Immer noch nichts gelernt?

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profil macht die Missbrauchs-Vorwürfe eines Mönchs gegen einen Wiener Bischofsvikar publik. Einige Tage später zitiert die Presse dazu ein Schreiben Kar-dinal Schönborns an seine Pfarrer, wo er meint, er habe den Bischofsvikar schon im August im Amt bestätigt und das Vertrauen ausgesprochen, "unbeschadet der Tatsache, dass er sich an jenem Abend durch Alkoholkonsum in eine Situation gebracht hatte, die so nicht hätte sein sollen".

Man zählt eins und eins zusammen und weiß: Die Vorwürfe des Mönchs haben eine Grundlage. Doch die kirchliche Reaktion da-rauf ist altbekannt: Der Beschul-diger sei psychisch krank, der Be-schuldigte sei "bei den Menschen als Seelsorger sehr beliebt" …

Das Problem sexueller Verfehlungen im kirchlichen Bereich ist uralt. Niemand bestreitet das. Aber man hatte gehofft, die Kirchenleitung würde lernen - immerhin hat die Affäre Groër Österreichs katholische Kirche an den Rand eines Abgrunds und Skandale anderswo - etwa in den USA - betroffene Diözesen an den Rand des Ruins getrieben.

Es gibt doch Ombudsstellen, an die sich Betroffene wenden können! Der betroffene Mönch hat das auch getan. Dennoch findet die Diskussion erst statt, weil das profil wieder einmal aufdeckt. Man könnte nach dem Handling der Vorkommnisse verstehen, wenn andere es sich zweimal überlegen, bevor sie eine kirchliche Ombudsstelle aufsuchen.

Kardinal Schönborn bittet im zitierten Schreiben ums Gebet für den Beschuldigten, "aber auch für den, der ihn beschuldigt". Selbstverständlich sind Christen hier zum Beten aufgefordert. Das enthebt die Kirchenleitung aber mitnichten davon, dem Opfer Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und strukturell für klare Richtlinien und größtmögliche Transparenz beim Umgang mit derartigen Fällen zu sorgen. Es ist kaum zu glauben, dass man von den Kirchenoberen diese Bringschuld immer noch einfordern muss.

otto.friedrich@furche.at

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