Gott mit neuen Augen sehen lernen

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Vorbereitung auf die Erstkommunion ist nicht nur für Kinder wichtig, auch die Eltern können dabei ihren Glauben (neu) entdecken.

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Vorbereitung auf die Erstkommunion ist nicht nur für Kinder wichtig, auch die Eltern können dabei ihren Glauben (neu) entdecken.

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Die Gottessehnsucht der Menschen ist ungebrochen. Klagen darüber, daß sie dieser Sehnsucht auch außerhalb der Kirchenräume nachgehen, hilft nicht sehr viel weiter. Vielmehr ist für die Gemeinden Aufbruch zu und Begegnungsraum für Eltern und Kinder angesagt und gefragt. Nicht die Fixierung auf innerkirchliche Vorgänge, sondern der Ausblick auf das Reich Gottes, ist das, was Menschen weiterhilft.

Die nachwachsenden Generationen von Kindern, Jugendlichen und jungen Eltern seitens der Gemeinde auf ihrem Weg der Gottessehnsucht in den realen Vollzügen des Alltages zu begleiten und zu unterstützen, ist eine entscheidende Option für die Zukunft. Auch wenn es für manche noch unvorstellbar ist: In jenen Gemeinden, in denen Familienkatechese konsequent realisiert wird, beteiligen sich im Laufe der Jahre Hunderte von Eltern an der Pflege und Suche nach ihrer Gottesbeziehung und deren Ausgestaltung in der Familie intensiver als bei herkömmlichen Wegen.

Gott kommt zuerst Damit der Begriff Familienkatechese nicht für alles und nichts verwendet wird, sondern sein präzises Profil realisiert, wurden an der Abteilung Religionspädagogik der Katholisch-Theologischen Fakultät in Tübingen Materialien entwickelt, die in der vierbändigen Sammlung "Gott mit neuen Augen sehen. Wege zur Erstkommunion" zusammengefaßt sind. Diese zielen darauf ab, die in den Eltern und Kindern bereits anwesende Gottesbeziehung zu fördern und zu unterstützen. Gott kommt vor dem Missionar (Leonardo Boff), und es ist ganz sicher, daß Gott in den getauften Kindern und Eltern bereits seine Geschichte realisiert.

Was Familienkatechese dabei lediglich anstößt und unterstützt, ist der Prozeß, sich dessen bewußt zu werden, daß wir schon in den Bereich Gottes, in das Reich Gottes hinein gehören, sich klar zu machen, daß die eigene Familie Begegnungsraum mit Gott sein kann und will, und nicht zuletzt auch sich die Zeit zu nehmen, den Glauben in der Familie zu feiern und die (religiösen) Familiengespräche genauso ernstzuehmen wie die täglichen Fernsehsendungen.

Wer sich auf die Mahlgemeinschaft mit Jesus Christus einläßt, hat ein Recht darauf, verstehen und sich damit auseinanderzusetzen zu können, was das für die Glaubensgemeinschaft Kirche bedeutet, und was das Geheimnis der Eucharistie eigentlich meint. Von daher gesehen ist es gut und auch notwendig, wenn Materialien zur Kommunionvorbereitung sich nicht um die Glaubensprobleme herumdrücken, sondern den Eltern in verständlicher Sprache christliches Grundwissen für Gespräche und Erlebnisse mit ihrem Kind zu Hause mit auf den Weg geben.

In dieser Sichtweise ist Familienkatechese auch Erwachsenenkatechese. Indem die Eltern beginnen, ihr Kind auf dem Weg zur Erstkommunion in die Mitte zu nehmen, sich auf ihr Kind einzustellen und sich für Gespräche mit ihm Zeit zu nehmen, realisiert sich durch Familienkatechese eine neue Qualität der Forderung "Das Kind in die Mitte". Das Konzept Familienkatechese geht davon aus, daß es wenig Sinn macht, wenn die Gemeinde zwar das Kind in die Mitte nehmen möchte (durch die Bildung von Kommunionkindergruppen), die Eltern aber auf diesen Prozeß nicht mitnimmt (durch die Bildung von Elterngruppen).

Es ist eine synergetische Qualität des Zusammenspiels von Begleitung und Unterstützung der Gemeinde für Kinder und Eltern einerseits und von Unterstützung und Begleitung der Eltern für das eigene Kind zu Hause andererseits, die Familienkatechese in vielen Gemeinden zu einem interessanten und zukunftsweisenden Weg im deutschsprachigen Raum werden läßt.

Wie konsequent Gemeinden, ganze Diözesen und Länder in Lateinamerika den Kommunionweg als Familienkatechese realisieren, ist aufgrund von Forschungsanalysen sehr beeindruckend. Allerdings läßt sich Lateinamerika nicht kopieren. Die Situationsanalyse hier bei uns ist komplett anders, sowohl was die sozioökonomischen Bedingungen als auch die Ausgangslagen in Blick auf Religiosität und Kirche angeht. Entsprechend der deutschsprachigen Situationsanalyse wurden in Tübingen eigenständige und für die Mentalität hiesiger Eltern und Kinder differenzierte Materialien nach dem Bausteinprinzip entwickelt.

Bausteine Das Zentrum von Familienkatechese ist das Familiengespräch zu Hause, das die Eltern mit ihrem eigenen Kind regelmäßig führen. Die Bausteine dafür bietet der Band "Familienbuch" aus der vierbändigen Materialsammlung an. Dieses Familienbuch begleitet wie ein Kompaß für familiäre Gesprächs- und Gebetssituationen die Eltern und Kinder auf ihrem gemeinsamen Weg zur Erstkommunion. Es eignet sich für die Familiengespräche zu Hause auch für jene Eltern und Gemeinden, die in den Gruppen mit anderen Modellen zur Kommunionvorbereitung arbeiten.

Die Einheiten für die Begleitung der Elterngruppen im Buch "Für die Elterntreffen - Leitfaden" bieten variable Entwürfe, die zu einem Thema Alternativen der Erschließung eröffnen, an. Dasselbe gilt für die ebenfalls differenziert gestalteten Bausteine für die Treffen der Kommunionkindergruppen im Buch "Für die Kindertreffen - Leitfaden", die entlang des im Familienbuch entwickelten roten Fadens aufgebaut sind, und damit den Begleitern eine Vernetzung mit dem Prozeß zu Hause ermöglichen.

Der Band "Für die Gemeindeleitung - Einführung" faßt die theologischen und religionspädagogischen Argumentationen für diesen neuen Kommunionweg "Familienkatechese" zusammen und beschreibt dabei auch die Spiritualität dieses Weges und stiftet konkrete Schritte zur Umsetzung ("Wie beginnen?") an.

Der Autor ist Professor für Religionspädagogik an der Kath.-Theol. Fakultät in Tübingen.

Gott mit neuen Augen sehen - Wege zur Erstkommunion. Von Albert Biesinger, Herbert Bendel, David Biesinger und Barbara Berger. Kösel Verlag, München 1999.

I. Familienbuch. 192 Seiten, geb., öS 209,-/e 15,19 II. Für die Elterntreffen - Leitfaden. 192 Seiten, kt., öS 209,-/e 15,19 III. Für die Kindertreffen - Leitfaden. 192 Seiten, kt., öS 209,-/e 15,19 IV. Für die Gemeindeleitung - Einführung. 144 Seiten, kt., öS 209,-/e 15,19 TERMINE Einführungsveranstaltungen zu Familienkatechese mit Albert Biesinger * 4. Oktober, 17.30 Uhr: Diözesanhaus, Tarviser Straße 30, Klagenfurt (Infos: 0463/5877-201) * 6. Oktober, 9.30 bis 12.30 Uhr, Religionspädagogische Akademie, Georgigasse 85, Graz (Infos: 0316/581670-0) * 7. Oktober, 19.30 UhrBildungshaus St. Virgil, Ernst-Grein-Straße 14, Salzburg (Infos: 0662/65901-0) * 8. Oktober, 19.30 Uhr (Vortrag); 8. Oktober, 15.00, bis 9. Oktober, 12.30 Uhr (Studientag), Bildungshaus St. Bernhard, Neuklostergasse1, Wr. Neustadt (Infos: 02622/29131) * 12. Oktober, 15.00 Uhr, Pfarrsaal, Rankweil, 12. Oktober, 20.00 Uhr, Pfarrsaal, Dornbirn-Hatlerdorf (Infos: 05522/3485-216) * 13. Oktober, 16.15 Uhr (Vorlesung und Materialbörse); 13. Oktober, 20.00 Uhr (Vortrag) Theol. Fakultät, Madonnensaal, Karl Rahner-Platz 3, Innsbruck (Infos: 0512/507-8661)

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