Jenseits von "Neger“ & Co.

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FPÖ, BZÖ und Team Stronach sind in der Bredouille. Die wesentlichen Fragen bleiben in der Debatte freilich ausgespart - was manchen durchaus gelegen kommen dürfte.

Die Ereignisse der letzten Tage im rechten Lager sind an Bizarrerie kaum zu überbieten. Um bei der weniger beachteten Causa zu beginnen: Im Rücktritt von Ulrike Haider-Quercia als BZÖ-Spitzenkandidatin für die EU-Parlamentswahlen wird wie unter einem Brennglas das Dilemma dieser Partei sichtbar. Dieses Ja-schon-aber-irgendwie-auch oder Nein-aber-so-auch-wieder-nicht - ein ewiges Oszillieren zwischen Ewald Stadler und Josef Bucher, zwischen Peter Westenthaler und Ursula Haubner, zwischen national, rechtskonservativ, sozial und wirtschaftsliberal, ein Oszillieren auch zwischen Nähe und Distanz zum Gründerübervater Jörg Haider. All das spiegelte sich in den wenigen öffentlichen Auftritten Haider-Quercias, in ihrer Rücktrittserklärung und in den parteiinternen Reaktionen darauf wider. Wer das ZIB 2-Interview mit ihr gesehen hat, der wusste, dass die Frau politisch erledigt ist, bevor sie noch richtig angefangen hat. Nicht zu fassen - im doppelten Wortsinn!

Nun, das BZÖ hätte wohl auch mit Ulrike Haider den Einzug ins EU-Parlament nicht geschafft. Aber die Episode fügt sich ins größere Bild grober Turbulenzen im recht(sliberal)en Lager. Das Team Stronach zerbröselt nach Anfangserfolgen und tritt - in sich schlüssig - erst gar nicht bei den EU-Wahlen an. Dass das nocheinmal was wird, darf man bezweifeln.

Keine klare Positionierung bei BZÖ und Stronach

Hier gibt es, anders als beim BZÖ, nicht die Last der Tradition, dafür aber fehlt es nahezu vollständig an Struktur und Politikverständnis, woran einzelne durchaus respektable Köpfe wie der Arzt Marcus Franz oder der Anwalt Georg Vetter nichts ändern. An greifbaren Inhalten, an klarer Positionierung fehlt es - aus unterschiedlichen Gründen - da wie dort. Die Lücke in diesem Teil des Parteienspektrums klafft dementsprechend unvermindert auf.

Das alles wird freilich überlagert von den Verwerfungen bei der mit Abstand größten Oppositions- und (mehr oder weniger) Mutterpartei aller Rechtsparteien, der FPÖ. Rein von der Sache her betrachtet erschließt sich nicht, warum Andreas Mölzer gerade jetzt gehen musste. Die ihm zuletzt zur Last gelegten Aussagen offenbaren nichts über das Wesen der FPÖ, was wir nicht schon längst gewusst hätten.

Verzicht auf NS-Vergleiche aller Art wäre sinnvoll

Das habituelle, durchaus lustvoll-kalkulierte Entlang-Schrammen am harten rechten Rand einschließlich aller Verteidigungsstrategien, Relativierungen, Rückzugsgefechte, Entschuldigungen gehört seit jeher zum Repertoire. Zur innenpolitischen Folklore wird dies freilich erst in Wechselwirkung mit den Empörungsritualen und Erregungsdramaturgien, welche den rechten Ausfällen stets verlässlich auf dem Fuße folgen.

Nebenbei bemerkt: Es wäre viel gewonnen, könnten sich alle Protagonisten des öffentlichen Diskurses - in Politik, Kunst, Medien - einmal darauf verständigen, auf NS-Vergleiche und -Anspielungen zu verzichten. Um nur die jüngsten Anlässe zu nennen: von Mölzer über Manzenreiter ("NS-Schergen“) bis Lewitscharoff ("Kopulationsheime“ der Nazis) - so unterschiedlich die Fälle natürlich zu bewerten sind.

Hilfreich sind solche Bezugnahmen nie, im Gegenteil: sie verstellen den Blick auf die wesentlichen Fragen, weil sie sämtliche Aufmerksamkeit absorbieren (was wohl meist Zweck der Übung ist). Womit wir beim eigentlichen Problem sind: Weit wichtiger als "Negerkonglomerat“ & Co. wäre die Auseinandersetzung mit Mölzers europapolitischen Positionen gewesen. Hier und bei etlichen anderen gesellschaftspolitischen Themen besetzt die FPÖ (gewiss mit der ihr eigenen Schärfe) zunehmend ein Feld, welches ihr die ÖVP kampf- und hilflos überlässt. Aber zugegeben: diese Debatte wäre intellektuell deutlich aufwändiger gewesen. Wozu also - geht ja auch so …

rudolf.mitloehner@furche.at

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