Werbung
Werbung
Werbung

Nach den Kirchenskandalen: neuer griechisch-orthodoxer Patriarch von Jerusalem. Theophilos III. - erfahren, versöhnend, ökumenisch.

Der neue Patriarch von Jerusalem, Theophilos III., galt als Außenseiter. Der 55-Jährige wurde erst letzten Jänner zum Bischof geweiht. So war er aber in all den Kirchenkämpfen, welche die orthodoxe Kirche im Heiligen Land zuletzt erschütterten, ein unbeschriebenes Blatt. Aus diesem Grund dürften sich jetzt alle Parteiungen am 22. August so rasch auf ihn geeinigt haben.

Inzwischen ist der 141. Nachfolger von Jesus-Bruder Jakobus als Bischof von Jerusalem aber kein Unbekannter mehr. Alles spricht dafür, dass Theophilos III. kein Verlegenheitskandidat und Lückenbüßer, sondern eine für das so schwierige Amt des griechisch-orthodoxen Patriarchen besonders geeignete Persönlichkeit ist.

"Überzähliger "Sohn

Als Elias Giannopoulos wurde er 1950 in der ländlichen Kleinstadt Gargaliana auf dem Peloponnes geboren. Seine Eltern schickten ihn nach der sechsklassigen Volksschule ins Konvikt in der Altstadt von Jerusalem neben dem Jaffa-Tor, wo der Nachwuchs für die Orthodoxie im Heiligen Land herangebildet wird. Es war Familientradition, die "überzähligen" Söhne entweder als Auswanderer in die usa oder als künftige Geistliche ins Heilige Land zu schicken. Dort wurde der damalige Patriarch Benediktos auf den ebenso frommen wie begabten Zögling aufmerksam: Nach der Matura nahm er ihn mit dem Ordensnamen Theophilos in die Bruderschaft vom Heiligen Grab auf und weihte ihn zu seinem Diakon. Er schickte den jungen Mann zum Studium der Theologie zurück in dessen griechische Heimat nach Athen und später auch London. Nach der Priesterweihe wurde Theophilos wieder in Jerusalem im Patriarchat für verantwortliche Aufgaben herangezogen.

Arabische Mehrheit

Als 1981 Metropolit Diodoros von Jordanien zum Patriarchen aufrückte, war er von Anfang an von der Einsicht geleitet, dass die griechisch geprägte und geleitete Kirche von Jerusalem ihrer überwältigenden Mehrheit arabischer Gläubigen stärker entgegenkommen müsse. Er zog für diese Aufgabe bevorzugt Theophilos heran, der sich schon lang durch gute Kenntnis des Arabischen und Hinwendung zu den christlichen Palästinensern ausgezeichnet hatte.

Der Mönchspriester wurde zunächst Pfarrer und dann in den neunziger Jahren Generalvikar des Patriarchen bei den Arabergemeinden von Galiläa. Dort erlangte Theophilos nicht nur große Beliebtheit, sondern erwarb sich auch Erfahrungen im Umgang mit den israelischen Behörden, die ihm jetzt als Patriarch sehr zustatten kommen. Schließlich wurde er von Diodoros II. als dessen Exarch (Administrator) zu den christlichen Palästinaflüchtlingen in den arabischen Golfstaaten mit Sitz im Emirat Katar entsandt. Dort machte er sich auch um den orthodoxen Dialog mit dem Islam verdient, der vom griechisch-orthodoxen Metropoliten in Genf, Damaskinos Papandreou, zusammen mit Jordaniens damaligem Kronprinzen Hassan in die Wege geleitet wurde.

Kurz vor seinem Tod Ende 2000 entsandte Diodoros II. den bewährten Theophilos nach Moskau als seinen Vertreter bei der russisch-orthodoxen Kirche. Diese hatte nach der Wende das alte Priorat des Patriarchats von Jerusalem im Arbat-Viertel zurückerstattet. Dort erwarb sich Theophilos auch kirchenpolitische Erfahrungen im Umgang mit dem nach dem Ende des Kommunismus wiedererstarkenden Moskauer Patriarchat, das seine alten, von den Zaren ausgebauten Positionen im Heiligen Land neu zu erobern versucht. So gelang es dann Theophilos auch bei dieser Patriarchenwahl, sich nicht nur die Unterstützung der arabischen Orthodoxen, sondern auch der starken prorussischen Kirchenpartei in Jerusalem zu sichern.

Der Mann des Ausgleichs

In Moskau war Theophilos zunächst auch geblieben, als im August 2001 der inzwischen abgesetzte Irenaios I. zum Patriarchen gewählt wurde. Als sich aber 2003 an der Grabeskirche die Spannungen zwischen Orthodoxen, Katholiken und Armeniern wieder einmal verschärften, holte der Patriarch Theophilos als Mann des Ausgleichs zurück, machte ihn zum orthodoxen Dompfarrer des Gotteshauses und ernannte ihn letzten Januar zum Titular-Erzbischof.

Nachdem Irenaios I. wegen finanzieller und sonstiger Skandale im Mai zunächst von seiner Kirche und dann auch durch eine interorthodoxe Synaxis (Kichenversammlung) am Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel abgesetzt war, dachte zunächst niemand an Theophilos als seinen Nachfolger. Als Favoriten galten der Leiter der Patriarchatsverwaltung Aristarchos und der noch in Leningrad ausgebildete Führer der moskaufreundlichen Kirchenpartei, Metropolit Timotheos. Nur die griechische Wochenzeitung Athens News stellte schon am 5. August Theophilos als künftigen Patriarchen vor und begründete das unter anderem mit seinen guten familiären Beziehungen bis in höchste amerikanische Regierungs- und Wirtschaftskreise.

Theoretisch muss der neue Oberhirte von etwa einer halben Million meist arabischen Orthodoxen in Israel, Palästina, Jordanien und auf dem Sinai jetzt noch durch den israelischen Präsidenten und den jordanischen König sowie die Palästinensische Autonomieverwaltung bestätigt werden. Das ist aber mehr oder weniger eine Formsache. Immerhin hatte Israel Irenaios von seiner Wahl im August 2001 bis Jänner 2004 auf diese Bestätigung warten lassen.

Kämpfe an der Grabeskirche

Aber Theophilos als Kusin des ehemaligen cia-Chefs griechischer Abstammung, George Tenet, und Gesprächspartner der us-Außenministerin Condoleeza Rice wird Sharon kaum derart auf die lange Bank schieben!

Von dem neuen Patriarchen ist auch wieder mehr ökumenische Weite im bisher meist zu den nicht-orthodoxen Christen eher feindseligen Patriarchat Jerusalem zu erhoffen. Gerade an der Grabeskirche geht es zwischen den verschiedenen Konfessionen oft recht wild zu. Erst vor einem Jahr hatte sich in dieser Patriarch Irenaios persönlich mit Franziskanern der Kustodie vom Heiligen Land herumgeprügelt. Der damalige orthodoxe Dompfarrer Theophilos sorgte aber für Versöhnung. Für diese will er jetzt als Patriarch erst recht wirken.

Der Autor, langjähriger Nahostkorrespondent, ist stv. Direktor des Ostkircheninstituts G2W/Zürich.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung