Kanzler und Globalisierungsgewinnler

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Im 66. Lebensjahr reduziert der ehemalige Bundeskanzler Viktor Klima seine bereits zwölfjährige Managertätigkeit für den VW-Konzern auf eine Konsulentenrolle. Was er aufgibt - wie durch den VW-Konzern Anfang dieser Woche offiziell bestätigt wurde - klingt eindrucksvoll und ist es auch: Er war bis dato Präsident der Volkswagen Argentina S.A., Mitglied der Konzernleitung für Südamerika und Generalbevollmächtigter der Volkswagen AG. Als Argentinien-Vorstandschef war er schon Ende 2011 abgelöst worden. Seine Dienstzeit für VW verlief glatt. Einzelne Informationsfetzen, die bei österreichischen Medien ankamen, betrafen eher Klimas Scheidungsstory - die Argentinierin Claudia, die er im Konzern kenngelernt hatte, wurde seine Frau in dritter Ehe und Mutter zweier Kinder. Zwei Kinder hatte er schon von seiner ersten Frau.

Im zeitlichen Abstand wirken seine drei Kanzlerjahre von 28. Jänner 1997 bis 4. Februar 2000 fast wie eine biografische Episode. Dass der Verkehrs- und zuletzt Finanzminister Klima 1997 Bundeskanzler wurde, war die Folge des freiwilligen Rücktritts von Franz Vranitzky. Das SPÖ-Präsidium hob Klima unverzüglich auf den Schild, mit ihm Andreas Rudas als neuen SP-Bundesgeschäftsführer. Dieser begann, das politische Profil des Bundeskanzlers zu modellieren - ein politischer Manager neuen Stils sollte der Partei wie auch der Republik den Weg weisen. Die Persönlichkeitsveränderung, die Klima unter den Eingriffen der Spindoktors amerikanischer Schule durchmachte, war größer als der Eindruck, den die politische Heroenmalerei bewirkte. Zuletzt scheint überhaupt nur noch Klima an seine Ausstrahlungskraft als Macher und medienwirksamer Zampano geglaubt zu haben.

Dass in seiner Kanzler-Ära nichts Positives geschehen sei, wäre eine ungerechte Behauptung. Steuerreform, Ansätze zu einer Pensionsreform, Sparpakete und ein Aktionsplan für Beschäftigung sind ihm gutzuschreiben. Eine Historikerkommission wurde eingesetzt, um die Vergangenheit Österreichs zu durchleuchten. Aber die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner ÖVP stockte. Bei der Nationalratswahl im Oktober 1999 blieb die SPÖ zwar stärkste Kraft, fuhr aber mit 33,1 Prozent der Stimmen das bis dahin schlechteste Ergebnis der Nachkriegszeit ein. Nach wochenlangen Mühen platzten die Koalitionsverhandlungen von SPÖ und ÖVP. Der innenpolitische und internationale Trubel um die "Gefahr“ einer schwarz-blauen Koalition unter Wolfgang Schüssel setzte mit Wucht ein. Klima war sogar zu einer SPÖ-Minderheitsregierung bereit, doch überstieg dieses Konzept den Handlungsspielraum des Bundespräsidenten Thomas Klestil. Der Koalitionswechsel zu ÖVP-FPÖ wurde vollzogen, Klima blieb als Oppositionsführer übrig. Nur 13 Tage nach der Angelobung Schüssels als Bundeskanzler bestimmte das SP-Präsidium Alfred Gusenbauer zum Parteivorsitzenden, einstimmig, wie sich das gehört. Zu dem Zeitpunkt stand auch schon fest, dass Bundesgeschäftsführer Andreas Rudas zu Frank Stronachs Magna Austria wechseln sollte und Kanzlersprecher Josef Kalina zur Kronen Zeitung. Die Aufteilung der Wege des Klima-Trosses bis hin zum Einzug des einstigen ÖMV-Managers Klima in die internationale Konzernwelt noch im selben Jahr - was auf gestandene Sozialdemokraten fast wie das Treiben eines Globalisierungsgewinnlers wirken konnte - war von unbestreitbarer Logik.

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