Gespenster in Osteuropa

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Ein Gespenst geht um in Osteuropa - das Gespenst des neonationalistischen Rechtsextremismus. In der Slowakei wird der faschistische Priester Andrej Hlinka, geistiger Vorläufer des Tiso-Regimes, zum "Vater der Nation" ernannt, in Ungarn marschieren Extremisten auf, von denen sich der Oppositionsführer Viktor Orbán nicht distanziert, in Rumänien finden Ausschreitungen gegen Roma statt, und wohl am schlimmsten geriert sich die polnische Regierung mit ihren antisemitischen Unterstützern in Radio Maryja.

Was sind die Gründe für die beunruhigenden Entwicklungen in vielen postkommunistischen Länder? Zwei Wurzeln lassen sich festmachen: Zum einen ist die faschistische Vergangenheit im Kommunismus unter den Tisch gekehrt worden, eine seriöse Aufarbeitung der Geschichte fand nicht statt. Zum zweiten hat man in der EU verabsäumt, die sozialen Auswirkungen der neoliberalen Wirtschaftspolitik in diesen Ländern zu untersuchen. Die Bildung einer neureichen Zehn-Prozent-Oberschicht, der mühsame Aufbau einer Mittelschicht und das Absinken breiter Schichten (bis zu 30 Prozent) in Armut führen zu einem explosiven Gemisch, auf dem die neuen Rechtsparteien, anknüpfend an alte Traditionen, ihr Süppchen kochen.

Der Furche wünsche ich jedenfalls, doch in diesem Fall an ihre gute alte Tradition anzuknüpfen, als im Geist Friedrich Heers intensive Gespräche über die Grenzen geführt wurden; Gespräche, die die Demokraten in den Nachbarländern stärkten und Hoffnungen auf das westeuropäische Sozialmodell weckten, das Freiheit mit Solidarität und sozialer Sicherheit verbunden hat. Dass dieses Sozialmodell zerstört wird, ist eine der größten Gefahren für das Zusammenwachsen Europas. Die Hoffnungen auf dieses Modell, das jüngst auch der Papst in Erinnerung gerufen hat, sind noch nicht erloschen.

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