Indisch bis japanisch

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Alle buddhistischen Traditionen haben auch hierzulande Anhänger. Ein unvollständiges, aber buntes Bild über den Buddhismus in Österreich.

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Alle buddhistischen Traditionen haben auch hierzulande Anhänger. Ein unvollständiges, aber buntes Bild über den Buddhismus in Österreich.

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Der Buddhismus, der erstmals vor etwa 100 Jahren seine Fühler gen Österreich ausstreckte, ist mittlerweile hier heimisch geworden. In seiner ganzen asiatischen Vielfalt. Das macht den Überblick anfangs etwas schwierig. Vor allem für den suchenden Meditationswilligen, der nicht weiß, zu welcher Gruppe er gehen soll.

Grundsätzlich sind in Österreich die drei großen Traditionsrichtungen vertreten: der als orthodox geltende Theravada-Buddhismus - auch Hinayana genannt -, der Mahayana-Buddhismus, der am bekanntesten in seiner Form als japanischer Zen-Buddhismus ist, und der Vajrayana-Buddhismus, den meisten geläufiger als Tibetischer Buddhismus oder, etwas veraltet, als Lamaismus.

Die Anhänger des Theravada, der "Lehre der Alten", verstehen sich als Orthodoxe, die sich streng an die überlieferten Worte Buddhas halten. Sie beharren darauf, dass das religiöse Ziel, Erleuchtung zu erreichen und damit ein Heiliger zu werden, nur auf dem asketischen Weg der Selbsterlösung zu erlangen sei. Dieser Weg bot daher wie ein "Kleines Fahrzeug" (Hinayana) nur wenigen Menschen Platz. Theravada ist heute in Sri Lanka, Thailand, Burma, Kambodscha und Laos verbreitet. Äußerlich ist diese Richtung sehr leicht an den in orange und braune Gewänder gewickelten Mönchen zu erkennen.

In Österreich ist der führende Theravada-Vertreter der singhalesische Mönch Bhante Seelawansa. Er leitet das Nyanaponika-Zentrum in Wien, in dem regelmäßig Vorträge, Meditationen und Pujas, religiöse Feiern, stattfinden. Wer den buddhistischen Kanon in seiner ersten schriftlichen und authentischen Fassung in der Pali-Sprache studieren will, ist hier an der besten Stelle. Eine umfangreiche Bibliothek ergänzt das Angebot für Wissenshungrige.

Darüber hinaus sind inzwischen mehrere Österreicher als Theravada-Lehrer tätig geworden. Sie unterrichten abwechselnd im Buddhistischen Zentrum im ersten Wiener Gemeindebezirk. Hier ist vor allem Ursula Lyon zu nennen, die mit ihrem verstorbenen Mann zu den Pionieren des Buddhismus in Österreich zählt. Sie ist als eine der wenigen Frauen, die lehren, auch international bekannt. Ein Markenzeichen des Theravada ist die Betonung von "metta", liebender Güte und Mitgefühl. Auch auf körperliches Befinden und Gesundheit durch Körperübungen wird sehr geachtet. Eine weitere Einrichtung des Theravada ist das Sayagyi U Ba Khin-Zentrum in Kärnten. Es wird von burmesischen Laienbuddhisten geleitet. Die Architektur der Meditationshalle und die hübsche Pagode sind im südostasiatischen Stil errichtet.

Konzept der Leerheit Der Mahayana-Buddhismus, das "Große Fahrzeug", hat den Heilsweg für die breite Masse geöffnet. Wer den strengen Weg der Askese und Selbstüberwindung aus eigener Kraft nicht gehen kann, erreicht das Heilsziel mit der Hilfe von Bodhisattvas. Diese haben bereits Erleuchtung erlangt und setzen nun ihre Kräfte dafür ein, anderen bei ihrer Entwicklung zu helfen. Bodhisattvas können reale Menschen sein oder transzendente Wesen.

Außerdem hat der Mahayana das Konzept der Leerheit als der allem zu Grunde liegenden Entität in den Buddhismus eingeführt. Alles Sein entsteht aus der Leerheit heraus und vergeht auch wieder darin. Ziel ist es, in der Meditation die Erfahrung der Einheit mit allem Sein zu erlangen. Die Koan-Praxis im japanischen Zen-Buddhismus unterstützt diese Übung, indem der Schüler über paradoxe Fragen des Meisters meditiert, um sein Verständnis zu vertiefen.

Mahayana-Buddhismus findet sich in Österreich in chinesischer, japanischer und koreanischer Form. Das Bodhidharma-Zendo in Wien wird von dem österreichischen Zen-Lehrer Genro Koudela geleitet, der japanischen Rinzai-Zen vermittelt. Die Hua Yen-Schule unter dem Reverend Theo Strohal steht in der Tradition des südkoreanischen Chogye-Ordens. In dieser Schule wird - auf der Grundlage des Avatamsaka-Sutras - besonders die Vernetztheit und gegenseitige Abhängigkeit aller Dinge betont.

Der chinesische Buddhismus ist durch den Fo Guang Shan-Orden aus Taiwan vertreten. Hier haben neben Meditation auch die Anbetung und Verehrung des Amida Buddha als heilspendendes, transzendentales Wesen ihren Platz. Amida kann die Menschen, die vertrauensvoll an ihn glauben, beschützen und erretten. Der Amida-Kult wird auch in den japanischen Jodo-Shin-Schulen gepflegt, die ebenfalls in Österreich eine Dependence haben (siehe Interview, unten).

Eine besondere Form des Mahayana ist der Tibetische Buddhismus. Dieser hat sich in Tibet durch die Einführung des Buddhismus aus Nordindien und China entwickelt - durch Verschmelzung mit der einheimischen schamanistischen Bön-Tradition. Er ist in Tibet durch vier Hauptschulen vertreten: Gelugpa, Kagyüpa, Saskiapa und Nyingmapa. Sie unterscheiden sich durch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen.

Die Gelug-Schule betont mehr die Philosophie, die Kagyü-Schule mehr die rituelle Praxis. Die Nyingma-Tradition gilt als die älteste Richtung. Allen gemeinsam ist die starke Verehrung des jeweiligen Schuloberhauptes, des Lamas. Ihm fällt in den Gebeten und der persönlichen Entwicklung des Schülers eine entscheidende Rolle zu. Was durchaus auch zu Problemen führen kann.

Tibet in Österreich In Österreich sind alle vier tibetischen Traditionen vertreten, wobei es noch verschiedene Untergruppen gibt. Durch Spaltungen hat sich zum Beispiel die Karma Kagyü-Schule in mehrere Gruppen aufgeteilt. So spiegeln sich Machtkämpfe innerhalb der tibetisch-religiösen Hierarchie auch hier wider. Davon abgesehen gibt es in Österreich bereits einige qualifizierte Lehrer für Tibetischen Buddhismus, in Wien und auch in Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und Vorarlberg.

Die Shambala-Schule, auch Vajradathu genannt, ist noch erwähnenswert. Sie wurde vom tibetischen Lama Choedram Trungpa gegründet, der aus verschiedenen Richtungen Übungen entlehnt hat und eine Synthese mit Psychologie und Kunst entwickelt hat. In seiner Tradition wird neben der Meditation auch Bogenschießen, Blumenstecken und Kalligraphie gelehrt. Sein "Weg des Kriegers" soll den Praktizierenden zu Furchtlosigkeit im Alltag erziehen.

Neben all den traditionellen asiatischen Formen des Buddhismus gibt es auch Bemühungen, einen eigenständigen westlichen Buddhismus zu entwickeln. Hier finden sich vor allem Themen wie moderne Beziehungen, Vereinbarkeit von religiöser Praxis und Berufsleben sowie Alltagsprobleme.

Die Autorin ist Religionsjournalistin beim ORF sowie Redakteurin der buddhistischen Quartalszeitung "Ursache und Wirkung".

Informationen über einzelne Gruppen, Veranstaltungen oder generell: Österreichische BuddhistischeReligionsgesellschaft,1010 Wien, Fleischmarkt 16Tel. und Fax: 01/5123719Web: www.buddhismus-Austria.org Buddhistische Zeitschrift (1/4-jährlich): "Ursache & Wirkung" 1010 Wien, Fleischmarkt 16 Tel. und Fax: 01/5126174Web: www.ursache.at

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