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Johannes XXIII. — Verpflichtung

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JOHANNES XXIII. Entwarf eines neuen Bildss. Von Giacomo Kardinal Lercaro. Mit einem Anhang Angelo Roncalli und Radini Tedeschi von Gabriele de Rosa und Auszügen aus den Werken Johannes' XXIII. Verlag Herder, Freiburg, 1967. 140 Seiten. DM 12.80.

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JOHANNES XXIII. Entwarf eines neuen Bildss. Von Giacomo Kardinal Lercaro. Mit einem Anhang Angelo Roncalli und Radini Tedeschi von Gabriele de Rosa und Auszügen aus den Werken Johannes' XXIII. Verlag Herder, Freiburg, 1967. 140 Seiten. DM 12.80.

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Um die Bedeutung einer großen Persönlichkeit für die Nachwelt literarisch darzustellen sind verschiedene Wege möglich. Drei dieser Wege sind im vorliegenden Band zur Würdigung Papst Johannes XXIII. verwertet.

Den größten Teil nehmen die „Auszüge aus den Werken Johannes XXIII.“ ein.

Der andere Weg ist der des exakten Geschichtsforschers, und zwar — in unserem Fall — des Persönlichkeitsgeschichtlers: auf diesem Weg versucht Gabriele de Rosa die Beziehungen zwischen Angelo Roncalli, dem späteren Papst und Radini Tedeschi, Bischof von Bergamo, dessen langjähriger Sekretär Roncalli war, herauszustellen. Die Prägung, die Johannes XXIII. durch Bischof Tedeschi, einer Hirtengestalt, „die vom Geist der Enzyklika ,Rerum novarum geprägt worden war und zugleich eine der fähigsten und intelligentesten Persönlichkeiten des militanten Katholizismus der Zeit Leos XIII.“ erfahren hat, gibt interessante Aufschlüsse über den späteren Nuntius, Patriarchen und Papst.

Beide Beiträge, die Auswahl aus dem Werk und die geistesgeschichtliche Erforschung der Entwicklung Roncallis, sind wichtig und interessant. Sie machen aber, abgesehen daß es zu diesen Themenbereichen vollständigere Abhandlungen gibt oder geben wird, nicht den Wert dieses Buches aus. Dieser liegt in dem hier erstmals in deutscher Sprache wiedergegebenen Vortrag von Gia- como Kardinal Lercaro, Erzbischof von Bologna „Johannes XXIII. — Entwurf eines neuen Bildes“. Die beiden anderen Teile sollen nur als erläuternder und bestätigender

Anhang zu diesem „Entwurf“ verstanden werden.

Lercaro will den zur Zeit der Erstveröffentlichung (1965) auf einem toten Punkt angelangten Äußerungen über den Papst des Konzils nicht eine hinzufügen, sondern der Frage nach der Persönlichkeit und Bedeutung Johannes XXIII. einen neuen Impuls geben. Dieser mündet darin, daß er die Frage nach seiner Bedeutung für die kirchliche Gegenwart und Zukunft aufwirft. Nach längeren methodologischen Ausführungen (vergleiche den italienischen Originaltitel: Indirizzi metodologlci sull’opera die Giovanni XXIII.), die die innere Einheit von Person und Werk des Papstes aufzeigen, stellt Lercaro zum Schluß die entscheidende Frage: ob bei aller Beschreibung und Würdigung dieses Papstes — sei es als „tollkühner Stürmer, dessen Mangel an Bildung und Erfahrung ans Paradoxe grenzt“, sei es als eines Mannes „der mit wohlberechneter Kühnheit... bestimmte Entwicklungen in allen Details und vielleicht auch nur in ihrem sachlichen Inhalt“ vorausgesehen hat — ob dabei nicht die kirchlich wichtige Frage ausgeklammert wurde: „... ob Wir ihm wirklich Gefolgschaft leisten und seine reale Sicht dessen übernehmen, was heute für die Menschen notwendig ist, damit ,sie das Heil Gottes schauen .“ Hier zeigt Lercaro,

daß die Grundlinien des theologischen und geschichtlichen Denkens des Papstes noch als Verpflichtung vor uns stehen, wenn auch im einzelnen die Erneuerung der Kirche (zum Beispiel Liturgie) schneller vorangeschritten sein mag, als es Johannes XXIII. ahnen konnte.

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