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Gibt es Toleranz?

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Toleranz und christlicher Glaube. Von Albert Hartmann. Verlag Josef Knecht, Carolusdruckerei, Frankfurt am Main. 282 Seiten

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Toleranz und christlicher Glaube. Von Albert Hartmann. Verlag Josef Knecht, Carolusdruckerei, Frankfurt am Main. 282 Seiten

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In Deutschland sind sich die christlichen Konfessionen im Laufe des letzten Krieges um vieles nähergekommen. Man kann sogar sagen, daß die Zeit der gemeinsam getragenen Verfolgung beigetragen hat, ungerechte Vorurteile abzubauen und ein gegenseitiges Verstehen, wie es seit der Reformation noch nie der Fall war, anzubahnen. Dazu kommt die gegenwärtige Zusammenarbeit der Christen im politischen Raum, die aber natürlicherweise auch unvermeidliche Spannungen mit sich bringt. Dadurch ist das Gespräch über die Toleranz in den letzten Jahren sehr lebhaft geworden. Unter der Frage der Toleranz verbirgt sich die Sorge um das rechte Verhältnis, das die Christen dauernd zueinander finden müssen. Aus diesem praktischen Bedürfnis heraus bemüht sich der Verfasser, in dem vorliegenden Buch eine Zusammenfassung zu geben, was über die Möglichkeiten und Aufgaben der Toleranz von der katholischen Theologie her zu sagen ist.

Die beiden ersten Kapitel zeigen das moderne Toleranzverständnis in seiner geschichtlichen Entwicklung und stellen es dem christlichen Wahrheitsbewußtsein gegenüber. Dabei wird auch das Verhältnis des Christentums zu den anderen Religionen besprochen und verbreiteten Mißverständnissen über den Wahrheitscharakter und den Auschließlichkeits- anspruch der christlichen Offenbarung entschieden begegnet. In diesem Zusammenhang widmet der Verfasser dem deutschen Philosophen Karl Jaspers besondere Beachtung. Bei der schon aus alter Zeit stammenden Formel, daß „außerhalb der Kirche kein Heil“ ist, sind unter „außerhalb der Kirche“ diejenigen gemeint, denen die Bereitschaft für Gottes Heilsweg durch ihre eigene Schuld fehlt. Es sind „vor allem die durch ihren Widerstand gegen die hinlänglich erkannte Wahrheit schuldhaft und bewußt von der Kirche Getrennten" S. 105. Nach gründlicher Darlegung der katholischen Lehre faßt Hartmann wie folgt zusammen: „Darum gehören dem Willen und dem Verlangen nach überall in der Welt Menschen, die nur Gott kennt, zu Seiner Kirche, obwohl sie von der sichtbaren Gemeinschaft getrennt sind, und in diesem Verlangen werden sie kraft der Gnade Christi zum Heil geführt" S. 106 f. I Im dritten Kapitel „Toleranz als christliches Ethos" geht es um die Begegnung der im Glauben getrennten Menschen. Auch das Problem der Erziehung zur Toleranz und die Schulfrage findet hier Behandlung.

Die Toleranz im öffentlich-rechtlichen Raum mit dem Verhältnis von Kirche und Staat und die Gewissensfreiheit sind Gegenstand des letzten Kapitels. Hier wird auch auf die seit 1945 hauptsächlich außerhalb Deutschland geführte theologische Diskussion der katholischen Welt über die Toleranz im „katholischen Staate" eingegangen. Handelt es sich dabei auch um Dinge, die umstritten sind, so legt der Verfasser mit aller Offenheit, wenn es ihm nötig erscheint, die Gründe der verschiedenen Auffassungen dar und weist auf die amtlichen Aeuße-rungen der Kirche zu dieser Frage hin, insbesondere auf die Ansprache Papst Pius XII. an die Vertreter der italienischen Juristenunion vom 6. Dezember 1953.

Die Stellungnahmen des Verfassers zu noch offenen Fragen, die, wie gesagt, außerhalb Deutschlands seit 1945 diskutiert wurden, sind vom Gesichtspunkt des Verhältnisses katholischer und evangelischer Christen in Deutschland gesehen. Das Buch ist aber für das Verständnis der grundsätzlichen katholischen Stellungnahme zur Toleranz ein ausgezeichneter Beitrag. Klar und unmißverständlich wird hier gezeigt, daß die Toleranz zur Haltung des Christen und der Kirche gehört. Ohne die Wahrheit zu beugen oder zu verwässern — der christliche Glaube kann seine Wahrheit nur als allgemeingültige verstehen —, wird der Katholik dem Andersgläubigen persönlich mit Weitherzigkeit, Güte und Ehrfurcht vor der fremden Lieberzeugung und dem Gewissen anderer begegnen.

Natürliche Geburtenregelung nach den Gesetzen der Natur und in Uebereinstimmung mit der christlichen Moral. Von John A. O ’ B r i e n. Paul-Pattloch-Verlag, Aschaffenburg. 168 Seiten.

Der bekannte Verfasser apologetischer Schriften, Professor an der Universität Notre-Dame in den Vereinigten Staaten, legt in diesem Bändchen die Zeitwahl nach Knaus und Ogino allgemein verständ-lich dar. Damit zeigt er vielen Eheleuten eine erlaubte Lösung ihrer Schwierigkeiten, und er tut es mit Freude. Das versteht man um so mehr, wenn man bedenkt, daß diese Ausführungen vor etwa 25 Jahren entstanden sind, also zu einer Zeit, zu der die Entdeckungen von Knaus und Ogino noch ziemlich neu waren. Die erste Fassung der Schrift ist im wesentlichen unverändert geblieben, und das ist schade, denn bei aller Richtigkeit achtet sie auf einige Dinge zuwenig, die man inzwischen besser erkannt hat. Abgesehen davon, daß sie der Methode zu große Sicherheit zuzuschreiben scheint, schweigt sie über eine nicht unwichtige Seite der Frage vollkommen: Frauen klagen häufig darüber, daß bei dieser Lösung die Sache ganz mit Männeraugen beurteilt und auf die körperlich-seelische Bereitschaft der Frau keine Rücksicht genommen wird. Damit müßte man sich heute wohl auch auseinandersetzen. — Der Anhang bringt Ergänzungen aus den letzten Jahren: einen Aufsatz von Dr. Morris Fishbein über die Zyklus- bestimmung mit Hilfe von Temperaturmessungen und die Ansprache des Heiligen Vaters vom 29. Oktober 1951 über die christliche Ehe und Mutterschaft, in der die Frage der Zeitwahl nach ihrer sittlichen Bedeutung genau erörtert wird.

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