vom Religionstheologischen Institut Mödling/St. Gabriel in den letzten Jahren aufgebaut hat: eine hochkarätige Runde christlicher und muslimischer Gelehrter, die trotz aller christlich-muslimischen Widrigkeiten - Terrorismus, Islamophobie, Karikaturenstreit, Regensburger Papstrede … - den Dialog nicht abbrechen ließ.

War der Vienna Christian Islamic Round Table eine Expertenversammlung, so will Andreas Bsteh, längst im Pensionsalter, an jüngere Kräfte übergeben. Es gehe darum, die Vergangenheit hinter sich zu lassen und eine "neue gemeinsame Verantwortung von Muslimen und Christen" zu übernehmen, so Bsteh vor den Teilnehmern in Altenburg. Dieser Idee einer gemeinsamen Verantwortung - er setzt noch das Wort "vor Gott" hinzu - schließt sich auch der anwesende Wiener Kardinal Christoph Schönborn an.

Die Sicht zweier Religionen

Irmgard Marboe, Völkerrechtsprofessorin an der Uni Wien, leitet gemeinsam mit der katholischen Sozialethikerin Ingeborg Gabriel das Projekt. Es gehe darum, so Marboe, Fragen und Problemstellungen aus der Perspektive beider Religionen zu beleuchten - an Menschenrechte, die Stellung der Frau oder soziale Gerechtigkeit und Armut aus christlicher wie aus muslimischer Sicht heranzugehen. Die nichtösterreichischen Studenten, die nach Altenburg gekommen sind - aus Indien, Pakistan, Iran, Palästina, Marokko, Saudiarabien -, seien die besten Studenten ihrer Professoren. Jeweils drei konnten die Universitätslehrer nominieren.

Als hochmotiviert erlebt auch Ingeborg Gabriel die Studenten und ist beeindruckt wie in der "Campus-Atmosphäre" dieses Klosters über religiöse Fragen gesprochen wird. Muslimische Teilnehmer erzählen, wie schnell sie sich im katholischen Gottesdienst in der barocken Stiftskirche zu Hause fühlen - auch wenn sie sprachlich fast nichts verstehen. Umgekehrt besuchen Christen auch das muslimischen Freitagsgebet, das in einem Raum des Stiftes gehalten wird.

Zarfishan Qaiser ist Professorin an der University of Punjab in Pakistan. Sie unterrichtet in Altenburg Völkerrecht. Es ist wichtig, erzählt die junge Frau, dies auch im religiösen Kontext zu reflektieren. In islamischen Ländern würden die Menschenrechte oft verletzt, wo sie doch im Islam voll und ganz Platz hätten. Qaiser: "Das Völkerrecht hat unsere Staatsgrenzen längst überschritten. Daher müssen wir es auch im internationalen und interreligiösen Zusammenhang diskutieren."

Im "unbefangenen Alter"

Ähnlich sieht es die Wiener Theologiestudentin Franziska Lehner, die feststellt, viel zu wenig über den Islam zu wissen: Der interreligiöse Dialog sei wichtig, um Konflikte zu lösen. Auch Cornelia Bystricky, Assistentin am Institut an der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien würdigt das "sehr dichte" Ausbildungsprogramm, wo sie Informationen aus erster Hand - etwa über die Scharia - erhält. Mindestens ebenso wichtig, so Bystricky, ist der persönliche Kontakt: Die Studenten seien in einem "unbefangenen Alter", da gäbe es religiös spannende Gespräche unter den Teilnehmern.

Auch Nauman Ashgar ist begeistert, hier im Kloster zu sein: Der pakistanische Jus-Student hält ob der so gespannten Beziehungen zwischen dem Westen und der islamischen Welt einen Neubeginn für äußerst dringlich. Für Ashgar ist dabei der Austausch mit Menschen anderer Kulturen sehr wichtig - auch darüber, was Islam und Christentum eint und trennt. Er hat so auch über die Dreifaltigkeit diskutiert - für den Islam eine schlimme Häresie! - und versucht zu verstehen, dass dahinter mehr als eine "naive Idee" stehen könnte.

Ashgar beschreibt die Erfahrungen der Summer University, mit einem chinesischen Sprichwort: "Eine 1000 Meilen lange Reise beginnt mit einem ersten Schritt." Und als solchen sieht er auch das Projekt in Stift Altenburg. "Inschallah" setzt er dann noch hinzu.

INFOS: www.vicisu.com

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