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Gemeinsames Priestertum durch Taufe

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Rund um die Diskussionen über die Zulassungsbedingungen zur Priesterweihe plädiert ein geistlicher Begleiter für eine Neuentdeckung des gemeinsamen Priestertums aller Getauften. Das Konzil hat dies längst angeregt.

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Rund um die Diskussionen über die Zulassungsbedingungen zur Priesterweihe plädiert ein geistlicher Begleiter für eine Neuentdeckung des gemeinsamen Priestertums aller Getauften. Das Konzil hat dies längst angeregt.

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Christsein ist immer priesterlich. So wurde es jedoch lange Zeit und wird es auch gegenwärtig nur wenig gesehen, bewusst erfahren und gelebt. Das gemeinsame Priestertum aller Getauften/aller Glaubenden ist so etwas wie ein im Karst verschwundener Fluss. Darauf möchte ich entschieden aufmerksam machen und dazu anregen, ihr Wiederauftauchen heute wahrzunehmen.

Der Impuls dazu kam von denkbar höchster kirchlicher Ebene, durch die neue Wahrnehmung und Würdigung, die das uns alle gemeinsame Priestertum durchs II. Vatikanische Konzil erfahren hat. Freilich wurde dieser Impuls, aufs Ganze gesehen, eher zögerlich und wenig vertieft aufgegriffen. Auch die Frage: wenn alle Priester sind, was ist denn dann noch der Priester? spielte und spielt da eine Rolle. Diese Zögerlichkeit entspricht ganz und gar nicht der Bedeutung jenes Priestertums, das seit dem letzten Konzil neu wahrgenommen werden will.

Durch die Taufe, mit Jesus eingetaucht in seinen Tod und wieder aufgetaucht mit ihm in sein neues Leben, sind wir in ihn eingegliedert, werden mit dem Chrisam, dem Öl seiner Freude, gesalbt und gehören ihm an, "der Priester, König und Prophet ist in Ewigkeit“ (so heißt es im Taufritus). Mit Leo d. Gr. (+ 461) spricht das II. Vatikanum von einer Weihe: "Durch die Wiedergeburt und die Salbung mit dem Heiligen Geist werden die Getauften zu einem geistigen Bau und einem heiligen Priestertum geweiht, damit sie in allen Werken eines christlichen Menschen geistige Opfer darbringen und die Machttaten dessen verkünden, der sie aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat (vgl. 1 Petr 2,4-10).“ (Lumen Gentium 10) In der Taufe vollzieht sich also unser aller Priesterweihe.

Taufe und Selbsthingabe

Was beinhaltet diese Priesterweihe? Als Priester, die wir alle durch die Taufe sind, haben wir Zugang zu Gott. Jesus hat uns diesen Zugang, der sein eigener Zugang ist, erschlossen. Es ist der "freie Zugang“ zum Vater (Eph 2,18; 3,12) in seinem Namen. Dieser Zugang bedarf keiner anderen, auch nicht institutioneller Mittler, er ist in jedem und jeder Getauften. Jesus verdeutlicht und unterstreicht das noch, wenn er sagt, dass sogar er selbst da gar nicht viel für uns vermitteln muss: " … denn der Vater selbst liebt euch“ (Joh 16,16b). Er hat uns alle beten gelehrt mit seiner schmucklosen und unmittelbaren Gottesanrede "Vater - Abba“. Alle Türen stehen uns offen - überall und jederzeit, können wir seine Nähe suchen und finden; gerade in unserem Alltag.

Ein weiteres priesterliches Merkmal aller Christ(inn)en (auch derer im Amt) ist, dass wir alle berufen und ermächtigt sind, das einzig gültige Opfer darzubringen, nämlich uns selbst. Wie Gott sich selbst in seine Schöpfung und um uns zu Hilfe zu kommen ganz verschenkt hat, wie das Priestertum Jesu darin besteht, dass er sich selbst für uns hingegen hat, so besteht das unsere ebenfalls wesentlich in unserer Selbstgabe mit ihm: an Gott und die Menschen. In den liturgischen Zusammenkünften bringen wir die Liebe und Hingabe unseres Alltags, d. h. uns selbst, mit Danksagung in die Feier der Eucharistie ein.

Wandlung am Altar wie im Alltag

In Gemeinschaft mit der ganzen Kirche konzelebrieren wir alle gemeinsam mit dem Vorsteher um den Altar, der Christus ist, auf dem Altar unseres Herzens. So feiern (= zelebrieren) wir mit Dankbarkeit als sein versammeltes Volk, was uns Jesus zu seinem Gedächtnis hinterlassen hat. Unser Priestertum des Alltags hat zugleich liturgische Bedeutung und umgekehrt. Denn unsere Selbstgabe im täglichen Leben und unsere Selbstgabe in der Liturgie bedingen einander gegenseitig. Und wenn sie da nicht geschieht, können wir sie, d.h. unser Priestertum, nicht in die Feier der Eucharistie einbringen. Die Wandlung am Altar ist nicht zu trennen von der Wandlung in unserem Alltag. So vergegenwärtigt unser Priestertum, zu dem wir in der Taufe geweiht wurden, in seiner Selbstgabe in Alltag und Liturgie die Selbstgabe unseres Herrn.

Ein weiteres Merkmal des Priesters ist, dass er Versöhnung bewirken kann. Die Vergebung ist wie ein Strom, der täglich aus Gott von Mensch zu Mensch fließt und fließen will ohne Ende. Leidenschaftlich und lebenspendend strömt sie von Gott aus, und so will sie auch von uns ausgeübt werden.

Abschließend ein Zitat zum Thema aus den Konzilstexten: Durch die "Geistsalbung“ des Herrn eine "heilige und königliche Priesterschaft“, "verkünden (wir) die Machttaten dessen, der (uns) aus der Finsternis in sein wunderbares Licht berufen hat. Es gibt darum kein Glied, das nicht Anteil an der Sendung des ganzen Leibes hätte; jedes muss vielmehr Jesus in seinem Herzen heilighalten und durch den Geist der Verkündigung Zeugnis von Jesus ablegen.“ (Presbyterorum Ordinis, 2)

Ein zweites Zitat verdeutlicht dies; es stammt von Karl Rahner der das bereits im Jahr 1936 geschrieben hat: "Jeder Getaufte ist ein geweihter Seelsorger.“

Der Autor, Jesuit und langjähriger Spiritual, ist Exerzitien- und geistlicher Begleiter in Wien

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