Erinnern Sie sich noch an die Welt von vor zehn Jahren? Die Welt des Jahres 2006 schien so optimistisch wie ein Kind, das sich auf den kommenden Tag freut. Es war die Zeit, in der Europa so ziemlich alles gelang, was es sich vorgenommen hatte. Heute sieht das anders aus. Die Welt scheint in ihren Grundfesten erschüttert. Eine steigende Zahl von Staaten erscheint nun fragil zu sein - und niemand kann die Zukunft abschätzen. Wir haben Griechenland (ökonomisch-politisch-sozialpolitisch), Großbritannien (Brexit) usf.
Kurz: Die ökonomische Krise hat mittlerweile die ganze Welt in Mitleidenschaft gezogen und beansprucht unsere ganze Aufmerksamkeit. Aber eigentlich passiert heute eine Umwälzung von einem Ausmaß, wie es sie in der Geschichte wahrscheinlich tatsächlich noch nicht gegeben hat.
Unsere Großeltern spielten noch mit einem Spielzeug, das dem in der Jungsteinzeit nicht unähnlich war, es gab überall Holz und Ton und Farben. Die Kinder heute spielen mit Dingen, die wir selbst uns vor zehn Jahren nicht hätten vorstellen können. Die Zahl der Fotos, die wir in zwei Minuten in unsere Netze einspeisen, ist so groß wie die Zahl aller im 19. Jahrhundert aufgenommenen Fotos. Das ist nur ein minimaler Ausschnitt. Er soll zeigen, dass der Umfang der Entwicklung uns blind für die großen Entwicklungen macht, die dahinterstehen. Es ist so, als würden wir einen Tisch wahrnehmen, aber seine Substanz nicht erkennen. Wir blenden die Eigenschaften des Tisches zugunsten seines Aussehens aus.
Wenn irgendetwas von uns geschichtlich zurückbleiben sollte, dann ist es der Beginn des Digitalen Zeitalters. Oder -um es zuzuspitzen: Die Art und Weise, in welcher der Islam unsere Gesellschaft ändern könnte, ist nichts dagegen, wie die Digitalisierung unsere Gesellschaft ändert.
Der Autor ist Professor für Ökonomie an der Karlsuniversität Prag
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