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Begegnungen und ein Lausbubenstück mit Kardinal König.

Wo sind die großen Männer, die jene ersetzen sollen, die uns verlassen? Das Unwiederbringliche ist in der Person Seiner Eminenz nachgerade zum Greifen. Mir ist's zum Weinen. Ich flüchte daher ins Anekdotische.

Bei unserer Begegnung 1975 sagte ich ihm: er möge mich nicht für einen ausübenden Katholiken halten, und wie sich ernstes Anliegen und Wichtigtuerei bei mir mischten, könne ich nicht sagen. Ein väterlicher Freund war gewonnen. Erste Einladung - mit ihm zur Bayerischen Akademie. Die Herren wollten wissen, ab wann das Ei einer Frau ein Mensch ist. Er wusste es, so wie Konrad Lorenz und ich auch.

Dann bat er Franz Kreuzer und mich, ihm in Salzburg ein Symposion zu fabrizieren: "Was glauben wir zu wissen". König begann mit den existenziellen Fragen Kants.

Darauf Rom, Konferenz im Germanicum. Er bat mich, mit ihm im RAI aufzutreten. Trotz meines Fischer-Italienisch neben seinem blendenden Romano überwand ich mich und hatte einen Wunsch frei. Die Stanzen im Vatikan wollte ich sehen. Ein Lausbubenstück, mich hineinzuschmuggeln. Hochamt in der Sixtina. Er merkte meine Ergriffenheit und meinte am Heimweg still, dass er mir die Erleuchtung herzlich wünschen würde.

Später zwei Wochen mit ihm und Papst Wojtyla in Castelgandolfo. Generalfrage: "Was sollen wir tun?" Weizsäcker wollte den Papst ins Gespräch ziehen. Der Kardinal lächelte. Unfehlbarkeit ist nicht Sache von Argumenten.

Ich hatte dort das überholte Osservatorio gezeigt bekommen und begriff, dass ein päpstliches Laboratorium die nächsten Wunden Kirche-Wissenschaft vermeiden könnte. Als mir dazu eine Römerin Mittel und einen kleinen Palazzo anbot und ich König fragte, mit wem ich verhandeln solle, meinte er: "Nahe zum Papst und fern von der Kurie." Der "Economo Generale" wurde mein Gesprächspartner. Er verstand nichts.

Zu meinem Buch zur Vorlesung "Über Gott und die Welt" bot er mir ein Vorwort an. "Ah", meinte er, "das kann Ihnen schaden. Ich schreibe Ihnen ein Nachwort."

Dann kam Eiszeit aus Rom. Und ich glaube, dass uns konservative Bischöfe dekretiert wurden, weil man dort die Größe unseres Kardinals nicht verstand. Unsere Plaudereien in Wien, an seinem Mittagstisch, drehten sich um Platon, Kleanthes, Paulus, die Korintherbriefe, Giordano Bruno und Haeckel. Wie, fragte ich einmal, verhandelt man mit einem Ayatollah? "Man beginnt", sagte er, "mit dem Verbindenden." Wen wird es geben um das Gespräch fortzusetzen?

Der Autor ist emeritierter Universitätsprofessor für Zoologie in Wien.

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