Im Aufwind, aber gefährdet

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Das Jahr 1999 hat für Uganda eine Reihe positiver Entwicklungen gebracht. Präsident Museveni hat prompt auf Korruptionsskandale reagiert und auch Minister und hohe NRM (National Resistance Movement)-Funktionäre ihrer Ämter enthoben.

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Das Jahr 1999 hat für Uganda eine Reihe positiver Entwicklungen gebracht. Präsident Museveni hat prompt auf Korruptionsskandale reagiert und auch Minister und hohe NRM (National Resistance Movement)-Funktionäre ihrer Ämter enthoben.

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Thema: Der ÖED-Jahresbericht 1999 gibt Hintergrundinformation über jene Länder, in denen der Österreichische Entwicklungsdienst Projekte betreut - 1999 mit einem Einsatz von insgesamt 127 Millionen Schilling. Im Folgenden ein Auszug aus dem Bericht über ein Schwerpunktland des ÖED: Uganda.

Die von Museveni unterstützte Gerichtskommission zur Aufdeckung von skandalösen Vorgängen im Polizeiapparat hat bisher rund 3.000 von Bürgern eingebrachte Klagen untersucht und ist auch vor harten Urteilen gegenüber bedeutenden Persönlichkeiten nicht zurückgeschreckt. Die unnachgiebige Verhandlungs- und Befragungstaktik der engagierten Kommissionsvorsitzenden hat ihr selbst und der Korruptionsbekämpfung höchste Popularität eingebracht. Ihr Foto wird als Symbol für "Nein zur Korruption" und "Wir wehren uns" gehandelt.

Weiters wurde auf Betreiben Ugandas der Vertrag zur Wiedereinrichtung der Ostafrikanischen Gemeinschaft (Kenya, Tansania, Uganda) von den drei Teilnehmerstaaten unterzeichnet. Ende des Jahres wurde mit dem lang verfeindeten Nachbarn Sudan die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen und die Einstellung der Rebellenunterstützung im Partnerland vereinbart. Wenn dieses Abkommen von beiden Partnern auch aus sehr unterschiedlichen Beweggründen angestrebt wurde und große Schwierigkeiten für Uganda in sich birgt, so signalisiert es doch eine beiderseitige Gesprächs- und Kompromissbereitschaft.

Das Wirtschaftswachstum liegt mit 7,8 Prozent weit über den Planziffern und sollte sich mit einer Zeitverzögerung doch auch für die breite Bevölkerung positiv auswirken. Trotz des Bankenkrachs haben die meisten Bankkunden ihre gesamten Einlagen zurückerhalten.

Das politische Geschehen war während des Jahres 1999 geprägt durch die Debatten zu den Gesetzesentwürfen zur "Regelung der politischen Organisationen" und zur Abhaltung der anstehenden "Volksbefragung über das politische System". Das derzeit bestehende "Movement System" (die Nationale Widerstandsbewegung) ist seit 1985 an der Macht und jeder Einwohner Ugandas gehört diesem mit Erreichung der Volljährigkeit automatisch an.

Politische Parteien sind in diesem System zwar nicht verboten, aber ihre Werbe- und PR-Aktivitäten stark eingeschränkt. So sind zum Beispiel öffentliche Veranstaltungen, Versammlungen von Delegierten und die Errichtung lokaler Parteibüros verboten. (...)

Großen Aufruhr verursachte der Bericht der amerikanischen NGO "Human Rights Watch", in der Uganda der Demokratiefeindlichkeit und der politischen Unterdrückung bezichtigt wird. Ausschlaggebend für diese Beurteilung scheint die irrige Gleichsetzung von Demokratie und Mehrparteiensystem zu sein, die keineswegs so einfach auf Afrika übertragen werden kann.

Uganda hat sich zwar in der "Transparency International"-Liste um zwei Plätze verbessert, gehört aber immer noch zu den zehn korruptesten Nationen der Welt. Angeblich verschwinden noch immer jährlich rund 4,5 Milliarden Schilling Entwicklungsgelder in den Taschen korrupter ugandischer Beamter. Entgegen der gesetzlichen Bestimmungen haben rund ein Drittel der Staatsbeamten, darunter vornehmlich Abgeordnete und Minister, ihr persönliches Einkommen und Besitz noch nicht erklärt.

Auf Grund der großen Erfolge der Gerichtskommission stehen die Zeichen günstig, dass auch in anderen Bereichen mutige, engagierte und fachlich versierte Personen und Institutionen der allgegenwärtigen Korruption den Kampf ansagen. Dabei wird es viel mehr auf Vorbildwirkung und Erziehung ankommen, als auf die so oft monierte und bisher nie zielführende Erhöhung der Gehälter der Staatsbeamten.

Die sich während der ersten Jahreshälfte verschlechternde Sicherheitslage im Norden und Südwesten des Landes hat auch verstärkt auf die Hauptstadt Kampala übergegriffen, wo in kurzer Folge fünf Bombenanschläge verübt wurden. Seit 1997 kamen in der Hauptstadt damit fast 50 Personen durch Anschläge dieser Art ums Leben und Hunderte wurden schwer verletzt.

Weltweit wieder negativ ins Gedächtnis gerufen wurde Uganda durch Ermordung von acht ausländischen Touristen im Bwindi National Park. Das belastete das ohnehin sicherheitsmäßig schlechte Image Ugandas und brachte den spärlichen Tourismus vollends zum Erliegen. Trotz verstärkter Stationierung von Truppen in und nahe der Rwenzori Bergkette, kam es immer wieder, aber besonders verstärkt gegen Ende des Jahres, im Südwesten zu Massenmorden, Massenentführungen und Plünderungen im Bundibudgyo- und Kabarole-Distrikt. Dabei kamen mindestens 150 Personen ums Leben und mehr als 400 werden noch vermisst. Die meisten Großanschläge gehen sicherlich auf das Konto der ugandischen Rebellengruppe "Allied Democratic Forces" (ADF). (...)

Ins Kreuzfeuer der Kritik von internationalen Geberländern wie auch von Finanzinstitutionen geriet die ugandische Führung insbesondere durch die überproportional stark angewachsene Verteidigungsausgaben 2,2 statt geplante 1,9 Prozent des BNP). Eine von den Geldgebern aus diesem Grunde erwogene Verzögerung der Freigabe eines Kredites wurde in Anbetracht der stark reduzierten Verteidigungskosten im Finanzjahr 1999/2000 wieder fallengelassen.

Mit 7,8 Prozent Wirtschaftswachstum im Finanzjahr 1998/99 wartete Uganda erneut mit einer überraschenden Dynamik auf, die sich jedoch losgelöst von der Entwicklung des Lebensstandards des Großteils der Bevölkerung zu vollziehen scheint. Der hervorragende Wert kommt durch eine exorbitante Steigerung bei den Produktionsgütern zustande und dadurch, dass das Bezugsjahr 1997/98 auf Grund von "El Nino" ein ausgesprochen schlechtes landwirtschaftliches Ergebnis zeigte. Trotz des seit 1996 um 50 Prozent gefallenen Wechselkurses gegenüber dem Dollar konnte die Inflation überraschend stabil gehalten werden. (...)

Der gegen Ende des Jahres unterzeichnete Vertrag zur Wiedereinrichtung der Ostafrikanischen Gemeinschaft eröffnet ein wichtiges wirtschaftliches Potential, umfasst dieser Markt doch etwa 80 Millionen Menschen. Die hohen Kosten für die benötigte Strukturanpassung, die Gefahr der Überschwemmung des heimischen Marktes mit Fremdgütern wo die Uneinigkeit bezüglich der Außenzölle und Wachstumsimpulse sind einige der Schwierigkeiten, die überwunden werden müssen, um das Potential zu nutzen.

Auf Grund des anhaltenden Wirtschaftsaufschwunges liegen heute um fünf Prozent weniger Einwohner Ugandas unter der Armutsgrenze, andererseits ist aber der Lebensstandard der ärmsten 20 Prozent weiter abgesunken. Die soziale Schere klafft zusehends auseinander und auch die regionalen Disparitäten nehmen zu.

Obwohl die fallende Aids-Infektionsrate in Uganda sicherlich zu den größten Erfolgen der Regierung zählt, bleibt die Versorgung von 1,7 Millionen Waisen eine der zukünftigen Hauptaufgaben. Zur Zeit sind schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen (7,5 Prozent der Bevölkerung) HIV-positiv.

Seit der Einführung der größtenteils durch Geldgeber finanzierten freien Volksschulausbildung ist die Zahl der Volksschüler von zwei auf sechs Millionen angewachsen. Damit besuchen nun rund 27 Prozent der Gesamtbevölkerung eine der sieben Volksschulklassen.

Trotz dieser sehr guten Verbesserungsraten auf fast allen Gebieten bleibt Uganda nach wie vor eines der am wenigsten entwickelten Länder der Erde. Nur 14 Prozent haben Zugang zu sicherem Wasser, 57 Prozent zu sanitären Einrichtungen, 49 Prozent zu Gesundheitseinrichtungen und fünf Prozent zu Strom. Die Kindersterblichkeit liegt noch immer bei 14 Prozent und die Lebenserwartung beträgt circa 45 Jahre. Mehr als 50 Prozent der Bevölkerung fallen noch immer unter die Armutsgrenze, weil sie mit weniger als 300 Schilling im Monat auskommen müssen. Dies ist auch für eine Bevölkerung, die zu 87 Prozent am Lande lebt, nicht zu schaffen.

Als primäre Ursachen für die Armut haben sich laut einer Befragung in neun Distrikten die Probleme Sicherheit, Bildung, Straßen, Einkommen und Altersabsicherung herauskristallisiert, denen die Regierung in ihrem Budget 1999/2000 prioritär Rechnung trägt.

Uganda ist seit 1988 eines der wichtigsten Partnerländer des ÖED und zählt auch zu den Schwerpunktländern der österreichischen staatlichen Entwicklungszusammenarbeit (EZA). Im Berichtszeitraum waren insgesamt 16 Projektmitarbeiter im Einsatz. Davon waren elf in der Förderung von Kleinhandwerk und Gewerbe, zwei im Bereich der Landwirtschaft und Umwelt und drei in sonstigen Fachgebieten tätig. Drei Projektfinanzierungen wurden 1999 neu begonnen und somit insgesamt 18 begleitet.

Trotz der unsicheren Lage in West-Uganda bleiben die Distrikte Kabarole und Kasese weiter Schwerpunktgebiete des ÖED. Auf Grund der Sicherheitssituation ergaben sich zwar Verzögerungen und manche Ziele konnten überhaupt nicht erreicht werden, aber keiner der drei in der Region eingesetzten Mitarbeiter musste sein Projekt verlassen.

Eine weitere Schwerpunktregion des ÖED ist der Osten Ugandas, wo sechs Projektmitarbeiter und drei Projektfinanzierungen ihren Standort haben. Nach wie vor ist der ÖED besonders in Kapchorwa und Karamoja eine der wenige NGOs, die trotz schlechter Sicherheitslage versuchen, nachhaltige Entwicklung zu fördern, auch um dadurch die Friedensbemühungen zu unterstützen und in schwerer Zeit Solidarität mit Projektpartnern zu demonstrieren.

PROJEKTE Folgende Fachbereiche standen 1999 im Zentrum der Kooperation des ÖED mit seinen Partnerorganisationen: * Förderung von Kleinstunternehmen in ländlichen Gebieten, insbesondere durch Vermittlung von angepasstem technischen- und Managementwissen und Praxis, um damit langfristig einen höheren Gesamtertrag und Lebensstandard zu erreichen.

* Formale, an der Praxis orientierte Handwerksschulung.

* Stärkung der strukturellen und Umsetzungskapazität der Projektpartner.

* Im Bildungsbereich: Verbesserung der höheren Ausbildung durch Vergabe von Stipendien sowie Installierung und Verbesserung von Systemen für den Fernunterrricht.

* Projekte zur Förderung der ländlichen Entwicklung.

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