Gut und böse - global

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Die globale Mediengesellschaft - aber nicht nur sie - befördert ein manichäisches Weltbild: es gibt die Guten der Weltpolitik, und da sind die Bösen, die der kollektiven Ächtung anheimfallen. Solch praktische Weltsicht kannte in den letzten Jahren vor allem zwei Bösewichte: Saddam Hussein, blutiger Diktator des Irak, und Muammar Gaddafi, "Revolutionsführer" im Norden Afrikas, vom Westen der Terrorismus-Unterstützung geziehen.

Bösewicht Gaddafi macht sich in letzter Zeit in den westlichen Augen aber nützlich: So verhandelten seine Emissäre im Geiseldrama auf der philippinischen Insel Jolo. Auch von astronomischen Lösegeldsummen, die dabei fließen sollen, ist die Rede. Jedenfalls setzen europäische Politiker durchaus auf die Verhandlungsmöglichkeiten der Libyer, auch um aus der - im übertragenen Sinn - faktischen Geiselhaft europäischer Politik durch die Abu Sayyed-"Rebellen" herauszukommen.

Die Interessen der Beteiligten sind unterschiedlich: Gaddafi unterstützt mit seinen "guten Diensten" auch die islamischen Sezessionisten auf den Südphilippinen finanziell, ohne dass ihm der Westen einen Vorwurf machen kann. Andererseits müssen die involvierten europäischen Regierungen froh sein, wenn der weltpolitische Outlaw bei der Geiselbefreiung etwas erreicht. Schließlich versucht Gaddafi, sich die politische "Hilfe" europäischer Regierungen zu erkaufen, um seine Ächtung zu überwinden.

All das zeigt einmal mehr, dass jene manichäische Weltsicht, welche die globalen Akteure in "Good Guys" und "Bad Guys" einteilt, nicht zur Weltpolitik taugt. Eine Binsenweisheit, gibt es doch Beispiele genug, wie mancher Gottseibeiuns zum geachteten Politpartner mutierte und umgekehrt: Wer hätte etwa vor zehn Jahren gedacht, dass PLO-Chef Jassir Arafat im Weißen Haus ein und aus gehen würde? Und wie vice versa aus hoffnungsvollen Reformern - ein Beispiel unter vielen: Robert Mugabe in Zimbabwe - machtbesessene Potentaten werden würden?

Die einfache Welt, in der die Guten und die Bösen klar auszumachen sind, gibt es nicht. Auch die Geiseln auf Jolo müssen darauf hoffen, dass diese Erkenntnis die Weltpolitiker ebenso wie die globalen Opinionleader umtreibt.

E-Mail: o.friedrich@styria.com

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