Glauben als "Grundkurs"

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In Band 26 seiner "Sämtlichen Werke" ist das berühmteste Opus Karl Rahners ediert.

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In Band 26 seiner "Sämtlichen Werke" ist das berühmteste Opus Karl Rahners ediert.

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Für "Kindlers Neues Literatur Lexikon" gehört Karl Rahners "Grundkurs des Glaubens", 1976, zur Weltliteratur. Als "großes Buch" qualifizierte Kardinal Joseph Ratzinger 1978, damals Münchner Erzbischof, das Werk: "Man muss dankbar sein, dass Rahner als Frucht all seiner Bemühungen zuletzt diese imponierende Synthese geschaffen hat, die eine Quelle der Inspiration bleiben wird, wenn einmal ein Großteil der heutigen theologischen Produktion vergessen ist." Dieses Urteil hat Rahner wiederholt und nicht ohne Stolz zitiert.

Dass ein Band der Rahner-Gesamtausgabe diesen Titel trägt, überrascht also nicht weiter. Der Untertitel "Studien zum Begriff des Christentums" erinnert jedoch daran, dass es sich hier nicht um einen Wurf handelte, sondern um ein Projekt, das sich über Jahre hinweg entwickelte: Der "Grundkurs" ist aus Vorlesungen entstanden, die Rahner als Nachfolger Romano Guardinis auf dem Münchener Lehrstuhl für Christliche Weltanschauung (1964/67) und in Münster (1967/71) angeboten hat: unter dem Titel "Einführung in den Begriff des Christentums" in München über vier Semester hinweg für Hörer aller Fakultäten, also auch vor nichttheologischem Auditorium, in Münster während zweier Semester an der theologischen Fakultät.

Band 26 der Sämtlichen Werke bringt in Teil A den kritisch revidierten Text der Druckausgabe von 1976 samt den beiden erstmals auf deutsch veröffentlichten Vorworten zur japanischen und zur ungarischen Ausgabe; Teil B bietet in chronologischer Abfolge Aufsätze aus 1965-80, welche die "Grundkurs"-Problematik ansprechen (darunter: "Warum bin ich heute ein Christ?"); Teil C enthält vier Interviews zum "Grundkurs". Die akkurate Bearbeitung des Bandes stammt vom Hildesheimer Weihbischof Nikolaus Schwerdtfeger, dessen Dissertation über die Theorie der "anonymen Christen" zur Rahner-Standardliteratur zählt, und Albert Raffelt, Freiburg, der bereits die Bände 2 und 4 hervorragend ediert hat.

Die Vorgabe des Konzilsdekretes über die Priesterausbildung, einen Einführungskurs in das Mysterium Christi einzurichten, wie das Drängen des Verlags, das Ganze des Christentums intellektuell redlich und gleichzeitig allgemein verständlich zu präsentieren, haben Rahner für sein Werk motiviert, von dem er einmal als "Bilanz", dann als "Zwischenbilanz" oder "Schlussbilanz" redete, um schließlich andernorts wieder zu bestreiten, es läge damit eine "Summe seines theologischen Lebens" vor.

Natürlich ist der "Grundkurs" mit seinen neun "Gängen" (ohne eine einzige Fußnote!) ein anspruchsvolles Werk, das dem Nichttheologen, aber auch dem theologisch Gebildeten, einiges abverlangt. Doch die Erfolgsstory des Buches wäre nicht zustande gekommen, hätte es nicht Leser gefunden, die diese Mühe nicht gescheut haben. Nicht zuletzt gibt das Jahrhundertbuch "Grundkurs des Glaubens", dessen Werden und Entstehen nunmehr meisterhaft dokumentiert vorliegt, Zeugnis vom Suchen und Fragen eines Theologen. Mit Rahners eigenen Worten ist es der "Versuch einer Antwort auf die Frage nach Gott, der sich selbst in der Geschichte (und unüberbietbar und unwiderruflich in der Geschichte Jesu) dem Menschen als dessen eigene Vollendung in vergebender Liebe mitteilt".

Karl Rahner, Sämtliche Werke. Band 26: Grundkurs des Glaubens. Studien zum Begriff des Christentums. Bearb. von Nikolaus Schwerdtfeger un Albert Raffelt. Benziger, Zürich und Herder, Freiburg, 1999. XXXIX und 592 Seiten, geb. öS 1.299,-/e 94,40

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