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Irland als vormals ärmstes der EU-Länder hat von der EU am meisten profitiert, mehr noch als Spanien, Portugal und Griechenland. Man sollte meinen, die Iren seien aus diesen Gründen begeisterte Europäer, die die rasche Erweiterung der EU begrüßen. Die Volksabstimmung am 7. Juni hat das Gegenteil bewiesen.

Der nationale Egoismus ist auf dem Vormarsch - nicht nur in Irland. Nationale Egoismen prägten schon das Machtgerangel zwischen Frankreich und Deutschland, das den Vertrag von Nizza, die Basis für die Osterweiterung der EU, zum Flickwerk werden ließ.

Während das integrierte Westeuropa über nationale und supranationale Kompetenzen, über Zentralregierung oder Föderalismus streitet, plagen Mittel- und Osteuropa ganz andere Sorgen. Nach zehn postkommunistischen Jahren ist das Wohlstandsgefälle zwischen dem Westen und dem Osten Europas nur geringfügig kleiner geworden. Eine weitere Beitrittsverzögerung könnte die Pro EU-Stimmung zum Kippen bringen und nationalistischen Kräften Auftrieb verschaffen.

In Österreich wirkt der irische Querschuss als Lackmus-Test für europäische Gesinnung. Die FPÖ fordert - wieder einmal, obwohl sie damit schon im Burgenland abgestürzt ist - eine Volksabstimmung. Und die Vizekanzlerin bekräftigt wider besseres Wissen, dass die Osterweiterung "nichts kosten dürfe". Solche Aussagen verkaufen nicht nur die Wähler für dumm, sie bringen auch die vorige Woche begründete "Regionale Partnerschaft" Österreichs mit seinen Nachbarländern um jede Glaubwürdigkeit.

Die Frage, wieviel die Osterweiterung die 15 EU-Länder kosten wird, bleibt die zentrale Frage, die die EU gemeinsam mit ihren Bürgern offen zu diskutieren hat. Frieden und Demokratie gibt es nicht kostenlos. Wer das Friedensprojekt Europa am Leben erhalten will, kann diesen Fragen nicht ausweichen. Denn eine neuerliche Spaltung des Kontinents, in ein Europa des Wohlstands und ein Europa der Armut, brächte das europäische Projekt als Ganzes zu Fall. Oder, wie es Vaclav Havel formulierte: "Ein Stopp der Erweiterung wäre ein Selbstmord der EU".

Trautl Brandstaller war langjährige ORF-Journalistin und Dokumentarfilmerin.

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