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WUNDER, VISIONEN UND MAGIE. Von Zsolt Aradi. Otto-Müller-Verlag, Salzburg 1959. 384 Seiten. Preis 94 S.

Hinter dem Titel möchte man aufs erste eine Zusammentragung sensationeller Schaudergeschichten vermuten. Daß aber selbst Gemelli das Buch mit einem Vorwort auszeichnet, weist gleich auf die richtige Spur. Dem oft so dunklen Kapitel des Magischen, Visionären und „Wunderhaften“ wird grundsätzlich zu Leibe gerückt und klar gesondert, was noch im Bereich menschlichen Kraftfeldes liegt, was auf teuflischen Einfluß zurückgeführt werden muß und was schließlich Erweis göttlicher Macht ist. Das Haus des Menschen ist keineswegs rundum hermetisch verschlossen; es hat Fenster nach allen Seiten, durch die Gottes Licht einstrahlen — aber auch Risse im Fundament, durch die der Rauch der Hölle betäubend aufsteigen kann. Okkultismus, Spiritismus, Telepathie, Telekinese, Schizophrenie, Hysterie, Neurose, Stigmata sind nur einige Leitworte, die die Fülle der behandelten Probleme ausweisen. Den Einbruch Gottes in den Bereich des Menschen, der sich im Wunder manifestiert, zeigt der Verfasser an den Wunderberichten des Alten Testaments auf. Den Höhepunkt erreicht das Buch in der Darstellung der Wunder Christi, der selbst das Wunder aller Wunder in Person ist. Die Wunder der Heiligen sind nur noch die Fußspuren des Herrn selber.

Aufs Ganze gesehen eine sehr begrüßenswerte Flurbereinigung und Begriffsklärung, die wie ein Artikel aus der Summa des heiligen Thomas unklare Gehirne ausputzen kann. Bei der Darstellung der alttestamentlichen Wunder und bei der Auswahl von Wunderberichten aus den Heiligenleben hätte ich mir öfter gewünscht, daß der Autor ein noch schärferes Messer der Kritik angesetzt hätte.

MAGIE UND WUNDER IN DER HEILKUNDE.Herausgegeben von Wilhelm Bitter. Ernst-Klett-Verlag, Stuttgart 1959. 177 Seiten. Preis 12.80 DM.

Das Werk enthält Vorträge, die auf zwei Tagungen der Stuttgarter Gemeinschaft „Arzt und Seelsorger“ im Mai und Oktober 1958- gehalten wurden. Es ist ein bedeutsames Zeichen der Zeit, daß heute ernsthaft-sachliche Gespräche über das Wunder zwischen Medizinern und Theologen möglich geworden sind. Vor nicht allzu langer Zeit wurde Naturwissenschaftern, die es wagten, für das Wunder einzutreten, der Charakter der Wissenschaftlichkeit abgesprochen. Um so mehr ist sowohl die Tagung wie auch die Veröffentlichung der Referate zu begrüßen, weil man sieht, mit welch großer Aufgeschlossenheit versucht wird, die Phänomene Wunder und Magie geistig zu bewältigen. Die Ansichten der Referenten decken sich keineswegs. Den katholischen Standpunkt vertritt P. Heinrich M. Christman OP. in wohltuender Klarheit. Wenn der berühmte Tiefenpsychologe C. G. Jung aber die Wunder von Lourdes mit dem Hinweis erklären will, daß Maria als eine Art wiedergebärende Erdmutter erscheint, so ist man über solche unsachliche Auskunft zumindest peinlich berührt. Andere Referenten werden dem Phänomen Lourdes viel besser gerecht. — Das Buch ist zu begrüßen, weil dadurch eine breite Diskussionsgrundlage geschaffen wird für die weitere wissenschaftliche Erforschung der Probleme „Wunder und Magie“. Univ.-Prof. Dr. Claus Sehe dl CSsR.

EKKEHARD IV. Die Geschichten des Klosters St. Gallen. Uebersetzt und erläutert von Hanno Helbling. Reihe: Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit, Band 102. Nach den Texten der Monumenta Germaniae Historica in deutscher Bearbeitung herausgegeben von Karl Langosch. Dritte Gesamtausgabe. Böhlau-Verlag, Köln-Graz. 248 Seiten. Preis 10.80 DM.

Ekkehard IV. oder Jüngere der berühmten Sankt-Gallener Mönche (980 bis 1020), Schüler Notkers des Deutschen, war Vorsteher der Schule in Mainz unter Erzbischof Aribo, nach dessen Tode, 1031, wieder in St. Gallen. Im Gegensatz von Ratperts Klosterchronik setzt er diese liebevoll und lebendig schildernd fort, als ein Feind der Neuerungen von Seiten der Kluniazenser auf dem Gebiete der Liturgie. Wenngleich Ekkehard in Einzelheiten sehr unzuverlässig ist, so wollen die „Geschichten“ insbesondere als literarisches Kunstwerk, im „Windschatten der Politik“, wenn auch nicht unberührt von ihren Folgen, aufgefaßt sein. Dieses kulturhistorische Denkmal hat der Uebersetzer mit einem ausführlichen Kommentar versehen. Mit dieser Uebersetzung, die freilich die „reizvollen Ingredienzen alemannischer Diktion“ in lateinischer Reimprosa nicht vermitteln kann, ist dem deutschen Leser der mönchische Alltag mit seinen Problemen in der Ekkehard eigenen „Porträtkunst“ nahegebracht.

Dr. P. Benno Roth OSB., Abtei Seckau *

DIE ATOMISIERUNG DER PERSON. Von Max Picard. Furche-Verlag, Hamburg. Furche-Bücherei 157. Preis 2.40 DM.

Das Thema des vorliegenden Bändchens greift insofern den Gedankenkreis der „Flucht vor Gott“ wieder auf, als es einen sehr markanten Charakterzug des modernen Menschen analysiert: nämlich seine innere Zerrissenheit, die Diskontinuität seines Erlebens. Die große Stadt, das Radio, Kino und Schauspiel symbolisieren und fördern diese Zusammen-hanglosigkeit. Gibt es eine Rettung aus dieser Atomisierung? Was muß der Mensch tun? „Der Mensch muß die Situation der Atomisierung, der Isolierung bis ins Maximale auf sich nehmen ... Es ist wie am Anfang der Welt, wo auch nur der einzelne und das einzelne galt. Und wie am Anfang der Welt kann aus dem einzelnen, dem Teilchen, wieder das Ganze werden.“

VOM URNEBEL ZUM URMENSCHEN. Eine Erdkunde für jedermann. Von Bernhard Weber. Rex-Verlag, Luzein. 180 Seiten. Mit 7 Bildtafeln und zahlreichen Illustrationen im Text. Preis 10.80 DM.

Diese kleine „Erdkunde für jedermann“ ist eine kurzgefaßte Darstellung der Entwicklungsgeschichte unserer Erde. Weber ging es bei ihrer Abfassung vor allem darum, aufzuzeigen, wie diese Entwicklung von allem Anfang an auf den Menschen als dem Herrn der Schöpfung ausgerichtet war, und wie die Etde mit ihren Naturschätzen, die in den vergangenen Erdperioden aufgespeichert wurden, die notwendige Voraussetzung für die wirtschaftliche und kulturelle Vollentfaltung der Menschheit ist.

Bedauerlicherweise sind manche Kapitel sehr oberflächlich und ungenau bearbeitet, ja manches ist, da der Verfasser wohl allzu veraltete Fach- und Populärliteratur zu Rate zog, sogar überholt oder falsch. So ist zum Beispiel der auf Seite 122 oben dargestellte Saurier kein Plesiosaurier, sondern Diplo-docus aus der Ordnung der Saurischier. Der Num-mulitenkalk setzt sich natürlich nicht aus Schneckenhäuschen zusammen, sondern aus den Gehäusen der zu den Foraminiferen zählenden Nummuliten. Das auf Seite 125 genannte „Lethagebirge“ ist wohl das Leithagebirge. Alle diese Mängel beeinträchtigen natürlich den Wert .dieses sicher sehr gut gemeinten Bändchens. Dr. Oswald Gehlert SJ.

NUR NOCH RAUCHENDE TRÜMMER. Das Ende der Festung Brest. Tagebuch des Soldaten Erich K u b y. Mit Text des Hörbildes, Plädoyer des Staatsanwaltes, Begründung des Urteils. Rowohlt-Verlag, Taschenbuchausgabe Nummer 327, Hamburg 1959. 199 Seiten.

Das Hörbild des bekannten Publizisten Erich Kuby über das Ende der Festung Brest zehn Jahre vorher, im Nordwestdeutschen Rundfunk im Herbst 1954, gesendet, hatte weitreichende Folgen. Der General der Fallschirmjäger a. D. Bernhard Ramcke fühlte ich beleidigt und vor allem beschuldigt, in aussichtsloser Lage, nur um einer hohen Auszeichnung willen, noch 10.000 deutsche Soldaten geopfert zu haben. Der Prozeß am 26. Februar 1959 vor dem Schöffengericht in Hamburg brachte den Freispruch Kubys und ein aufsehenerregendes Plädoyer des Staatsanwaltes Doktor G. Koch mit dem berühmten Satz, daß „Generäle nicht mehr wie früher gewissermaßen unter Denkmalschutz stünden“, sondern sich der allgemeinen Kritik des Volkes stellen müßten. Als Ergänzung zu dem veröffentlichten Text des Hörspieles wird auch das Originaltagebuch Kubys über sein Erlebnis in Brest vorgelegt und damit aus der Perspektive des Soldaten der Endkampf geschildert. Solange die militärischen Akten von beiden Seiten der Forschung nicht zugänglich sind, kann man bei der Beurteilung solcher Streitfragen nur auf gegenseitige. Aussagen angewiesen sein. Aber Kubys Polemik hat den großen Vorteil, eine der verhängnisvollsten Tendenzen der militärischen Geschichtsschreibung angedeutet zu haben, nämlich die leider vom alten Moltke gepredigte Sucht, aus Angst vor der Minderung des Prestiges zu vertuschen oder zumindest die Wahrheit zu verbiegen.

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