Großväterlicher Freund

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Kardinal König und die furche: von 1945 an Verbundenheit - und bis zuletzt reges Interesse an der Zeitung.

Dass das letzte Interview, das mit Kardinal König erschienen ist, vor drei Wochen in der Furche stand, mag Zufall sein. Oder auch nicht: Denn zwischen dem großen alten Mann der Kirche und dieser Zeitung bestand eine große Verbundenheit, die sich in seinen letzten Lebensjahren auch zu einer Art großväterlicher Freundschaft entwickelte. Bis in jüngste Zeit kam es vor, dass der Redakteur, nachdem er den Hörer des läutenden Telefons abgenommen hatte, seine Stimme, die sich nicht immer mit "Kardinal König" meldete, am anderen Ende der Leitung ausmachte. Ein Furche-Artikel, der dem Kardinal gefallen hatte oder der ihn auf eine Idee brachte, war dann oft das Gesprächsthema. Vor Weihnachten 2003 rief er an, weil er in der Furche eine Würdigung des Jesuitentheologen Jacques Dupuis veröffentlichen wollte, dessen Forschungen zur Theologie der Religionen unter starkem Beschuss der Glaubenskongregation standen.

Vehement für Offenheit

Auch wenn er in der Sprache nobel blieb, so konnte der Kirchenfürst im hohen Alter doch zornig über die Rückschritte der römischen Zentrale in punkto Weltoffenheit und Dialog werden: Zu Ostern 2001 hatte König zeitgleich in der Furche und in seinem englischen "Leibblatt" The Tablet wider das Glaubenskongregationsverfahren gegen P. Dupuis öffentlich Protest angemeldet. Denn, so Königs Argument, "vom Standort des Zweiten Vatikanischen Konzils ausgehend steht heute fest: Die katholische Kirche hat sich im Konzil den anderen religiösen Traditionen und Religionen positiv geöffnet, und zwar weit mehr als früher. Damit ergibt sich nicht nur der Hinweis auf die positiven menschlichen Werte, sondern auch auf die verborgenen Aspekte, Elemente von Wahrheit und Gnade' als unsichtbares und unerkanntes Wirken Gottes." Und diesen vehement vetretenen Zugang sah König durch römische Ängstlichkeit und Enge in Gefahr.

Lieblingsthemen und -fragen

Dass dieser öffentliche Widerspruch weder in Rom noch in Österreich merklich wahrgenommen wurde (kein heimisches Medium nahm den via Furche geäußerten Kardinals-Zorn wahr, auch Kathpress und Apa berichteten nicht), tat Königs Bemühungen um eine weite, offene katholische Kirche bis zuletzt keinen Abbruch.

Seine Furche-Beiträge der letzten Jahre - nicht zuletzt große Interviews - drehten sich um die Lieblingsfragen und -themen des Kardinals, die er nimmermüde aufs Tapet brachte: das Konzil, das er gegen den kirchlichen Zeitgeist (der ihm sehr wohl bewusst war) vehement verteidigte, Europa und seine Einigung, das Gespräch der Religionen und der Wissenschaften - und immer mehr die letzten Fragen menschlicher Existenz. "Was ist der Mensch? Was ist Sinn und Ziel unseres Lebens? ... Was ist jenes letzte und unsagbare Geheimnis unserer Existenz, aus dem wir kommen und wohin wir gehen?" Diese Fragen - formuliert in der Konzilserklärung Nostra Aetate über die nichtchristlichen Religionen - hat König wieder und wieder zitiert und sich zueigen gemacht.

In den letzten Jahren meinte er wiederholt, was ihn noch wirklich interessiere, sei die Frage, ob Religion zum Menschen gehöre, ob der Mensch ein "religiöses Wesen" sei. Diese Frage verdichtete sich: Im November 2001 etwa, als die Furche mit König über die notwendige "Europäisierung Europas" sprach, kam diese Frage bei der Diskussion um die EU-Verfassung mit oder ohne Gott aufs Tapet: "Religion gehört ja zum Wesen des Menschen", so König damals. "Und ich kann nicht in einer Verfassung, wo es letztlich um den Menschen geht, das einfach ausklammern."

Schon im März 1946...

Königs Beziehung zur Furche geht bis an die Anfänge der Zeitung zurück: Schon im März 1946 findet sich ein Artikel des Dr. Franz König, wo er das Alte Testament vehement als zum Christentum gehörend verteidigt (s. unten). Seinen ersten "bischöflichen" Beitrag - als St. Pöltner Weihbischof - findet man in der Furche zum Katholikentag 1952. Auch als Erzbischof von Wien blieb er regelmäßiger Autor - während und nach dem Konzil, zu den verschiedenen Themen, mit denen er sich später auseinandersetzte - bis weit in seinen "Ruhestand" hinein, der bekanntlich alles andere als ein ruhiges Leben war.

Das letzte Interview mit ihm, das am 26. Februar erschienen ist, handelte von "seinem" Konzilstheologen Karl Rahner - und gestaltete sich zur Tour d'horizon durch den Geist des Konzils und durch Königs Weltanschauung, die eben durch das Erlebnis Konzil so geprägt ist. Dieses letzte Gespräch, dass in völliger geistiger Frische und Wachheit stattfand, ist für die Furche nun zum Vermächtnis des Kardinals geworden. Wir werden es in Ehren und im Gedächtnis halten.

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