Hans Küng, evangelisch gelesen

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Am 19. März wird Hans Küng 75 Jahre alt. Am Ende des ersten Bandes seiner Erinnerungen verspricht er: "Bei meinem Fest wird nicht geschossen" und distanziert sich so einmal mehr von seinem früheren Kollegen und Mit-Konzilstheologen Joseph Ratzinger, bei dessen 75er im vorigen Jahr die bayerischen Schützen in Rom aufmarschiert waren.

Hans Küng hat sich von Anfang an mit evangelischer Theologie beschäftigt. Seine Dissertation befasste sich vor rund fünfzig Jahren mit dem "articulus stantis et cadentis ecclesiae", mit dem die Kirche steht und fällt, der Rechtfertigungslehre. Sie wurde nicht nur sein Thema, schreibt er, sondern sein Schicksal. Es ging ihm dabei um einen Vergleich zwischen der Theologie Karl Barths und der katholischen Tradition. An Karl Barth vermeinte Küng alle Vorzüge evangelischer Theologie zu erkennen: Sie ist durchgängig aus dem Zeugnis der Schrift entwickelt, sie bleibt auf die Christus-Mitte konzentriert und hat sich in den politischen Auseinandersetzungen der Zeit, insbesondere dem Kirchenkampf, bewährt. Die damals provozierende These, dass es in der Rechtfertigungslehre eine grundsätzliche Übereinstimmung zwischen Karl Barth und der Lehre der katholischen Kirche gäbe, hat ihre späte Frucht in der "Gemeinsamen Erklärung" gefunden.

Wie war dieses Ergebnis möglich? Küng formuliert: "Das Katholische und das Evangelische werden gerade dort versöhnbar, wo beide am folgerichtigsten sie selbst sind." Was er am evangelisch-katholischen Verhältnis erkannt hatte, konnte im "Projekt Weltethos" auf das Gespräch der Religionen übertragen werden: Dialog und Gemeinschaft bedeuten, die Vielfalt zu achten und den Anderen anzuerkennen. Damit können auch die Kirchen in einer Welt der Vielfalt einen Beitrag zum Frieden leisten.

Der Autor ist Oberkirchenrat der Evangelischen Kirche A.B.

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